«Ich glaube nicht mehr, dass Freiheit mit Demokratie vereinbar ist», hatte Tech-Milliardär Peter Thiel schon 2009 erklärt. Thiel ist Mitbegründer von Paypal und noch Verwaltungsrat der Facebook-Muttergesellschaft Meta. Sein Vermögen schätzt Forbes auf 2,6 Milliarden Dollar. Regierungen würden die freie Marktwirtschaft behindern und ins Leben von Menschen eingreifen, ohne dass diese etwas zu sagen hätten, begründet Thiel seine Demokratie-Gegnerschaft. In den letzten zwölf Jahren organisierte er zahlreiche Anlässe mit Nationalisten und «alternativen Rechten» («alt-right-figures»). Das berichtet die «New York Times». Im Hinblick auf die kommenden Midterm-Wahlen hat es der Milliardär auf republikanische Kandidatinnen und Kandidaten abgesehen, die sich Trump nicht treu ergeben haben, wie Liz Cheney, sowie die wenigen, die für ein Impeachment von Trump gestimmt hatten. Thiel will sich rächen und finanziert deren Gegenkandidaten.
Gegen die «verräterischen Zehn»
Es sei Zeit für einen Hausputz, war seine Botschaft an eine gut betuchte Gesellschaft, die Peter Thiel kürzlich in seinen Miami Beach-Sitz einlud, um den Kandidaten kennenzulernen, der Liz Cheney ihren Listenplatz für die Midterm-Wahlen im November abjagen soll. Cheney sei das Gesicht der «verräterischen Zehn», hat Thiel laut zwei Gästen des Events gesagt. Und alle zehn müssten durch loyale Trumpisten ersetzt werden.
Thiel war 2016 als einer der grössten Geldgeber für Trumps Präsidentschaftskandidatur bekannt geworden. Er gilt als Schlüsselfigur der «Make America Great Again»-Kampagne. 15 Kandidaten und eine Kandidatin stehen auf Thiels Sponsorenliste. Sie behaupten alle, dass Trump die Wahl 2020 gewonnen habe.
Das Ganze ist Thiel bis jetzt mehr als 20,4 Millionen US-Dollar wert. Das macht ihn zusammen mit Kenneth Griffin, der den Hedgefonds Citadel leitet, zum potentesten individuellen Geldgeber der Republikaner für diese Wahlen. Das jedenfalls hat laut «New York Times» die unabhängige Rechercheorganisation OpenSecrets herausgefunden. Allerdings setzt Thiel ausschliesslich auf Leute der extremen Rechten, die nicht nur an die Trumpschen Verschwörungstheorien glauben, sondern sich als Rebellen gegen das republikanische Establishment sehen.
«Wenn Sie einen Geldgeber haben, der ausdrücklich Kandidaten unterstützt, die die Rechtmässigkeit von Wahlen anzweifeln, ist das ein Angriff auf die Grundsteine der Demokratie», sagt Lee Drutman, leitender Wissenschaftler bei New America, einer eher linksgerichteten Gruppe, die Kampagnenfinanzierungen und Hyperparteilichkeit untersucht.
«Komplett geistesgestörte Regierung»
Dass Drutmans Befürchtungen nicht aus der Luft gegriffen sind, beweist ein Blick auf die Ideologie der von Thiel finanzierten Kandidaten. Sie sind der Ansicht, das Establishment und die Globalisierung seien gescheitert, die gültigen Einwanderungsgesetze plünderten die Mittelklasse und bundesstaatliche Institutionen müssten zerstört werden. Thiel kritisiert die kommunistische Partei Chinas genauso wie die Tech-Unternehmen und die Klimawissenschaft. Er spricht von einer «geistesgestörten Gesellschaft», die von einer «komplett geistesgestörten Regierung» erschaffen worden sei.
Der 54-jährige Thiel hat sich nie öffentlich über die Midterm-Wahlen 2022 geäussert. Aber in Donald Trump hat er die Person ausgemacht, die seine ideologischen Ziele durchsetzen könnte. Der ehemalige Trump-Chefstratege Steve Bannon dagegen wird deutlich: «Ich glaube nicht, dass er nur den Senat drehen will. Ich denke, Peter will die Richtung des Landes ändern.» Zwar ist Thiels Geld nur ein Tropfen im Ozean von Hunderten Millionen Dollar, die in diese Wahlen fliessen. Aber der frühe Start und die Beträge, mit denen er individuelle Rennen finanziert, haben ihn auf den Radarschirm von republikanischen Anwärtern gebracht.
Als Milliardär in die Politik
Thiel prüft jeden Kandidaten persönlich. Neben der Kandidatur gegen Cheney unterstützt er auch zwei „Sprengkandidaten“ im Staat Washington. Zudem hat er zwei Kandidaten für den Senat mit je 10 Millionen Dollar unterstützt, die sich als Establishment-Gegner inszenieren. Thiel selbst gab kürzlich bekannt, aus dem Vorstand von Meta, der Muttergesellschaft von Facebook, zurückzutreten, um sich auf die Politik zu fokussieren.
Thiel hat sich schon früh in seinem Leben als Provokateur hervorgetan. 1995 war er Mitautor des Buches «The Diversity Myth», in dem er argumentierte, «der extreme Fokus auf Rassismus» habe zu zunehmenden gesellschaftlichen Spannungen und Verbitterung geführt. Thiel finanzierte auch andere Kampagnen. 2016 wurde er als geheimer Finanzier einer Gerichtsverhandlung enttarnt, die sich gegen Gawker Media richtete. Diese hatten Thiels Homosexualität enthüllt. Gawker musste aufgrund des teuren Gerichtsverfahrens Konkurs anmelden. Im Juli desselben Jahres trat Thiel an der nationalen Konvention der Republikaner auf, um sich als stolzen, schwulen Republikaner zu präsentieren, der Trump unterstütze. Die Kandidatur war ihm damals 1,25 Millionen Dollar wert. Nach Trumps Sieg wurde Thiel von Trump ins Übergangsteam berufen.
2017 kam heraus, dass Thiel, ein eingebürgerter Amerikaner, auch die neuseeländische Staatsbürgerschaft innehat. Das führte zu einigem Aufruhr, da Trump Leute dazu aufrief, «den Vereinigten Staaten totale Treue zu schwören». Auch mit der Trumpschen Amtsführung schien Thiel nicht besonders glücklich zu sein. «Da gibt es so vieles, das hinter den Erwartungen zurückbleibt», kritisierte er. Doch die Beziehung hat sich wieder verbessert.
Das wiederum schreckt gewisse Republikaner auf, die befürchten, Thiel pushe Kandidaten, die zu extrem sind. Das könne die Vorwahlen negativ beeinflussen. Scott Reed, ein erfahrener republikanischer Stratege, sagte zur «New York Times»: «Man muss Kandidaten nominieren, die im Herbst gewinnen können und auf ihrem Weg nicht einfach allen schaden.» Das scheint Thiel nicht anzufechten. Er macht einfach vorwärts. In einer 20-minütigen Rede an der National Conservatism Conference im letzten Oktober sagte er, Nationalismus sei ein Korrektiv zum hirntoten Eine-Welt-Zustand der Globalisierung. Er hielt auch mit Kritik an Joe Biden nicht zurück: «Wir haben rundumerneuerte Zombies, welche die Gartenstühle neu arrangieren», sagte er. «Wir brauchen abweichende Meinungen mehr denn je.
Der Beitrag erschien zuerst auf Infosperber
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