Joseph Croitoru erhellt die islamistische Geschichte der Hamas

Flyer der Tagung (Screenshot: Heinrich Böll Stiftung Hessen)

Mit einem brutalen Überfall auf rund ein Dutzend israelische Militärbasen, fast dreißig (Dorf) Gemeinden und ein Rockfestival mit über viertausend Besuchern in der Wüste Negev hat die Hamas am 7.Oktober 2023 die Schlagzeilen der Welt erobert. Über 2500 schwer bewaffnete Terroristen durchbrachen an einem jüdischen Feiertag den vermeintlich unüberwindbaren Grenzzaun zwischen Israel und dem Gazastreifen, töteten oder verbrannten über tausend Menschen und entführten über zweihundert Frauen, Kinder, Männer. Die Hamas übernahm für diese in der Geschichte Israels beispiellose Gewalttat ihrer Qassam-Brigaden die Verantwortung. Sie löste einen militärischen Gegenschlag Israels aus, der ebenso beispiellos ist. Wer aber ist die Hamas, der Israel als Vergeltung für das Massaker den Krieg bis zur Vernichtung erklärt hat?

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Ein Besuch im Meinungskeller kritischer Kritiker

Bild: johnhain auf Pixabay

Es ist 238 Jahre her, seit Matthias Claudius seinen Urian auf eine Weltreise schickte und dichtete:
Wenn jemand eine Reise tut
so kann er was erzählen,
drum nehm ich meinen Stock und Hut
und tät das Reisen wählen
“.
Das ist heute völlig anders. Der Bundeskanzler reist nicht mit dem Stock in der Hand nach China, sondern er hält die Hände frei, um die Hände anderer Leute schütteln zu können. Und er berichtet nicht selber, sondern andere berichten. So zum Beispiel der grüne Europaabgeordnete Reinhold Bütikofer, der dem Deutschlandfunk erzählte, Olaf Scholz vertrete in China die Interessen der Großkonzerne, freilich nicht die des Mittelstands. Auch Oppositionsführer Friedrich Merz übte nach Auskunft des Deutschlandfunks Kritik.

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So aufgeklärt wie nötig, so fromm wie möglich oder – umgekehrt?

Bild: Couleur auf Pixabay

Der bürgerliche Staat1 hat ein Versäumnis gutzumachen. Die Erwartungen der Ankommenden, denen seine Existenz eine Perspektive für ihre eigene liefert, könnten ihn über dieses Versäumnis belehren. Sie denken, ja, was denken sie eigentlich? Dass er ein frommer Staat ist? Er ist aber kein frommer Staat. Er, der die unterschiedlichsten Glaubensrichtungen toleriert, hütet nicht das, was allen Glaubensrichtungen gemeinsam ist, das Fromme, und er verlangt es auch nicht. Er verlangt, dass man weniger glaubt. Weniger heißt, maßvoll, mit weniger Inbrunst. Steht über dem Eingang zur danteschen Hölle, „Lass alle Hoffnung fahren“, so sollte über dem Eingang zum Staat stehen: „Sei weniger gläubig!“ Höchst verwunderlich für die, die religiöser Verfolgung entkommen sind. Kamen sie nicht, um ohne Furcht gläubig zu sein? Sind sie etwa vom Regen in die Traufe gekommen?

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Wie sich Wertschätzung in “kontraproduktive Obsession” verwandelt

Kurz vor der deutschsprachigen Veröffentlichung seines neuen Buches „Im Zeitalter der Identität“ geriet der amerikanische Politikwissenschaftler Yascha Mounk in die Schlagzeilen. Eine US-Journalistin wirft ihm vor, sie vergewaltigt zu haben. Mounk bestreitet das, bis zum Beweis des Gegenteils gilt die Unschuldsvermutung. Doch der gravierende Vorwurf wirft einen Schatten auf den 1982 geborenen Autor, dem zuvor eine steile wissenschaftliche Karriere gelungen war.

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Informative Streitschrift über Intoleranz

Foto: Raimond Spekking auf wikimedia commons

Susanne Schröter, Professorin für Ethnologie und Direktorin des Forschungszentrums Globaler Islam an der Goethe-Universität Frankfurt, setzt sich seit vielen Jahren für eine differenzierten und realistischen Blick auf den Islam ein, warnt vor den Gefahren des Islamismus und kritisiert die Politik der Islamverbände, denen der Staat ihrer Meinung nach allzu oft auf den Leim gehe. Sie hat sich damit nicht nur Freunde gemacht. Linke Aktivisten sind immer wieder mit dem Vorwurf der „Islamophobie“ und des „antimuslimischen Rassismus“ zur Stelle und versuchen, Tagungen und öffentliche Diskussionsveranstaltungen zu stören, die Schröter mit ihrem Forschungszentrum veranstaltet.

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“Unsere Partner haben das besserwisserische, koloniale Gehabe der reichen Länder satt.”

Svenja Schulze (Foto: Frank Gaeth auf wikimedia commons)

Es war eine weite Reise, die Parteichef Lars Klingbeil Anfang März auf sich nahm. Und manchmal war es auch ein Ritt auf der Rasierklinge. Ob beim Parlamentspräsidenten in Namibias Hauptstadt Windhuk oder bei der resoluten südafrikanischen Außenministerin in Johannesburg – Klingbeil hatte eine Menge Fragen zu beantworten. „In aller Deutlichkeit“ und nicht nur einmal, wie er hinterher bekannte, sei ihm dabei der Hinweis auf die „double standards“ des Westens und damit auch der Bundesregierung begegnet. Es ist der gleiche Vorbehalt, dem sich auch Außenministerin Annalena Baerbock oder Entwicklungskollegin Svenja Schulze bei ihren Reisen ausgesetzt sehen, in Johannesburg genauso wie in Neu-Delhi, Brasilia, Bamako oder Dakar. Es ist der immer offensiver vorgetragene Hinweis der Länder des Südens, dass der reiche Norden, wenn es um Menschenrechte, Kriegsverbrechen, Demokratie und universelle Werte überhaupt geht, häufig mit zweierlei Maß messe.

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Hyperventilierende Konformität oder Wenn wir nichts tun, machen wir nichts falsch, aber auch nichts richtig

Konform (Bild: Clker-Free-Vector-Image auf Pixabay)

Rolf Mützenich gebührt Anerkennung, die Frage aufgeworfen zu haben, ob nicht parallel zur entschlossenen Waffenhilfe an die Ukraine auch über Wege zum Einfrieren des Krieges und zu einen Waffenstillstand diskutiert werden sollte. Er ist allerdings eine Antwort schuldig geblieben, wie denn dies angesichts von Putins Entschlossenheit und Rücksichtslosigkeit gelingen soll. Rolf Mützenich, seit zwei Jahren bevorzugtes Ziel verletzender Kritik, war dafür erneut einen Sturm der Entrüstung, Beschimpfung und Beleidigung ausgesetzt.

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Die Rolle großer, schrecklicher Menschen, genauer: Männer, wird vernachlässigt

 Zeitungsleser:innen nach der Urteilsverkündung der Nürnberger Prozesse, 1. Oktober 1945 (Foto: Unbekannt auf wikimedia commons)

Die Jahre nach dem Ende des 2. Weltkriegs sind für Antworten auf die Fragen nach Krieg und Frieden die wichtigsten. Halb Europa war von Deutschen zerstört. Die Juden in Europa nahezu vernichtet. Polen ein Trümmerhaufen. Die Nazis hatten die polnische Nation auszurotten versucht. Abermillionen auf der Flucht. In dieser Zeit wurden während der Nürnberger Prozesse weitreichende Festlegungen getroffen: Verbrechen gegen die Menschlichkeit definiert und in Anklagen formuliert. Es wurden Verbrecher verurteilt, die sich gegen die Menschheit insgesamt vergangen hatten.

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Flugkörper marsch?

Offizieller Bildtitel: “Krim-Brücke nach der Explosion 2022”
(Foto: “Abteilung für Information und Pressedienst des Präsidenten der Republik Krim” auf wikimedia commons)

Eine hitzige Debatte gilt der Frage, ob die Ukraine Marschflugkörper aus dem Bestand der Bundeswehr erhalten soll. Es handelt sich nicht einfach um eine Neuauflage der Streitigkeiten, die um die Lieferungen der Haubitze 2000 oder des Leopard-Panzers ausgetragen wurden, obwohl die Kontrahenten und ihre Argumente die gleichen geblieben sind. Bisher konnten die Befürworter des Konzepts “Frieden schaffen mit mehr Waffen” (Michael Roth, SPD) nämlich darauf vertrauen, dass sie sich letztlich durchsetzen würden, wenn auch “zu spät” und “ohne ausreichende Munition”, wie Kiew nie zu mahnen vergaß. Diesmal scheint es anders zu sein. Der Bundeskanzler hat sich festgelegt. Er will den Taurus nicht hergeben.

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Dialogischer Stil, dogmatischer Inhalt

Screenshot: youtube

Als Alt-Grüner habe ich lange mit den Auftritten vieler Grünen-Politiker:innen gehadert. Niemand hat mich daher so für sich eingenommen wie Robert Habeck. Er formuliert Dilemmata, geht auf Gegenpositionen zumeist sogar freundlich ein, demonstriert Bescheidenheit und zeigt Verletzlichkeit. Vom äußeren Ton her wirkt auch seine Osteransprache 2024 so. Aber während er sonst ehrlich auf die eigentlichen Fragen und Spannungsverhältnisse kommt, übertüncht er hier die eigentlichen Fragen, betoniert Dogmen und vermeidet die Frage nach dem Ausgang des Ukraine-Krieges.

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Brandmauer oder Brandbeschleuniger? Der Entwurf des neuen CDU-Grundsatzprogramms. Teil 3: Radikal rechts

© Kostas Koufogiorgos

Die „deutsche Leitkultur“ feiert im CDU-Programmentwurf ein Fest. Der von Deutschland geforderte „Mut zu seiner Leitkultur“ ist nicht nur sprachlich eine merkwürdige Konstruktion, sondern auch inhaltlich unbestimmt und manipulativ zu nutzen. Ausdrücklich wird festgestellt, anders als im Grundsatzprogramm 2007, dass Leitkultur weit mehr umfasst als das Grundgesetz. Das „Mehr“ ist nebulös beschrieben als „das gemeinsame Bewusstsein von Heimat und Zugehörigkeit, das durch Gesetze nicht erzwungen werden kann, aber eine unverzichtbare Voraussetzung für Zusammenhalt“ sei. Dieses Mehr verlangt auch „Verständnis für Tradition und Bräuche, des ehrenamtlichen Engagements und Vereinslebens, der deutschen Kultur und Sprache sowie unserer Geschichte“. Es sind gefährlich schwammige Formulierungen, die Tür und Tor für Abgrenzung und Ausgrenzung öffnen, statt zu Willkommenskultur und Integration.

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Brandmauer oder Brandbeschleuniger? Der Entwurf des neuen CDU-Grundsatzprogramms. Teil 2: Gewohnt konservativ

Auch andere sagen “Ja zu Deutschland” (Screenshot AfD Kreisverband Wittenberg)

Eine knappe und pauschale Problembeschreibung steht am Beginn des CDU-Programmentwurfs. Den Problemen wird von Anfang an das stolze „Ja zu Deutschland“ (S. 6, Z. 168f.)1 entgegengestellt: „Wir sind stolz auf Deutschland. Deutschland ist unsre Heimat, die uns Zugehörigkeit und Orientierung, Vertrautheit und Geborgenheit gibt. Wir sind stolz auf unser vielfältiges kulturelles Erbe, die abwechs-lungsreiche Natur- und Kulturlandschaft, das lebendige Brauchtum.“ (S. 31, Z. 896 ff.) Heimat und Patriotismus, Kultur und Geborgenheit sind die Schlüsselwörter, sind Selbstverständnis und politisches Programm. Bemerkenswert ist, dass in den konkreten Politikbereichen offenkundige wirkliche Probleme nicht erwähnt und beschrieben sind. Die Aussagen und Forderungen des Entwurfs lassen auf eigenartige Weise offen, ob die so gezeichnete schöne Welt Zielvorstellung oder Realitätsbeschreibung ist, so dass man sich je nach Opportunität entscheiden kann.

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Brandmauer oder Brandbeschleuniger? Der Entwurf des neuen CDU-Grundsatzprogramms. Teil 1: Vorläufer

Bild, 1947: CDU auf wikimedia commons

Die CDU steht im Wahljahr 2024 – mit der Europawahl und drei Landtagswahlen in ostdeutschen Bundesländern – besser da als konservative Parteien in vielen anderen Ländern Europas. Dort ist die rechte Mitte in sich zerstritten oder unter dem Ansturm rechtsradikaler, autoritärer und populistischer Parteien marginalisiert. Aber erstmals sehen sich auch in Deutschland die Unionsparteien von einer rechtsextremen und populistischen Partei herausgefordert, die lokal und regional nicht auf einen einmaligen Wahlerfolg begrenzt ist. In dieser Situation bereitet die CDU seit 2018, angestoßen von der damaligen Vorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer, ein neues Grundsatzprogramm vor. Die Frage ist, ob die CDU mit dem erkennbar konservativ zugespitzten Profil als demokratische Bastion gegen den Wählerzustrom zum autoritären Rechtspopulismus fungieren kann oder ob sie mit Aussagen des Programms die Drift nach Rechtsextrem befördert bzw. verbreitert.

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„Grim-Grom“ und die schwer erträglichen Hängepartien

Bild: Russische Post auf wikimedia commons

Vielleicht sitzt Wladimir Wladimirowitsch heute im Kreis seiner Getreuen, reibt sich die Hände, sagt in die Runde: Gut gemacht. Die Deutschen streiten sich. Er lässt die Füßchen vor lauter Freude ein wenig baumeln. Denn er hat die Schuhe abgestreift, die mit den high Heels für Männer, so dass er mit seinen 163 Zentimetern den Boden nicht mehr erreichen kann. Sogar die Profs kritisieren nun den Olaf, sagt er in die Runde. Professoren, fragt jemand? Ja, Professoren, antwortet Wladimir, hast Du das nicht mitbekommen? Er schüttelt den Kopf. Ein Glück, dass die bei uns nichts zu sagen haben, was? Man reicht ihm den Ausriss aus einem deutschen Blog, in welchem zu lesen ist: „Der Afghanistan-Moment in der westlichen Unterstützung der Ukraine ist erreicht.“ Man nickt in die Runde. Ja, ja. Dann werden wir unsere Ziele wohl erreichen, sickert als Botschaft in die Köpfe der Männerrunde.

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„The Zone of Interest“: Verschobene Maßstäbe

Christian Friedel (Rudolf Höß) und Sandra Hüller (Hedwig Höß)
(Foto: Raph_PH auf wikimedia commons)

„Interessengebiet“, so hieß die Sperrzone der SS rings um das Konzentrationslager Auschwitz, heute die Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau. „The Zone of Interest“ heißt sprachdistanziert der Film, der, mit Preisen und cineastischem Lob überschüttet, zum intellektuellen Kultfilm über den Holocaust, die planvolle Vernichtung des europäischen Judentums, gemacht werden könnte und von Teilen der Filmkritik bereits gemacht wird. Vom Sound (ausgezeichnet mit einem Oscar) bis zur Bildästhetik der knallroten Dahlie aus dem Prachtgarten der Hedwig Höß an der KZ-Mauer reicht die Begeisterung: Sekundenlang verwandelt sich die Blume der „Königin von Auschwitz“ (so Kommandant Rudolf Höß über seine Gattin) und färbt die Leinwand blutrot. Die Millionen Toten, die Vergasten, die Verscharrten, die Ausgebeuteten bleiben unsichtbar und ungenannt: In den über anderthalb Stunden fällt das Wort „Jude“ ein einziges Mal bei einer Lagebesprechung in Oranienburg. Das Verbrechen gegen die Menschheit findet statt, hinter der Mauer, die Hedwig Höß mit Wein beranken möchte.

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