Kulturlose KI

Bild: geralt auf Pixabay

Viele suchen nach einem Unterschied zwischen künstlicher und menschlicher Intelligenz, der die „Ehre“ der Menschen rettet – schließlich sind sie die Schöpfer der KI. In der Sache allerdings hat die KI auf allen Gebieten die Nase weit vorn. Fortlaufend gefüttert mit einem Meer von Daten, vermag sie auf beliebige Fragen mit einer Schnelligkeit und Stichhaltigkeit Antworten anzubieten, denen die künstliche Handschrift kaum noch anzumerken ist. Trotz alledem, es gibt den Unterschied, der die KI alt aussehen lässt und jedes Kind als intelligenteres Wesen qualifiziert.

Fachleute auf ihrem jeweiligen Spezialgebiet ausgenommen, lässt die KI jedes menschliche Hirn weit hinter sich. Sie verweist die kognitiven Fähigkeiten des Einzelmenschen unwiderruflich auf Platz zwei. Höhnische Verweise auf sporadische Fehler, die ChatGPT macht, sind ein hilfloser Versuch, diese Überlegenheit in Frage zu stellen – als ob menschliche Intelligenz nur fehlerfreie Aussagen produzieren würde.

Die Digitalisierung hat eine Art ludischer Gala ausgelöst. Spielen am und mit dem Computer ist zum populärsten Phänomen der Gegenwartskultur geworden. Dabei sind sich Computerexperten und Game Designer einig, dass die Welt des Computers selbst schon eine Spielwelt ist, dass die elektronische Rechenmaschine im Grunde nichts anderes macht als zu spielen. Aus der Datenfülle entwickelt der Computer nach programmierten Regeln Kommunikations- und Aktionszusammenhänge innerhalb bestimmter Sinngrenzen. Nichts anderes macht der Spieleentwickler. Spielen ist die Einladung, im Modus eines unverbindlichen Tuns als ob freiwillig, zeitlich, oft auch räumlich markiert in der Hoffnung auf Gelingen immer wieder mit Unerwartetem umzugehen.

KI kann nicht unterscheiden zwischen Normalität und Spiel

Ob es eine Steuererklärung ist, eine Festrede, eine Bauzeichnung, ein Gedicht, ein Fußballspiel oder World of Warcaft, der Computer spielt jedes Spiel mit. KI kann alles, aber sie kann nicht unterscheiden zwischen dem unverbindlichen Tun als ob ludischer Kommunikation und dem verbindlichen Ernst normaler Kommunikation. Das Interessante ist, die KI weiß das selbst und antwortet auf eine entsprechende Frage:

Als KI-Modell habe ich keine direkte Möglichkeit, meinen Kommunikationsstil aktiv anzupassen oder zwischen unverbindlich-spielerischen Aussagen und normal-verbindlichen Aussagen zu unterscheiden. Mein Ziel ist es, nützliche und verständliche Informationen bereitzustellen, unabhängig von der Art der Aussage. Es liegt an Ihnen, die Bedeutung und den Kontext meiner Antworten zu interpretieren und zu entscheiden, ob sie eher spielerisch oder verbindlich gemeint sind. Ich werde mein Bestes tun, um Ihre Fragen klar und präzise zu beantworten. Wenn Sie spezifische Anforderungen oder Vorlieben für den Kommunikationsstil haben, können Sie diese gerne angeben, und ich werde versuchen, mich entsprechend anzupassen.

Zwischen spielerischer Unverbindlichkeit und normalen Verbindlichkeiten nicht unterscheiden zu können, ist keine Kleinigkeit, sondern ein schwerwiegender Sachverhalt. Zumindest wenn man Johan Huizingas Überlegungen in seinem „Homo ludens“ folgt: „Kultur in ihren ursprünglichen Phasen wird gespielt. Sie entspringt nicht aus Spiel, wie eine lebende Frucht sich von ihrem Mutterleibe löst, sie entfaltet sich in Spiel und als Spiel.“

Die KI ist aus dem spielerischen Potential menschlicher Intelligenz hervorgegangen und entpuppt sich ob ihres Unvermögens, zwischen Spiel und Normalität unterscheiden, als ein kulturloses Wesen. Sie bekommt mit der Einstellung der Algorithmen durch das Programmieren eine Kultur übergestülpt, aber sie hat keine. Keine Kultur zu haben, heißt, keine Werte und keine Moral zu kennen. Vielleicht ist diese Gleichgültigkeit allem und jedem Gegenüber, eingepackt in rhetorische Höflichkeiten und floskelhafte Freundlichkeiten, das wirklich Beängstigende an der KI.

Fabian Arlt
Fabian Arlt (far) arbeitet in Berlin im Bereich Gamification an der Erforschung, Konzeption, Gestaltung und Realisation von Spielen und schreibt an der Universität der Künste an einer Doktorarbeit über „Entscheidungsspiele: Leadership in Games und Unternehmen“. alivetoplay.weebly.com

1 Kommentar

  1. Hallo werte Redaktion, werter Autor,
    einige Aussagen in diesem Text sind erstaunlich seltsam und sie scheinen mir in ihrer Tonalität und Formulierung eher problemverschleiernd als analytisch hilfreich zu sein:
    Warum z.B. sollte es Ziel sein, den Unterschied zwischen „KI“ und „menschlicher Intelligenz“ zu suchen, um dessen „Ehre“ zu „retten“? Diese Formulierung zieht das Bemühen um begriffliche Bestimmungen unterschiedlicher Formen von Intelligenz bewusst in einen Bereich altertümlich grotesker Ambitionen. Beim Unterschied von rechnerischer Potenz einer „KI“ und jeder Form biolomorpher Intelligenz (auch solcher von Homininen) gibt es massenhaft Unterschiede – und um „Ehre“ und „Rettung“ geht es dabei überhaupt nicht. Eher schon um die Problematik, warum man einer hohen Rechenleistung überhaupt das Lemmata „Intelligenz“ irgendwann mal (;-) zugesprochen hat. Über solche Bauernfängerei sollten wir in analytischer Perspektive doch hinaus sein, oder?
    Die scheinbar so „stichhaltigen“ Beiträge der „KI“ resp. der Chatbots sind allemal nur Rechenergebnisse höherer Kombinatorik – und die Ausgabe hin hübsch und oft fast fehlerfreien Sätzen beliebiger Sprache ist so eine Art „technischer Mimikry“ – da tut eine Maschine so, als ob ein „Ich“ spricht. Ein hübscher Effekt, mehr nicht.
    Das Ergebnis des Artikels (als These formuliert), dass die „KI“ „kulturlos“ sei (usw.), ist durchaus nachvollziehbar, erscheint aber nur so „kritisch“, solange man – wie beim Vergleich von Äpfeln und Birnen – von der falschen Voraussetzung ausgeht, dass „KI“ und „Mensch“ beide über eine (Aristoteles) kategorial vergleichbare Form der „Intelligenz“ verfügen. Aber, das dürfte jeder Neurologe bestätigen wollen, ist das schon wissenschaftlicher Quatsch. Ein Rechner mag in Bereich den logischen Kombinatorik und kognitiven Speicherung teils (sofern es quantifizierbare Bereiche sind) perfekt sein – aber alles, was jenseits davon liegt, bleibt unerreichbar für die Rechenmaschine. Übrigens: Egal, welche Aussagen eine KI liefert: Deren Überprüfung der Aussagen, deren Probe auf Anwendbarkeit und Umsetzung in der Praxis durch Entscheidungen obliegt dem Menschen, denn eine KI kann keine Metaaussage über die vermutete „Wahrheit“, vielleicht sogar nicht mal über die „Richtigkeit“ der Aussagen liefern. „Totalitär“ wäre es, wenn man eine „KI“ und ihren Rechenleistungen Entscheidungen (z.B. automatisierte Bescheide über soziale, gesellschaftliche etc. Sachverhalte) überlässt, wo doch, juridisch gesprochen, eine KI keine Willensäußerungen machen kann: Sie spricht nur „scheinbar“ mit einem „Ich“, das bloß eine grammatische (und als billiger Effekt zu habende) Anmaßung bleibt.

Hinterlasse einen Kommentar.

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

bruchstücke