Von der Schwierigkeit, Dämme in fließende Übergänge zu bauen

Screenshot: Website des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig

Wo soll für weitrechte Polit-Organisationen das Recht auf demokratische Teilhabe enden? Damals wie heute liefern Faschisten Beweise reihenweise, dass sie nur deshalb vorher wie alle anderen behandelt werden wollen, damit sie nachher an der Macht, um das wenigste zu sagen, alle anderen misshandeln können. Trotzdem war es stets kontrovers und wird es immer sein, ob demokratische Freiheiten ausüben können soll, wer die politische Demokratie beseitigen und Freiheitsrechte abschaffen will. Urteilsschelte anlässlich der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zu „Compact“ führt nicht weiter. Wer weiß schon, wo in fließenden Übergängen Dämme gebaut werden sollen. Eine Antwort ist die parlamentarische Brandmauer, ihre Bestandsgefährdung fällt unter die hier aufgerufene Thematik.

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Israelische Hybris – Krieg bis zum ultimativen Sieg

24. Juli 2024: Benjamin Netanyahu spricht vor dem 118. Kongress der Vereinigten Staaten: “For the forces of civilization to triumph, America and Israel must stand together. Because when we stand together, something very simple happens: we win, they lose.”
(Foto: Office of Speaker Mike Johnson auf wikimedia commons)

Israel hat die Armeen seiner Gegner pulverisiert. Was davon noch übrig ist, hat nicht den Hauch einer Chance, Israel ernsthaft zu bedrohen. Der grandiose Sieg dürfte diejenigen bestätigen, die glauben, Israels Zukunft am besten mit militärischer Gewalt statt durch Völkerrecht, Verhandlungen, Kompromisse und einen eigenen Staat für das palästinensische Volk dauerhaft sichern zu können. Aber jeder Siegfrieden, jede gewaltsame Unterdrückung trägt den Keim des Widerstands in sich.

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Ein Panoptikum des Trotzes

Bild: Vilkass auf Pixabay

Mit Trotz verbindet man störrischen Eigensinn, törichte Sturheit, renitente Querulanz. Ein Trotzkopf ist, wer – womöglich gegen bessere Einsicht – an etwas Unvernünftigem, ja Schädlichem festhält. Ein nervender Quälgeist eben, dem nur schwer beizukommen ist. Ein Trotzkopf, der schnell als »kindisch«, »pubertär« und »infantil« charakterisiert wird. Doch wer trotzig auf seiner Sache beharrt, sich fremdbestimmter Autorität widersetzt, findet durchaus auch unsere Anerkennung und Bewunderung, denn der Trotzige beweist Standfestigkeit, Rückgrat und Mut. Ein neues Buch rehabilitiert diese besondere Form des Eigensinns: klug und erhellend. Unbedingt lesenswert.

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Warum kennt ihr mich nicht? Frauen im Widerstand

Wenig Text und verschwommene Bilder – das entspricht der Erinnerung an und dem Wissen über Frauen des Widerstands. Seit einigen Jahren haben widerständige Frauen zwar mehr Beachtung gefunden, einige Namen sind bekannt, es gibt sogar ein paar Plaketten und Stolpersteine. Ernst Vollands Dokumentation gibt den Frauen im Widerstand ein Gesicht. Er schreibt dazu: „An diesem Projekt arbeite ich inzwischen seit über drei Jahren. Ich habe es bereits drei Mal bei Kulturförderungen professionell eingereicht. Jedes Mal bin ich abgelehnt worden.“

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Der Metaller lernte erstmal Bäcker

Tarifkampf-Kontrahenten 1971: Willi Bleicher (l.), IG Metall, und Hanns Martin Schleyer (r.), der 1973 zum Arbeitgeberpräsidenten gewählt, 1977 von der RAF entführt und ermordet wurde, mit Moderator Klaus Ullrich im SDR-Studio. (Foto: SDR/Sammlung Abmayr)

Der in Bad Cannstatt geborene Willi Bleicher war eine der prägenden Figuren der deutschen Gewerkschaftsbewegung nach dem Krieg. In einem großen Dokumentenband präsentiert der Journalist und Bleicher-Biograf Hermann G. Abmayr nun ein Nachschlagewerk, das neue und unerwartete Einsichten bietet. „Bleicher war eine Figur mit Ecken und Kanten, ein schwäbischer Dickkopf, der viele Blessuren erlitt, aber immer wieder aufgestanden ist. Und der bei allen Fehlern aber immer authentisch blieb“, sagt Abmayr.

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Blühende Geschäfte mit atomarem Overkill

Bild: GDJ auf Pixabay

Die Atommächte horten Nuklearwaffen mit einer Sprengkraft von rund 146.000 Hiroshima-Atombomben. Und rüsten weiter auf. In ihrem aktuellen Bericht „Hidden Costs: Nuclear Weapons Spending in 2024“ schätzt die «Internationale Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen» (Ican), wie viel Geld die neun Atomwaffen-Staaten allein im Jahr 2024 für Atomwaffen ausgegeben haben: rund 190.000 Dollar pro Minute bzw. 274 Millionen pro Tag. Im Jahr 2021 waren es 138.700 Dollar pro Minute (Infosperber berichtete).

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Was ist ein „gerechter Krieg“ (II): Kosovo, Afghanistan, Irak und kein Ende

Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine, die us-amerikanische Aggression gegen Demokratie und Rechtsstaat, die Eskalationen des Nahostkonflikts – Haltepunkte und Orientierungslinien zivilisierten Zusammenlebens befinden sich in globaler Auflösung wie lange nicht. Ludger Volmers Reflexionen, die Bruchstücke in zwei Teilen veröffentlicht (Teil I: Über humanitäre Normen und inhumane Realitäten), wollen für den politischen Diskurs Ankerpunkte einer Friedenspolitik in globaler Verantwortung fixieren. (at)

Wo rangieren in der Systematik von Legalität, Legitimität und Effizienz die „nationalen Interessen“? Sie stehen nicht darüber, sondern haben sich einzuordnen. Nationale Interessen sind dem Legalitätsprinzip unterworfen; sie können einen Aspekt von Legitimität ausmachen; sie geben nicht die geringste Auskunft über die Effizienz einer Intervention. Im Folgenden nun sollen beispielhaft einige Interventionen bewertet werden. Dabei wird historisches Wissen über Hintergründe und Verlauf der Ereignisse weitgehend vorausgesetzt.

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Was ist ein „gerechter Krieg“ (I): Über humanitäre Normen und inhumane Realitäten

Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine, die us-amerikanische Aggression gegen Demokratie und Rechtsstaat, die Eskalationen des Nahostkonflikts – Haltepunkte und Orientierungslinien zivilisierten Zusammenlebens befinden sich in globaler Auflösung wie lange nicht. Ludger Volmers Reflexionen, die Bruchstücke in zwei Teilen veröffentlicht, wollen für den politischen Diskurs Ankerpunkte einer Friedenspolitik in globaler Verantwortung fixieren. (at)

Wenn immer eine demokratische Regierung erwägt, in einen eskalierenden Konflikt „out of area“ einzugreifen, entbrennt eine öffentliche Diskussion über das Für und Wider. Hoch im Kurs steht dabei der Gebrauch von Adjektiven. Die Intervention sei geboten, klug, richtig, unvermeidbar, angemessen, erfolgversprechend oder auch das Gegenteil von allem. Sie sei eine Frage der politischen Moral, des nationalen Interesses, der Bündnissolidarität, der historischen Verantwortung, der Gunst der Stunde oder aber ein Ausweis von Verantwortungslosigkeit, Überschätzung, Leichtsinn, Vasallentreue, Landesverrat.

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Nachrichten über „Drecksarbeit“

Screenshot: Website

Amal ist eine Internetplattform mit Nachrichten auf Arabisch, Ukrainisch und Farsi/Dari. Männer und Frauen aus vielen Ländern, mit unterschiedlichen Religionen, politischen Überzeugungen und Persönlichkeiten arbeiten zusammen. Gegründet wurde das Projekt 2016 in Berlin. Dort arbeiten inzwischen 14 Exil-Journalist:innen zusammen, 2019 entstand in Hamburg eine weitere Amal-Redaktion, später auch in Frankfurt. Bruchstücke dokumentiert den aktuellen Beitrag „Keine Nachrichten mehr aus Teheran„. Friedrich Merz nennt es „die Drecksarbeit, die Israel macht für uns alle“. Die Amal-Redaktion schreibt: „Zu unseren Leser:innen der Dari/Farsi-Seiten von Amal zählen viele, die sich ganz aktuell Sorgen um ihre Liebsten machen. Viele Iraner:innen in Deutschland versuchen verzweifelt, mit ihren Verwandten in Teheran im Kontakt zu bleiben. Auch viele Afghan:innen haben Angehörige im Iran, denn der Iran ist für viele Flüchtlinge aus Afghanistan die erste Station. Unsere Kollegin Maryam Mardani hat in den letzten Stunden zahlreiche Abschiedsposts von Freund:innen auf Social Media gefunden. Sie hat folgenden Kommentar über ihre Gefühlslage geschrieben.“

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Ein Fall von Gesinnungsjournalismus

Screenshot: Focus online

Das Manifest mit dem Titel „Friedenssicherung in Europa durch Verteidigungsfähigkeit, Rüstungskontrolle und Verständigung“ sorgte nicht nur in Partei und Bundesregierung für aufgeregte Debatten über verantwortungsvolle Friedenspolitik, sondern auch in den Medien. Während der Inhalt je nach Medium in Bruchstücken vermittelt wird, findet sowohl durch die Auswahl der beteiligten Genannten als auch der Aspekte aus den vielfältigen Themen bereits Framing – also Perspektivgebung – statt. Interessant sind die Meldungen und die Berichterstattung, um zu prüfen, inwiefern dort Nahelegungen angeboten werden, obwohl man neutral informieren will.

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Ländliche Räume verlieren – ihre Jugend und ihre Zukunft

Foto: DidiWeidmann auf wikimedia commons

Deutschland- und europaweit leiden viele ländliche Räume unter sehr starken Verlusterfahrungen: „Arbeit ist verloren gegangen, die Bewohner müssen pendeln; öffentliche Infrastruktur, also die Grundschule, das Freibad oder die öffentliche Bibliothek – ist verloren gegangen und damit auch konkrete Lebensqualität; und – sehr wichtig – die jungen Leute sind sukzessive abhandengekommen. Wohl auf Generationen. Und damit auch die Zukunft“, erläutert Berthold Vogel, Geschäftsführender Direktor des Göttinger Instituts für Sozialforschung. Zum dritten Mal1 überprüft Jutta Roitsch im Gespräch mit ihm Befunde und Einsichten des Forschungsinstituts Gesellschaftlicher Zusammenhalt (FGZ). 2020 gegründet mit elf Standorten, acht Universitäten und drei außeruniversitären Forschungseinrichtungen, erforschen hier rund 200 Sozialwissenschaftler:innen, wie es um den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Demokratie in Deutschland bestellt ist.

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Sind Sicherheitsgefühle bezahlbar?

Bild: geralt auf Pixabay

Die sicherheitspolitische Debatte kennt aktuell zwei unanfechtbare Glaubensbekenntnisse: Die Bedrohungslage ist zu hoch, die Verteidigungsfähigkeit zu niedrig. Als Stellgröße, die beides verbessern kann, gilt der Prozentanteil der Verteidigungsausgaben am Bruttoinlandsprodukt (BIP). Nur über diese Prozentzahl darf gestritten werden, eine offene Diskussion über die Bedrohungslage und wie man sich in dieser Lage verteidigen kann, wird weitgehend verweigert. Ein bestimmter Prozentsatz vom BIP wird zum Gradmesser für Verteidigungsfähigkeit, wobei der Rüstungswettlauf auch das Bedrohungsgefühl nach oben schaukelt. Rechenkünste und Irrationalitäten marschieren im Gleichschritt.

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Ein kleiner, aber verhängnisvoller Wegweiser

Screenshot: SPD Website

Es ist bemerkenswert und abgründig, dass einige führende SPD-Politiker, deren Wort in der SPD Gewicht hat, im direkten Vorfeld des SPD-Parteitages ein „Manifest“ vorlegen, das Gespräche mit Russland und Abrüstung fordert, einen völligen Kurswechsel in der Außen- und Sicherheitspolitik Deutschlands und wohl auch Europas. Wer nach den vielen Verhandlungs- und Gesprächsinitiativen von mehreren Seiten, nach den fortgesetzten Vernichtungsangriffen Russlands auf die Ukraine die „militärische Alarmrethorik“ und „riesige Aufrüstungsprogramme“ in europäischen Staaten – Russland ist wohl ausgenommen – kritisiert, gibt zu erkennen, dass er für die Ukraine Befriedung statt Frieden, Unterwerfung statt Autonomie in Kauf nimmt und für Deutschland und Europa eine von Russland dominierte Sicherheits- und Befriedungs-Ordnung will.

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Diametrale Differenzen

Bild: geralt auf Pixaby

Man kann die Absichten der Verfasser und Verfasserinnen des nun bekannt gewordenen Manifestes über Krieg und Frieden in Europa drehen und wenden wie man will: Stellt sich der ordentliche Parteitag der SPD vom 27. bis 29. Juni in Berlin hinter dieses Manifest, wird das Ende der neuen schwarz-roten Koalition eingeläutet. Das würde kein Ende von jetzt auf gleich sein, obgleich sofort ein ziemliches öffentliches Gedöns einsetzen würde; aber ein Ende in Etappen wäre vorgezeichnet.

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Die weiße Vorherrschaft heiligt alle Mittel

Raising the Flag on Iwo Jima (Foto: Joe Rosenthal auf wikimedia commons)

In Los Angeles deutet die us-amerikanische Rechtsaußen-Regierung mit dem Einsatz der Nationalgarde an, wozu sie innenpolitisch willens ist. Nicht nur im öffentlichen Leben, auch in den Archiven will sie Anzeichen von Vielfalt, Gleichheit und Inklusion eliminieren. „Da man die multiethnische US-Gesellschaft selbst durch massenhafte Abschiebung und Zurückweisung kulturell nicht mehr „entdiversifizieren“ kann, verordnen die rechtsradikalen Machthaber eine seit Jahrhunderten geübte Praxis der „damnatio memoriae“: die symbolische Negation eines Namens und die Klitterung der Geschichte, ein Verfahren, das autoritäre und totalitäre Regime auf ihre Gegner anwenden und das anzeigt, wohin die Reise offenbar auch in den USA gehen soll.“ Das schreibt Claus Leggewie unter dem Titel „Eine Vergangenheit, die vergehen soll. DEI or Die. Die Geschichte von Ira Hayes“ in Geschichte der Gegenwart. Wir danken dem Autor, dass er seinen Text für Bruchstücke freigegeben hat. [at]

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