Nachrichten aus einem Land, in dem man von klein auf lernt, am Tresen zu trinken

Seit dem 6. Oktober  gilt für öffentliche Räume der Geselligkeit (Bars, Brasseries, Bistros, Restaurants) in Paris, Marseille, Aix-en-Provence die höchste Alarmstufe zum Schutz gegen Covid-19. Am 10. Oktober wurden auch Lille, Lyon, Grenoble, St-Etienne, Montpellier, Avignon und Toulouse in diese Kategorie eingeteilt. Die Regeln sind strikt: Getrunken und gegessen werden darf nur im Sitzen, nach 23 Uhr dürfen nur Restaurants noch Alkohol ausschenken, Wirte müssen die Kontaktdaten (Name, Vorname, Besuchsdatum mit Uhrzeit, Telefonnummer der Gäste) registrieren.

In einem Land, in dem man lernt, dass ein Tresen dazu dient, im Stehen zu trinken, bevor man groß genug ist, sich mit einem Ellenbogen auf diesen zu stützen und in der andern Hand das Glas zu halten, ist es natürlich nicht ganz einfach, solche Verhaltensregeln innerhalb von Tagen durchzusetzen.

Bars, Bistros, Brasseries und Restaurants sind verpflichtet, über die Maximalzahl der zugelassenen Gäste sichtbar zu informieren, also die Zahl der Sitzplätze anzuzeigen. Wer allerdings dem Wirt oder Kellner verspricht, sich platzsparend in eine Bank zu drücken, kann mit viel Nachsicht rechnen, um doch noch eingelassen zu werden, wenn alle Sitze in der Café-Bar besetzt sind. Nach den Vorschriften müssen die Gäste eine Maske tragen, wenn sie sich im Raum bewegen und wenn sie gerade nicht essen oder trinken. Wirte und Kellner beklagen sich heftig, die Leute wüssten nicht mehr, was gilt und was nicht.

Foto: Lecreusois auf pixabay

Die Polizei intensivierte die Kontrollen. Allein im 11. Arrondissement in Paris sprach sie zwischen dem 5. und dem 10. Oktober 103 Verwarnungen aus und ordnete 10 Schließungen von Lokalen an. Eine völlig offene Frage ist, was nach den polizeilichen Vorstellungen eine „Mahlzeit“/“repas“ ist, denn nur wo Mahlzeiten serviert werden, darf nach 23 Uhr noch Alkohol ohne Mahlzeit ausgeschenkt werden. Besitzer von Bars, Bistros und Brasseries fragen sich jetzt, ob Erdnüsse, Chips, Oliven, Käse- und Wursthäppchen im polizeilichen Verstand Mahlzeiten sind oder nicht. Andere wehren sich mit dem Argument: „Hier zwingt man niemanden zum Essen. Wir servieren den Kunden das, was sie bestellen“.

„Für derlei sind meine Kunden nicht empfänglich“

Um die Vorschriften zu umgehen, bieten viele Lokale Eintopfgerichte an, obwohl im Café oder an der Bar um die Ecke seit Menschengedenken  niemand etwas anderes bestellt hat als Café, Bier, Wasser oder ein Glas Wein. Die Blöcke, in die die Kunden von Lokalen ihre Kontaktdaten eintragen sollten, sind oft auch spät abends noch völlig leer. Und die Besitzer rechtfertigen sich mit dem Hinweis: „Für derlei sind meine Kunden nicht empfänglich“. In Paris soll die Neigung, Kontaktadressen zu hinterlassen, sogar gesunken sein, seit die höchste Alarmstufe herrscht. Nach einer TV-Reportage über vermehrte Polizeikontrollen wurden zwar 27 Wirte verwarnt, aber pro Tag ahndet die Polizei im Durchschnitt nur fünf Personen wegen Verstößen gegen die Maskenpflicht mit einem Bußgeld von 135 Euro.

Die Nachverfolgung durch die Regionale Gesundheitsagentur ist einigermaßen verwirrend geregelt. Wird eine Person positiv getestet, informiert die Agentur alle Personen, die im Restaurant am gleichen Tisch gesessen haben, sofern der Wirt die Daten aller aufgenommen und korrekt an die Agentur weitergeleitet hat. Falls das nicht der Fall ist, werden alle Personen informiert, die sich am gleichen Abend im gleichen Lokal aufgehalten haben. Meldet sich eine Person krank und wird positiv getestet, kann die Krankenkasse die Gesundheitsagentur alarmieren, die dann alle Angaben überprüft, die der Infizierte gemacht hat. In Paris ist dieser hypothetische Fall bisher nicht eingetreten, auch wenn er im Regelwerk vorgesehen ist.

Stand 15. Oktober 2020, 15h

In Marseille und anderswo sind die Gastronomen erzürnt und fühlen sich von „Paris“ ungerecht bestraft: „Wir werden nicht sterben, ohne zu kämpfen“. Aber zu mehr als wütenden verbalen Protesten und passivem Widerstand ist es bisher nirgends gekommen. Der inoffizielle Sprecher dieses verbalen Protests ist Didier Raoult, ein Medizinprofessor aus Marseille, der der Regierung und den diese beratenden Virologen Versäumnisse und verfehlte Maßnahmen vorwirft, wofür er in den Medien viel Resonanz findet.

Komplette Ausgangssperre für vier Wochen

Im Vorfeld der mit Spannung erwarteten Erklärung von Staatspräsident Macron zur Krise im Gesundheitswesen am Mittwochabend (14.10.2020) und nach Erklärung des Premierministers Jean Castex, man könne „jetzt nichts mehr ausschließen“, kam das Gerücht auf, eine generelle Ausgangssperre ab 23 Uhr stehe zur Debatte. In den französischen Überseedepartements Martinique und Guyana gelang es dank dieser Maßnahme die Basisreproduktionszahl  R von 1,7, auf 1,1 zu senken.

Macrons Rede übertraf die Erwartungen, aber der dramatische Anstieg von Infizierten – zuletzt über 25 000 täglich – verlangte ein deutliches Signal. Die hohen Infektionszahlen belegen einen demoskopisch ermittelten, massiven Schwund des Vertrauens in die gesundheitspolitischen Maßnahmen der Regierung unter den 20-40-Jährigen.  „Wir feiern nicht mehr, wir gehen keine Freunde mehr besuchen“, erklärte Macron mit fester Stimme, als er die neuen Maßnahmen im Fernsehen begründete. Ab Samstag, 17. Oktober,  gilt für Paris und acht weitere Großstädte in Frankreich zwischen 21 Uhr und 6 Uhr früh eine komplette Ausgangssperre für die nächsten vier Wochen. Bei Übertretung des Verbots droht eine Buße von 135 Euro. Die Sperre betrifft nicht nur Bars und Restaurants, sondern auch Kinos, Konzertsäle, Theater, Fitness-Studios. Für Schichtarbeitende gibt es Passierscheine. Ein so rigides Ausgehverbot gab es zuletzt in den 60er Jahren gegen Ende des Algerienkrieges angesichts der Terroranschläge der OAS („Organisation de l’armée secrète“). Für eine Verlängerung der Ausgangssperre über Mitte November hinaus benötigt der Präsident die Zustimmung des Parlaments. Wie das nächtliche Ausgehverbot in den Quartieren und Stadtteilen ankommt, in denen Polizeipräsenz jederzeit ein Anlass für Krawalle ist, wird sich zeigen.

Rudolf Walther
Rudolf Walther ist Historiker und hat als Redakteur und Autor des Lexikons »Geschichtliche Grundbegriffe« gearbeitet. Seit 1994 ist er als freier Autor und Publizist für deutsche und schweizerische Zeitungen und Zeitschriften tätig. Seine Essays, Porträts und Kommentare liegen in vier Bänden unter dem Titel »Aufgreifen, begreifen, angreifen« vor.

1 Kommentar

  1. Die, Sache mit der, Maske :

    KIND/Fremdbestimmt, sein : …
    Ich, MUSS ich, DARF! (-Maulkorb, tragen-).
    MANN/Eigenverantwortlich, sein : …
    Ich, KANN ich, BIN! (-Maskenfrei, sein-).

    Mir, egal ob Sie/Obrigkeit mit „Panzer/n“, drohn. Fakt, ist : Ich/Wir, habe/n nen „Willen“ von Gott empfangen ich, habe vom Leben, lieben/sich, aufopfern, „Da+Selbstsein“, gelernt.
    Ergebnis : Kindheit, vorbei Erwachsensen/Selbstbestimmt, sein – Jetzt!

    Ich, bin Einzig Gott und, meinem Gewissen Rechenschaft schuldig nicht, dem Gefuehl und Wohlwollen eines/des, Naechsten – Noch, meiner, Selbst.
    GEIST, lasse regieren nicht, Trieb/Triebleben – Sei/t, dabei!

    Erinnerung :
    Ich, KANN ich, BIN.
    Ich, MUSS ich, DARF.

    Gotteswort/e :
    DA, ICH KIND/TOERICHTER WAR TAT, ICH WAS KIND TAT DA, ICH MANN BIN (-KANN/BIN-) TUE, ICH DAS, WAS KIND, TAT – UNSERE, VAETER ZUECHTIGTEN UND UNTERWIESEN UNS/MICH NACH GUTDUENKEN ER, LIEB/ST MEISTER-FUERST JESUS UNS, ZU UNSREM, BESTEN.

    Jede/r, mag machen was er will Jede/r, ist seines Glueckes – Schmied! (-hess. Spr-). …

    Doch, dieses Kuschen/Kriechen – Nein, Danke!

    Gruss. Burkhard, die Offbg.12:5;Hebr.1:8. u.a. …

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