
Das grenzt an eine Revolution in Frankreich: 400 Köchinnen und Köche der Spitzengastronomie gehen gegen ein Gesetz auf die Barrikaden, das die mächtige Lobby der Agrarindustrie auf abenteuerliche Weise durch den Senat und die Nationalversammlung gedrückt hat. Das Gesetz trägt den Namen des konservativen Senators Laurent Duplomb und es erfüllt die Wünsche des Bauernverbandes FSNEA nach riesigen Wasserbecken zum Berieseln der Maisfelder und Lockerungen im Umweltschutz: Zwei seit sieben Jahren zur „Erholung von Biodiversität, Natur und Landschaft“ verbotene Pestizide sollen wieder auf Rübenpflanzen wie Kirsch-, Apfel-und Haselnussbäume gesprüht werden dürfen (Acetamiprid und Flupyradifurone), obwohl sie für Bienen, Bestäuber und die menschliche Gesundheit gefährlich sind.
Das treibt die Gastronomen um: „Wir machen unser Metier, um zu ernähren, nicht um zu vergiften“, klagen sie in einem Aufruf an, den Le Monde veröffentlichte. Als direkte Partner wüssten sie sehr wohl, unter welchem Druck die französischen Landwirte stünden, immer mehr zu immer niedrigeren Preisen zu produzieren. Das Gesetz Duplomb aber sei die falsche Antwort auf die Probleme. Sie fordern, das Gesetz zurückzuziehen und ein Moratorium, um einen Plan für eine umweltgerechte Landwirtschaft und Ernährung zu entwickeln.
Die Spitzengastronomen sind mit ihrem Appell nicht allein: Zwei Tage nach der Verabschiedung des Gesetzes im Parlament am 8. Juli startete die 23jährige Studentin Eléonore Pattery eine in der Verfassung vorgesehene Petition gegen diesen „wissenschaftlichen, ethischen, ökologischen und gesundheitlichen Fehltritt“. Und löste eine ungeahnte Protestwelle aus: Bis zum 29. Juli unterschrieben 2, 047438 Millionen Französinnen und Franzosen. Damit muss sich das Parlament erneut mit diesem Gesetz befassen. Ohnehin liegen Dutzende von Beschwerden beim Verfassungsrat, denn dieses Gesetz des Lobbyisten Duplomb wurde vom Senat ins Parlament eingebracht, dort aber nicht beraten, sondern mit den Stimmen der Konservativen und Rechtsextremen in einen Vermittlungsausschuss mit konservativer Mehrheit geschoben und verabschiedet. Und jetzt: Spitzenköche gegen Bauernverband, zwei Millionen gegen die Agrarlobby. Allons enfants de la patrie…