Sargnägel für die UN-Charta

Seit Anfang September hat die US-Luftwaffe auf Anordnung von Präsident Trump bei bislang bekannt gewordenen 21 Angriffen auf Boote in der Karibik und im Ostpazifik mindestens 83 Menschen ermordet, weil diese Boote angeblich Drogen aus Venezuela transportierten und damit die „ nationale Sicherheit der USA gefährdeten“. Für die behaupteten Drogentransporte legte die Trump-Administration bis heute keinen einzigen Beweis vor. Doch selbst mit derartigen Beweisen wären diese Luftangriffe ein Kriegsverbrechen und ein schwerwiegender Verstoß gegen das Völkerrecht.

Das gilt nicht nur für die von US-Medien aufgedeckte Ermordung zweier offensichtlich schiffbrüchiger Männer durch ein zweites Bombardement auf ihr bereits weitgehend zerstörtes Boot. Ein Vorgang, der in Washington jetzt endlich längst überfällige Kritik am Vorgehen der Trump-Administration gegen Venezuela ausgelöst hat. Die Völkerrechtswidrigkeit gilt genauso für alle anderen 20 Angriffe der US-Lufwaffe. Denn nach dem Völkerrecht darf ein Land nur innerhalb seiner zwölf Seemeilen breiten Hoheitsgewässer eigenmächtig gegen verdächtige Boote und Schiffe vorgehen. Und das zunächst auch nur durch das Aufbringen und die Durchsuchung dieser Boote/Schiffe sowie durch die Beschlagnahmung eventuell gefundener Drogen oder anderer illegaler Güter und dann auch durch die Festnahme der Besatzungsmitglieder. Nur bei Widerstand gegen solche Maßnahmen wäre der Einsatz militärischer Gewalt erlaubt.

Klare Verstöße gegen das Völkerrecht

In internationalen Gewässern außerhalb der 12-Meilenzonen sind derartige Maßnahmen vom Völkerrecht nur gedeckt, wenn der UNO-Sicherheitsrat die Mitgliedsstaaten ausdrücklich dazu ermächtigt. Um einen solchen Beschluss hat sich die Trump-Administration erst gar nicht bemüht. Auch die von Präsident Trump verkündete „Sperrung des Luftraumes“ über Venezuela, verbunden mit der Androhung von Gewalt durch den Einsatz der US-Luftwaffe zur Durchsetzung dieser Sperrung ist ein klarer Verstoß gegen das Völkerrecht. Dies alles gilt völlig unabhängig davon, ob die Regierung Maduro eine Demokratie, eine Autokratie oder eine Diktatur ist.

Plakat, auf dem die US Drogenbekämpfungsbehörde  15 Millionen Dollar für die Festnahme und/oder Verurteilung von Nicolás Maduro bietet (Bild, 2019: DEA auf wikimedia commons)

Das Vorgehen der Trump-Administration gegen Venezuela und gegen angebliche Drogentransporte ist ein weiterer Sargnagel für die UNO-Charta und andere in den letzten 80 Jahren universell vereinbarten Völkerrechtsbestimmungen. Am stärksten zur Schwächung und Zerstörung des Völkerrechts beigetragen haben die seit Ende des Kalten Krieges geführten illegalen Kriege westlicher Staaten gegen/in Serbien, Irak und Afghanistan sowie der seit fast vier Jahren anhaltende Krieg Rußlands gegen die Ukraine.

Präsident Trump war ursprünglich angetreten mit scharfer Kritik an den unter seinen Vorgängern Bush, Obama und Biden geführten Kriegen und mit dem Versprechen, die USA künftig aus Kriegen herauszuhalten.. Sollte Trump dieses Versprechen brechen und seine Androhung wahr machen, die bereits in der Karibik aufgefahrene Armada von US-Kriegsschiffen, Kampfflugzeugen und Raketen tatsächlich für militärische Schläge gegen Venezuela einsetzen, wäre er nicht nur Putins Kumpan im Geiste, als der er sich bereits erwiesen hat, sondern auch Kumpan in der völkerrechtswidrigen Tat des Angriffskrieges.

Andreas Zumach
Andreas Zumach ist Journalist und Autor. Von 1988 bis 2020 war er Schweiz- und UN-Korrespondent für die tageszeitung (taz) und andere Zeitungen mit Sitz in Genf. Er arbeitet als freier Korrespondent für deutsch- und englischsprachige Print- und Rundfunkmedien. 2021 erschien von ihm „Reform oder Blockade – welche Zukunft hat die UNO?“, Zürich: Rotpunkt.

1 Kommentar

  1. Ein völlig zutreffender Kommentar. Die UNO Charta ist nur noch Stückwerk in Händen derer, die Macht haben und Gewalt ausüben. Bitter stößt mir aber auch auf, dass wir diesen fundamentalen Anschlag auf Menschenrechte und Völkerrecht durch Putin als Europa und USA unter Biden entschiedener hätten bekämpfen müssen, um die Abwärtsspirale zu stoppen.

Schreibe einen Kommentar zu Klaus Lang Antwort abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert