Gefängnisträume von Palästina

Auf der Buchmesse in Frankfurt wusste der französische Verlag Gallimard noch nicht, dass sein Autor Nasser Abu Srour nach 32 Jahren in israelischer Haft freigelassen und nach Ägypten abgeschoben worden war. Inzwischen bestätigte die ägyptische Nachrichtenagentur Mena, dass sich der 56jährige Abu Srour zusammen mit 154 Palästinensern seit dem 15. Oktober in einem streng bewachten Hotel in Kairo aufhält. Ein kurzes Video im Netz zeigt ihn umringt von seinen Geschwistern: ein schmaler Mann mit Bart, zu erkennen an den dicht geschwungenen Augenbrauen. Wer ist dieser Mann, der im Januar 1993 wegen angeblicher Komplizenschaft an einem Mord an einem Israeli zu lebenslanger Haft verurteilt worden war und der in der Haft ein Buch geschrieben hat, das auf verschlungenen Wegen einen arabischen Verlag erreichte, dann vor einem Jahr bei Penguin auf Englisch als „Die Geschichte einer Mauer“ und im Frühjahr dieses Jahres bei Gallimard unter dem philosophisch-verschlüsselten Titel „Je suis ma liberté“ erschienen ist?

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Im Zweifel sogar für Sahra Wagenknecht

Wenn die Maske der Politikerin Sahra Wagenknecht — im Sessel neben Markus Lanz sitzend, kerzengerade, kerzengerader, am kerzengeradesten — noch einmal an Vollkommenheit gewinnt, und die Politikerin ihre Sprechapparatin (Formulierung allein zu Ehren der wokehassenden SW) anwirft: ich verurteile den Krieg von Putin, aber …, natürlich ist Putin ein Diktator, aber auch bei uns …, ja, die Ukraine leidet, aber sie haben auch so viele Faschos dort und so weiter, dann ahne ich, welch` ein Genuss es wäre, würde sie, gefühlt, nicht in jede, nur in jede zehnte Talkrunde eingeladen. Mir ist bewusst: Diese Erleichterung ist letztlich verwerflich, allerdings doch zulässig.

Das Folgende jedoch ist unzulässig: Ihrer Partei fehlen etwa 9.500 Stimmen, um in den Bundestag einzuziehen. Es gibt Vermutungen, dass es ganz anders sein könnte. Trotzdem gibt es immer noch keine bundesweite Neuauszählung. Und „unsere“ parlamentarischen Gremien in Berlin tun gerade so, als könnten sie sich eine solche fahrlässige Unterlassung auch noch leisten. Die beiden renommierten Politikwissenschaftler Eckhard Jesse und Uwe Wagschal kritisierten in der FAZ den hochproblematischen Stand der Dinge.
Hauchdünne 0,019 Prozentpunkte mehr bei der vergangenen Bundestagswahl und die SW-Truppe säße im Bundestag, und es gäbe diese Regierung nicht, denn schwarz-rot hätte keine Mehrheit. Nach dem vorläufigen Wahlergebnis in der Wahlnacht fehlten dem BSW gut 13.000, nach dem endgültigen Ergebnis nur noch 9.529 Stimmen. Es stellte sich heraus: WählerInnen verwechselten beispielsweise nicht selten das rechtskonservative Bündnis Deutschland (BD) mit dem BSW; diese Kleinstpartei mit dem Kürzel BD stand auf dem Wahlzettel auch noch direkt vor dem BSW. Zudem wurden BSW-Stimmen ursprünglich als ungültig gewertet. Das BSW reichte Mitte März beim Bundesverfassungsgericht Organklage ein — mit dem Ziel der bundesweiten Neuauszählung. Dieses verwies auf den gemächlichen Gang der Dinge: Zuerst prüfe der Wahlprüfungsausschuss des Deutschen Bundestages, und erst wenn der alle Einsprüche verworfen habe, könne die Organklage überhaupt zugelassen werden. Die Berliner Oberdemokraten lassen sich jedoch arrogant viel Zeit: Der neunköpfige Wahlprüfungsausschuss des Parlaments tagte Ende Juni, also drei Monate nach der Konstituierung des neuen Bundestages, zum ersten Mal. Um festzustellen: Es gäbe ja wahnsinnig viele Einsprüche, auch noch welche gegen die letzte Europawahl. Das werde wohl dauern. Die beiden Wissenschaftler Jesse und Wagschal ziehen den Schluss: „Eine bundesweite Neuauszählung ist angesichts des knappen Ausgangs und vieler Ungereimtheiten nicht nur sinnvoll, sondern auch dringend geboten.“ Es gehe „um das Vertrauen in den demokratischen Verfassungsstaat“. Recht haben sie.

Das schiefe Bild der Medien-Abbildungen

Zwei markante Verschiebungen des Wahlverhaltens registriert der Kölner Soziologe Ansgar Hudde bei der Bundestagswahl 2025: „Vor allem unter jungen Leuten und hier besonders bei den Frauen, weg von den Grünen hin zur Linkspartei“ und „als Orte, in denen die AfD sehr schwach ist, sind fast nur noch die zentrumsnahen Gebiete von Groß- und Universitätsstädten übrig“. Im Interview mit Thomas Gesterkamp weist Hudde darauf hin, dass die typischen Medien-Abbildungen der Wahlergebnisse die politische Vielfalt Deutschlands verdecken und ein schiefes Bild vermitteln. „Die politischen Blasen sind in der Minderheit.“

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Marine Le Pen feiert ihren Überraschungserfolg

Am Tag danach herrschten im Palais Bourbon, dem Sitz der französischen Nationalversammlung, Katzenjammer auf der einen Seite, Triumphgeheul auf der anderen Seite: Der rechtsextreme Rassemblement National (RN) hatte mit 185 zu 184 Stimmen eine Resolution durchgebracht, die das mehr als angespannte Verhältnis zwischen Frankreich und Algerien weiter belastet. In der Resolution wird die Kündigung des französisch-algerischen Abkommens vom 27. Dezember 1968 gefordert. Das Abkommen enthält großzügigere Sonderregelungen für Algerier und ihre Familien bei der Einreise, der Beschäftigung und der Aufenthaltsdauer. Die Rechtsextremen nutzten an diesem 30. Oktober das Recht der „niche parlementaire“ und bestimmten die Tagesordnung im Parlament. Vor dem halbleeren Parlament präsentierten sie die Resolution und genossen den Triumph. Denn gegen dieses „veraltete Relikt“ wetterte nicht nur der antiarabische Bruno Retailleau von den rechten Republikanern und bis vor kurzem Innenminister. Auch der ehemalige Republikaner und Bürgermeister von Le Havre, Edouard Philippe, einst Premierminister unter Emmanuel Macron und Kandidat von Horizons für die Präsidentschaftswahlen 2027, verlangte bereits vor zwei Jahren im Parlament eine Kündigung: Die Resolution im Dezember 2023 wurde mit 151 gegen 114 Stimmen abgelehnt.
Nun ist der „cordon sanitaire“, wie in Frankreich die Brandmauer zu den Rechtsextremen genannt wird, gerissen: Die Abgeordneten von Horizons und den Republikanern stimmten mit dem RN: Von den 577 Abgeordneten glänzten 200 durch Abwesenheit, darunter Gabriel Attal, der Fraktionsvorsitzende der Macronisten. Auch auf der Linken fehlten die Parlamentarier. Und am Tag danach: Aus der rechten Mitte kommen kleinlaute Töne: Man habe die Wirkungen unterschätzt, heißt es bei Horizons. Aus dem Elysee Palast dringt Verärgerung über diese unerwünschte Einmischung des Parlaments in die Diplomatie und die Außenpolitik. Und in Algerien überschlägt sich die Entrüstung und heizt die antifranzösische Stimmung weiter an. Marine Le Pen feiert ihren Überraschungserfolg.

Regieren mit Wortfetzen

Regierungskunst à la Friedrich Merz
(Bild: KI generiert)

Was Klaus Vater für „grunddämlich“ hält, könnte sich als verblüffend erfolgreicher Schachzug des deutschen Bundeskanzlers erweisen. Eben weil sein Satz so einfach vage vielsagend blieb, erntete er mit geringstem Aufwand eine inzwischen bald wochenlange Debatte, zahlreiche Demonstrationen, eine Koalitionskrise, jede Menge offener Briefe, zahlreiche Auftrittsmöglichkeiten für Frau Neubauer („umfassend rassistisch“) und nicht zuletzt vermutlich auch noch — auf Anregung der SPD — einen Stadtbild-Gipfel mit vermutlich einem sich anschließenden Klingbeil-Triplewummsbumms. Für einen ehemaligen Blackrock-Manager, in Effizienzfragen besonders achtsam, echt klasse — wie bringe ich mit einem Satz zig Millionen in Wallung, ob freudige oder aggressive, was soll‘s?

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Deepfake-Spuk: Wenn der Horror dein Gesicht hat

Der Grusel 2025 trägt kein Laken und hat keine Fratze – er trägt unser eigenes Gesicht.
Die Gespenster der Gegenwart sind künstliche Stimmen, perfekte Kopien, digitale Schattenwesen. Deepfakes sind längst kein Tech-Gimmick mehr, sondern Symptom einer Welt, in der Täuschung Standardfunktion geworden ist. Ein gefälschtes Video genügt, um Existenzen zu zerstören. Eine synthetische Stimme reicht, um Vertrauen zu vernichten. Im Halloween-Special dreht sich alles um Deepfakes, KI-Manipulationen und den Punkt, an dem Realitäten nur noch flimmern.

Geschrieben und gesprochen von Joe Kerr

Ein Staat, der sich überfordert, enttäuscht alle

Bild: geralt auf Pixabay

Was tun gegen Populismus? Was tun gegen die AfD? Kaum eine Frage beschäftigt Politiker von SPD, CDU und anderen etablierten Parteien mehr. Und bei kaum einer Frage ist man dennoch so ratlos. Die bisherigen Strategien jedenfalls sind offenkundig gescheitert. Vielleicht bringt es mehr, wenn die Politik sich darauf besinnt, zunächst einmal dafür zu sorgen, dass der Staat auf allen seinen Ebenen funktioniert, dass Sozialmissbrauch nicht nur beklagt, sondern entschieden bekämpft wird, dass Brücken nicht einstürzen oder gesperrt werden müssen, dass Züge und Busse pünktlich fahren, die Kinderbetreuung funktioniert, die Schulen in Schuss sind und dass die Verwaltung funktioniert.

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Sister Act: Goldenstein – drei Nonnen und der Heilige Ungehorsam

Drei Nonnen, zusammen 255 Jahre alt, fliehen aus dem kirchlichen Pflegeheim, besetzen ihr altes Kloster, klagen gegen ihren Orden und zeigen sich im Internet beim Beten, Putzen, Boxen und Geburtstag feiern. Reportagen in Massenmedien, sich überschlagende Kommentare auf Plattformen und die katholische Kirche, bockig und peinlich, garantieren Aufmerksamkeit und Aufregung. Irgendwo zwischen Instagram-Storys, Andacht und Anklageschrift weht ein Hauch von Hollywood durch das alte Gemäuer: Sister Act lässt grüßen.

Geschrieben und gesprochen von Joe Kerr

Fiel der Herr Bundeskanzler der Physik zum Opfer?

Wie soll Mensch, liebe Leserin, lieber Leser mit der – meiner Ansicht nach – grunddämlichen Stadtbild-Behauptung des Herrn Bundeskanzlers umgehen. Ignorieren? Schwierig. Schließlich ist er Regierungschef und Parteivorsitzender, er hat also was zu sagen hierzulande. Ich lebe in einem Stadtteil mit rund 25 000 Menschen, die einen „Zuwanderungshintergrund“ aufweisen. Das sind um die 34 Prozent der Gesamtbevölkerung. So lese ich das in der städtischen Statistik: Zuwanderungshintergrund. Es ist eine der heute umgehenden Wortschöpfungen aus dem Kreißsaal bürokratischer Wortgeburten.  In der TAZ kam am 5. Mai 2011 ein junger Mann namens Samir aus meinem Stadtteil zu Wort. Er sagte dem Blatt damals: „Sind doch alles Pisser hier.“ Wen er damit genau meine, fragte die TAZ zurück. Antwort: „Alle!“

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„Herr Höcke will uns einfach zeigen, wie Deutschland aussieht, wenn er uns führt!“

Foto: Steffen Prößdorf auf wikimedia commons

Frederik Schindler, Politikredakteur der Tageszeitung »DIE WELT«, hat über Jahre hinweg mit Björn Höckes Weggefährten, Vertrauten, Kritikern und ihm selbst gesprochen, Reden analysiert und Netzwerke offengelegt – und darüber ein Buch geschrieben. Er schildert, wie Höcke wurde, was er ist, wie sein Denken und seine Propaganda funktionieren, und wie er dazu beitrug, die AfD zu dem zu machen, was sie heute überwiegend ist: rechtsextrem.

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Ein Lackmus-Test für die demokratische und soziale Stabilität der Unionsparteien

Wandzeitung 1988 (Website Helmut Kohl)

Auch wenn immer wieder neue Streitpunkte der schwarz-roten Regierung die öffentliche Aufmerksamkeit vorübergehend fesseln, in seinem Zentrum hat der „Herbst der Reformen“ eine neue, sehr alte Debatte über die Leistungen und Kosten des Sozialstaates. Sie wurde im Bundestagswahlkampf schon angekündigt, im Koalitionsvertrag ausformuliert und läuft jetzt seit den Debatten über die Bundeshaushalte 2025 und 2026 sowie den Reden und Interviews rund um den 3. Oktober auf Hochtouren. Mit der Aussage von Friedrich Merz in der Haushaltsdebatte; „Der Sozialstaat, wie wir in heute haben, ist mit dem, was wir volkswirtschaftlich leisten, nicht mehr finanzierbar“1, ist der Ton verschärft und pauschal in Richtung Leitungskürzung gelenkt worden. Bärbel Baas hat die Aussagen von Merz zunächst pauschal als „Bullshit“ abgekanzelt2.

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Abgekanzelt

Verwunderlich wäre es nicht, wenn sich nun wieder SPD-Mitglieder zu Wort melden würden, die einen Rauswurf des früheren Kanzlers und SPD-Vorsitzenden Gerhard Schröder aus seiner Partei verlangen. Aus seiner und ihrer. Hatte er doch dem Untersuchungsausschuss des Landtags von Mecklenburg-Vorpommern jetzt erklärt, was die polnische Regierung in Warschau damals zum Projekt  North Stream 2 gesagt habe, das habe ihn nicht interessiert. Wörtlich gab ein offensichtlich übellauniger 81-Jähriger von sich: „Was die polnische Regierung für Einwände hatte, das interessierte mich nicht.“ Er ergänzte: „Natürlich sind wir durch die Ostsee gegangen, weil wir keine Interventionen eines anderen Landes wollten“ und „um störungsfrei an russisches Gas zu kommen.“

Eine Initiative gegen die andauernde Mitgliedschaft Gerhard Schröders in der SPD fände nach dieser Äußerung eine neue Begründung. Denn im gültigen Hamburger Grundsatzprogramm der SPD ist zu lesen: „Die deutsch-französische Freundschaft und Zusammenarbeit war und bleibt nicht nur Motor der europäischen Einigung, sie hat und behält ihren Eigenwert. In gleicher Weise wollen wir auch die Beziehungen zu Polen weiterentwickeln.“
Freundschaft und Zusammenarbeit mit Polen soll nach dem politischen Willen der Sozialdemokratie einen „Eigenwert“ erhalten, der dem Eigenwert der französisch-deutschen Bindung entspricht. Die schnöde Art, in welcher polnische Einwände, sprich: Interessen abgekanzelt wurden, ist damit nicht vereinbar. Auch heute ist diese schnöde Art keine Kleinigkeit. Anfang 2025 begründete die noch amtierende Bundesregierung ihre Weigerung, North Stream 2-Akten auf Forderung der Bild-Zeitung zu veröffentlichen mit dem Argument der „nachteiligen Auswirkungen auf internationale Beziehungen“ und damit, dass die „Stellung … der Bundesrepublik in der internationalen Gemeinschaft negativ beeinträchtigt“ werden könnte.
Die Sorge hat sich jetzt wenigstens teilweise erledigt: Den Job hat ein Ex-Kanzler erledigt. Fortsetzung folgt – wollen wir wetten?

Bildung, beste Waffe gegen Autokraten, Patriarchen und Populisten

Revolutionärin, Frauenrechtlerin, Schriftstellerin und Verfasserin der „Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin“ von 1791, darin Artikel 10: „Die Frau hat das Recht, das Schafott zu besteigen. Gleichermaßen muss ihr das Recht zugestanden werden, eine Rednertribüne zu besteigen.“ (Foto: Kucharsky auf wikimedia commons)

Bereits der Titel „Vergesst Kant!“ ist eine Provokation. Tina Hartmann, Professorin für Literaturwissenschaft, Autorin und Librettistin, rät, den Titel symbolisch zu verstehen. Das ist ganz und gar nicht als Entwarnung gemeint, denn das Symbolische hat es in sich. Im Gegensatz zu naturwissenschaftlichen und technischen Höhenflügen scheint die Weltgesellschaft im praktischen und sozialen Leben in einem Bedeutungsnetz verfangen, gewebt aus zutiefst vormodernen unaufgeklärten Bedeutungsfäden. Dazu zählen die gewalttätige Unterdrückung von Frauen und Mädchen, die Feindseligkeit gegenüber Fremden, die Lust an Krieg und Terror und eine Heldenverehrung, die keine Heldinnen kennt.

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Das Übel wird nicht besser, wenn Frauen daran Anteil haben

Foto: IPPA-Fotograf auf wikimedia commons

Ab 2027 werden junge Männer wieder verpflichtend “gemustert”, die Bundeswehr soll auf 260.000 aktive Soldaten (und zusätzlich 200.000 Reservisten) aufgestockt werden. Wenn das nicht auf freiwilliger Basis klappt, droht Zwang, die Wiedereinsetzung der Wehrpflicht. Der Berliner Rechtsanwalt Udo Grönheit hat Jahrzehnte lang Mandanten vertreten, die sich in der einstigen Mauerstadt dem Dienst mit der Waffe entzogen. „Wenn weibliche Emanzipation bedeuten soll, dass Frauen sich an dem männlich geprägten Verhalten der „Konfliktbewältigung“ mit Gewalt beteiligen können, stößt das auf meine entschiedene Ablehnung“, sagt er im Interview mit Thomas Gesterkamp.

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Genügen die drei Trumpfkarten des Sébastien Lecornu?

Sébastien Lecornu (Foto: US-Verteidigungsministerium auf wikimedia commons)

„Ras le bol“. Das klingt wie ein Sturm der Entrüstung, der in diesen Tagen über Frankreich hinwegzieht und die Paläste in Paris vom Elysée Palast des Staatspräsidenten Emmanuel Macron bis zum Palais Bourbon der Nationalversammlung erschüttert. Doch niemand geht zwischen Le Havre und Marseille auf die Straße, weder die stets streikbereiten Staatsbediensteten der Bahn noch die Arbeitgeber, die am 13. Oktober mit einer großen „Manifestation“ gegen jede Form einer Reichensteuer mobilisieren wollten. „Ras le bol“, das Wort fällt, wenn Französinnen und Franzosen nichts mehr einfällt. Und sie „die Nase voll haben“, sie ihrem Überdruss an „denen da oben“ und überhaupt Luft machen, aber nicht einmal mehr Lust zum lautstarken Protest und Streik haben.

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