>Gesichert Rechts-Extremistisch< The Far Right is surfing the Zeitgeist (New York Times)

Fragmentarische Randnotiz zum aktuellen Stand der Dinge, Anfang Mai 2025,
ein Bruchstück im genauen Wortsinn.

Es geht darum, die Wellenreiter des Zeitgeistes ins Visier zu nehmen.
In Großaufnahme, ins Fadenkreuz von Bild und Ton.
Es geht um den Versuch, die ökonomischen Strukturen des 21. Jahrhunderts
in ihrem Zusammenspiel mit der populistischen Politik der letzten Jahrzehnte zu untersuchen.

Man kann sich diese Analyse als Erzählung vorstellen.
Als dokumentarisches Narrativ.
Als Essay-Film.
Online als Libretto für neue Spiel-Szenen der Narrativen Musik.
Vom Work Song im Home Office bis zur aleatorischen Operette des Leichtfüßigen, Allzeit-Mobilen Digital-Kapitals.
Denkbar wäre die Arbeit auch als Projekt der Künstlerischen Erzähl-Forschung.

Es ist 4 Minuten vor 33
Erneut geht ein Gespenst um in Europa.
Es ist nicht mehr das Gespenst des Kommunismus – eher das Phantom der Opéra Sinistre.
Dressed up in Black for Fascism.
Es kann in der aktuellen Situation nicht schaden, das Kommunistische Manifest noch einmal
zu lesen. Mit den Augen von Jacques Derrida.
Es kann in dieser Situation nicht schaden, Adorno noch einmal zu lesen und mit ihm in seinen
>Maschinenraum des Erzählens< zu gehen.
Die Mehrheit der ehemaligen DDR-Wähler hat bei der letzten Wahl Weitrechts gewählt.
Einzige Ausnahme: Ost-Berlin.
Nehmen wir die Zeitgeist-Surfer Trump, Musk, Vance und Rubio mit hinein in das Bild vom aktuellen Stand der Dinge – dann stehen wir tatsächlich vier Minuten vor 1933.
Es geht um die Gespenster einer Vergangenheit, die als Zukunft wiederkehrt. Was tun?
Es käme darauf an, den Lauf der Uhrzeiger anzuhalten.

Palimpsest Babelsberg
Man muss an der Oberfläche schaben, an der Benutzer-Oberfläche – wenn man in tiefer liegende Text-, Bild-, Ton-, Datei-Schichten vordringen will.
Einer meiner Arbeitsplätze befindet sich seit 2o Jahren an der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf. Ich könnte mir vorstellen, mit jetzigen und ehemaligen Kollegen und Kolleginnen,
mit aktuellen und ehemaligen Studierenden Tonband-Gespräche zu führen über die Situation,
in die wir gekommen sind. Das wäre Künstlerische Forschung im Dialog.

RE: Jacques Derrida, Paris 1993: Marx´Gespenster
„….In sozialen Krisenzeiten, wenn der gesellschaftliche >nervus rerum<, wie Marx sagt,
>neben dem Körper (bestattet wird), dessen Nerv er ist<, bestattet das spekulative Vergraben
des Schatzes bloß >nutzloses Metall<, das seiner Geldseele beraubt ist……..“
>Nutzloses Metall< – das war die Schuldenbremse.
Zur Erinnerung – sie war nicht von Anfang an Grundgesetz-Bestandteil; sondern ist erst sehr viel später eingefügt worden in den Verfassungs-Text.
Zurück zu Derrida. >Enter the Ghost, Exit the Ghost, Re-enter the Ghost< (Hamlet).
Der Wiedergänger wird kommen.

„Whither marxism?“ also,“ Wohin geht der Marxismus?“
Noch einmal kehrt hier das, was vor uns zu liegen scheint, die Zukunft, im Vorhinein wieder:
aus der Vergangenheit, von hinten.
>Something is rotten in the State of Denmark<.
Nach dem Ende der Geschichte kehrt der Geist als Revenant zurück.
>Enter the Ghost, Exit the Ghost, Re-enter the Ghost.<

Frage der Wiederholung: Ein Gespenst ist immer ein Wiedergänger.
Es wird immer ein Fehler sein, Marx nicht zu lesen, ihn nicht wieder zu lesen und über ihn nicht zu diskutieren. Seit die Dogmenmaschinerie und die ideologischen Apparate des Marxismus (Staat, Parteien, Zellen, Syndikate und andere doktrinäre Produktionsstätten) im Verschwinden begriffen sind, haben wir keine Entschuldigung mehr, nur noch Alibis, um uns von dieser Verantwortung abzuwenden. Ohne das wird es keine Zukunft geben. Keine Zukunft ohne Marx.
Soweit Derrida 1993.

Reißschwenk: Zwei Väter – Rückblende Biopic
Gustav, ich schreibe Dir heute diesen zweiten >Brief an einen Unsichtbaren Mann<,
weil ich gestern beim Aufräumen Deine alte Taschenuhr wiedergefunden habe.
Die weißgoldene Uhr an der silbernen Kette.
Ich öffnete den Deckel – da setzten die Zeiger sich in Bewegung.
The Big Hand, The Small Hand und der Sekundenzeiger.
Just for a few seconds – dann blieb die Uhr wieder stehen.
Ich hatte sie gar nicht gesucht.
Ich hatte Dein Kindheitsfoto im Matrosenanzug gesucht.
In der Ottensener Hauptstraße.
Und nur eine alte AGFA-Gevaert-Schachtel mit 6×6-Zwischennegativen von Dir und Deiner
Ehefrau gefunden.
Die Taschenuhr lag unter den Inter-Negativen für meinen ersten Film, Der Tod Meines Vaters.
Wenige Minuten später fiel mir ein kleines Farbfoto von Walther Schattenberg in seinem Biedermeierzimmer von 1835, meinem Zweitkindheits-Biedermeier, in die Hände.
Es lag auf seinem maschinenschriftlichen Lebenslauf, vom Anfang der 5oer Jahre.
Mir fiel dazu ein: Von Dir habe ich nie einen Lebenslauf gelesen, geschweige denn maschinen-
schriftlich.
Ich nahm Deine Uhr wieder in die Hand und versuchte, sie zu stellen.
Mit der Stellschraube, dem Aufziehrad über der 12.
Plötzlich wurde mir klar – ich kann die Zeit zurückstellen. Ich kann drehen an der Zeit.
In diesem Augenblick wusste ich, wie ich weiterkomme mit einem Text, bei dem ich nach 7 Seiten den Schreibfluss verloren hatte.
Ich verließ die Archivkammer und ging ans Stehpult im Wohnzimmer –
wo das angefangene Manuskript noch lag, unter sieben Büchern, die ich gekauft hatte für den Text, der sich in der Dunkelkammer des körpereigenen Kopierwerks noch sperrte gegen sein
Sichtbarwerden.

Kindheitserinnerungen/ I
My very own private Karl Marx – das fing an, als ich 11 Jahre alt war.
Um zu verhindern, dass ich in den Fußballverein Altona 93 eintrete, hat Mimi Schattenberg mich bei den Roten Falken angemeldet, im Jugendheim in der Bahrenfelder Straße.
Dort residierten auch die Pfadfinder.
Und die Müllabfuhr.
Kurz vor meinem 12. Geburtstag hat man mir und 2o anderen versprochen:
Wenn ihr 14 seid, dann lesen wir alle zusammen Das Kommunistische Manifest.
Da wurde nichts draus, Godesberg kam dazwischen, als wir 14 waren, das Godesberger Programm unserer Holding Company, der SPD.
Ich war tief enttäuscht.

Alfred Behrens
Professor Alfred Behrens arbeitet in Berlin und Babelsberg auf den Feldern Lyrik - Prosa - Hörspiel - Feature - Dokumentarfilm - Fernsehspiel - Spielfilm. Ausbildung zum Verlagskaufmann im Verlagshaus Axel Springer Hamburg / Studium an der Akademie für Grafik, Druck und Werbung in West-Berlin / Programme Assistant bei der BBC London. Lehrtätigkeit seit 1986 u. a. Universität der Künste Berlin/ Deutsches Literaturinstitut Leipzig/ Grinnell College Of Liberal Arts Iowa. Seit 2oo4 Professur an der Filmuniversität Babelsberg. Zahlreiche Auszeichnungen, u.a. Deutscher Filmpreis für den Dokumentarfilm Berliner Stadtbahnbilder/ Deutscher Drehbuchpreis / Adolf-Grimme-Preis / Hörspielpreis der Kriegsblinden/ Kodak-Fotobuchpreis

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