Auch das noch! | Juli 2022

  • Vorsicht Schlachtenbummler!
  • Macht hat, wer warten (lassen) kann
  • Apokalypse de luxe
  • Duscholux, was für ein prophetischer Name
  • Fakeanrufe, Kuckuckszitate und andere Als obs

Vorsicht Schlachtenbummler!

Dass ein Ball eine weiße Linie überquert, ist jederzeit möglich. Ob es sich dabei um eine große Sache oder ein unbedeutendes Ereignis handelt, hängt, wie immer und überall, davon ab, welchen Sinn wir der Sache geben.
Heute, am Abend des 31. Juli 2022, ist es mal wieder soweit. 90.000 Leute, darunter zehntausende Schlachtenbummler, machen sich auf den Weg in ein Londoner Stadion, viele Millionen Menschen in ganz Europa und darüber hinaus setzen sich vor Bildschirme, um diesem Ereignis entgegen zu fiebern, dass ein Ball eine bestimmte weiße Linie überquert. Offenbar können Teilnehmer und Zuschauer der Sache einen tieferen Sinn abgewinnen.

Aber warum? Es ist schwer zu erklären, wie Sachen und Ereignisse zu ihrem Sinn kommen und weshalb sie so oft eine ganz unterschiedliche, nicht selten sogar gegensätzliche Bedeutung erhalten. Wie zum Beispiel heute im Wembley-Stadion: Überquert der Ball, kullernd, rollend oder fliegend, die weiße, 723 cm lange Torlinie , und fliegt er dabei nicht höher als 244 Zentimeter, dann führen die einen Freudentänze auf, während andere am Boden zerstört sind.

Können Sie sich manchmal auch des Gefühls nicht erwehren, von lauter Verrückten umgeben zu sein mit absonderlichen Vorstellungen und seltsamen Verhaltensweisen? Machen sie sich keine Illusionen, den anderen geht es mit Ihnen ganz genau so.

Nun macht es einen gewaltigen Unterschied, ob es um ein Spiel geht oder um das Leben. Kein Kreuzworträtsel fragt nach den Sinn des Lebens, weil niemand weiß, wie viele Buchstaben er hat. Douglas Adams karikierte die beständige Suche der Menschen nach dem Sinn des Seins und ließ die Frage „nach dem Leben, dem Universum und dem ganzen Rest“ von einem eigens dafür gebauten Computer namens „Deep Thought“ nach 7,5 Millionen Jahren Rechenzeit schlicht und einfach mit 42 beantworten.

Der Sinn des Spiels ist das Spielen. Alle, die mitmachen, machen freiwillig mit. Alle seine Regeln, alle seine Bedeutungen werden von Menschen gemacht. Ob sich der Ball zum Beispiel in vollem Umfang hinter der Außenlinie oder hinter der Torlinie befindet und wer ihn dabei zuletzt berührt, bedeutet jeweils etwas anderes. Die Außenlinie macht niemanden berühmt, die Torlinie zeugt Heldinnen und Helden. Deshalb ist der Posten zwischen Pfosten so anziehend und abschreckend zugleich.

Aber wenn der Sinn des Spiels das Spielen ist, muss bezweifelt werden, ob das Spektakel im Wembley-Stadion den Namen Spiel verdient. Denn ganz offensichtlich dreht sich alles um Sieg oder Niederlage. Das Spielen ist nur Mittel zum Zweck, Gewinner und Verlierer zu ermitteln.
Es ist ein Kampf, es gibt Angreifer und Verteidiger. Die Bezeichnung Schlachtenbummler erinnert daran, wie Armeen im 17. und 18. Jahrhundert von ihren Anhängern begleitet wurden, die den damals üblichen offenen Feldschlachten aus sicherer Entfernung zuschauten und Schlachtengesänge anstimmten.

Und trotzdem, auch wenn es nur das Mittel ist, der Eigensinn des Spiels macht sich geltend. Aus den Eigenarten des Spiels bezieht die ganze Vorführung in Wembley ihre Attraktivität. „Die Unsterblichkeit des Ballspiels beruht auf der freien Allbeweglichkeit des Balles, der gleichsam von sich aus das Überraschende tut”, belehrt uns der Philosoph Hans-Georg Gadamer. Kinderlieder wissen das schon lange: “Der verflixte Ball macht, was er will, und manchmal kommt es vor, da fliegt er einfach so ins Tor.”

In der Tat, die Quelle des Spielerlebnisses speist sich aus dem Umgang mit Unerwartetem, mit Überraschungen, aus dem Hoffen auf Gelingen und aus einem Verständnis des Scheiterns, das darin die Einladung zu einem neuen Spiel sieht. Weil sich der Eigensinn des Spiels allen äußeren Umständen zum Trotz durchsetzen wird, können sich alle Beteiligten auf das Match im Wembley-Stadion freuen. In seinem selbsternannten offiziellen Song der deutschen Nationalmannschaft singt es Ingo ohne Flamingo so: “Wir sind immer dabei, oh oh oh oh, ob wir gewinnen oder verlieren, scheiß egal, wir lieben dich!”


Macht hat, wer warten (lassen) kann

Was nervt Deutsche – wahrscheinlich nicht nur sie – im Alltag am meisten? Egal ob Jung oder Alt, Mann oder Frau, für die meisten sind Wartezeiten das größte Alltagsärgernis, sagt eine (nicht mehr ganz taufrische) Studie der Deutschen Gesellschaft für Konsumforschung. Ob an der Kasse, beim Arzt, an der Haltestelle oder in der Telefonschleife: „The waiting ist the hardest part“, sang der amerikanische Musiker Tom Petty treffend.

Zu jedem, der wartet, gehören andere, die warten lassen. Was machen diese anderen, während sie auf sich warten lassen? Ein aktuelles Beispiel: In Teheran hat der türkische Präsident den russischen Präsidenten warten lassen, nicht lange, gut 50 Sekunden, aber vor laufenden Kameras. Putin befand sich in der bekannten peinlichen Lage, die mit „bestellt und nicht abgeholt“ charakterisiert wird. Und was hat Erdogan in dieser knappen Minute gemacht? Ich behaupte, er hat sich genüsslich im Fernsehen angeschaut, wie Putin sichtlich verstimmt auf ihn wartet.

Andere warten zu lassen, sendet eine eindeutige Botschaft. Wenn nicht Pannen die Abläufe gestört haben, lautet sie: Ich habe gerade Wichtigeres zu tun, du bist noch nicht dran. Wer eine solche Demonstration nötig hat, leidet ganz offenkundig unter dem Eindruck, dass seine eigene Wichtigkeit unterschätzt wird. Da haben sich in Teheran die zwei richtigen getroffen.
Vor etwa zwei Jahren ließ Putin Erdogan warten, während das russische Staatsfernsehen in der Ecke des Bildschirms einen Timer einblendete, der die Sekunden zählte.

Putin muss sich sehr unterschätzt fühlen, denn in seinem Bedürfnis zu zeigen, dass er doch der Größte ist, greift er seit vielen Jahren zu diesem trivialem Machtmittel, wohlwissend, dass es von den Massenmedien mit Begeisterung aufgegriffen und breitgetreten wird.
So ließ er zum Beispiel den indischen Premier Modi eine Stunde, den damaligen israelischen Präsidenten Shimon Peres anderthalb Stunden warten. Aber das hat er locker getoppt. Der japanische Ex-Premierminister Shinzō Abe, der gerade einem Attentat zum Opfer fiel, wie auch die damalige ukrainische Präsidentin Julija Tymoschenko mussten drei Stunden auf den russischen Präsidenten warten.
Den Rekord hält ein Treffen in Mailand mit der ehemaligen deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel. Zum vereinbarten Zeitpunkt war Putin leider noch in Belgrad unabkömmlich. Die Verspätung hier: vier Stunden und fünfzehn Minuten. Es ging damals, 2014, übrigens um die Ukrainekrise.

Wer den Papst und die Queen warten lässt, muss nun wirklich der größte amtierende Herrscher seiner Zeit sein oder eben ein ganz besonderer Vollpfosten. Den Papst ließ Putin fünfzig Minuten warten, die Queen kam mit vierzehn Minuten vergleichsweise glimpflich davon.

Warten frustriert. Es produziert eine leere Gegenwart, die ihren Sinn allein aus dem gewinnt, was kommen wird. Aber immer ist Putins Spekulation aufgegangen, jedes Mal haben die anderen mitgespielt; immer waren sie zu höflich, um ihn einfach sitzen zu lassen. Auch die Botschaft, die davon ausgeht, spielt Putin in die Karten: Mich zu treffen und zu sprechen, bedeutet den Premierministern und der Bundeskanzlerin, dem Papst und der Queen offenbar so viel, dass sie seine Unverschämtheit in Kauf nehmen.

Aber jenseits dieser primitiven Machtspielchen hat das Warten schon an sich etwas Diabolisches. Es lässt uns im Unklaren darüber, ob wir zu lange warten oder ob wir nicht lange genug warten. Was bleibt? Abwarten und Tee trinken.


Apokalypse de luxe

Seit Jahrtausenden sagen Bibel, Propheten und Kassandras aller Art in regelmäßigen Abständen den nächsten Weltuntergang voraus. „Prepping“, abgeleitet vom Englischen to be prepared, sei heute so weit verbreitet wie selten zuvor, liest man im Internet. Die Prepping-Liste 2022 wird für den Fall des Katastrophenfalls auch gleich zum Download angeboten. Werkzeug, Wasser, Nahrungsmittel stehen an der Spitze.

Wenn es nicht mehr reicht, die Decke über den Kopf zu ziehen, um sich vor Monstern zu schützen, oder sich – ganz wie Indiana Jones – im Falle einer Nuklearexplosion in einem Kühlschrank zu verstecken, dann gibt es immer noch die etwas kostspieligere Alternative – Luxusbunker. Das Modell mit Zukunft scheint der Schutzbunker am Strand zu sein, am liebsten mit Swimmingpool, Poolbar und Aquarium.

„Secure your space in a Vivos underground shelter to survive virtually any catastrophe“. Und „any catastrophe“, für die man sich einen Bunkerplatz sichern soll, ist laut der Homepage des kalifornischen Bunkeranbieters Vivos tatsächlich ziemlich allumfassend: von einer Polverschiebung über Super-Vulkanausbrüche, Sonneneruptionen, Erdbeben, Tsunamis, Pandemien, Asteroideneinschläge, die erwarteten Auswirkungen von Planet X-Nibiru.
„Nibiru“ ist übrigens, basierend auf Verschwörungsphantasien, ein Planet, der sich auf Kollisionskurs mit der Erde befindet und diese bereits mehrmals auslöschen sollte, zuletzt 2017 – nur für den Fall, dass Sie auch keine Ahnung hatten, was das sein soll.

„Any catastrophe“ sind auch von Menschen verursachte Gefahren wie Nuklearexplosionen, Reaktorschmelzen, biologische oder chemische Katastrophen, EMP-Stromausfälle, Terrorismus, ein dritter Weltkrieg und die, angeblich schon weit verbreitete, Anarchie.

Viele bis Kriegsausbruch völlig unbekannte Bunkerhersteller verzeichnen seit dem russischen Überfall auf die Ukraine einen Nachfrage-Boom. Mathieu Séranne, Gründer von Artemis Protection, preist seine Luxusbunker so an: „Gemütlich wie ein Winterchalet und stark genug, jedes große Ereignis, egal wo in der Welt, auszuhalten”. Bei der in Berlin ansässigen Firma BSSD (Bunker Schutzraumsysteme Deutschland) gehen ebenfalls täglich mehr als 100 Anfragen und viele verbindliche Bestellungen ein. Die gerade einmal 599 öffentlichen Schutzräume in Deutschland, die 500.000 Menschen Platz bieten, lassen nämlich die übrigen mehr als 99 Prozent der Einwohner unseres Landes im apokalyptischen Regen stehen.

Der Luxusbunker-Boom ist nur ein Beispiel dafür, wie der Aufgabe ausgewichen wird, gegen drohende Gefahren etwas Entschiedenes und Wirksames zu unternehmen. Die beiden typischen Verweigerungsstrategien sind
>die Gefahren als unabwendbar hinzunehmen oder
> die Gefahren einfach zu leugnen.

Der verlorene Glaube, Katastrophen aufhalten oder verhindern zu können, spiegelt sich in Kommentaren wie „Wir werden lernen müssen, mit Hitze, Dürre und Bränden zu leben.“ „Wie machen wir Wälder feuerfest, fit gegen Flammen?“
Für das Verleugnen ökologischer Gefahren sieht sich Donald Trump zuständig. Über den Anstieg des Meeresspiegels mit gravierenden Folgen auch für die US-Küsten sagt er. „Wir werden ein bisschen mehr Grundstücke am Strand haben, was nicht das Schlechteste auf der Welt ist.“

Ursachen ignorieren, für den Umgang mit den Folgen individuelle Lösungen suchen, wer keine findet oder sie nicht bezahlen kann, hat Pech gehabt. Das hohe Lied der Resilienz wird nicht zufällig gesungen, hier in der Version von Destiny’s Child: „I’m a survivor | I’m not gonna give up | I’m not gonna stop | I’m gonna work harder.“


Duscholux, was für ein prophetischer Name

Es begann im Knast und zwar in dem Jahrzehnt, in dem die deutsche Nation aus der Taufe gehoben wurde. Aber nicht von Deutschen, sondern vom französischen Erzfeind wurde sie erfunden, die Dusche. In den 1870er Jahren waren in Frankreichs Gefängnissen die hygienischen Bedingungen so miserabel, dass der Gefängnisarzt Francois Merry Delabost  auf die Idee mit der Dusche kam.

Knapp hundert Jahre später wird die Marke Duscholux beim Patentamt in München angemeldet. Mit einer faltbaren Duschwand aus Acryl gelingt dem Unternehmen der internationale Durchbruch. Mit Duscholux wird die Dusche dann bald zur Wellness-Oase. Wie bei so vielen Produkten des Konsum-Kapitalismus geht es nunmehr weniger um den praktischen Nutzen, sich zu reinigen und zu erfrischen, mehr um Statusgewinne und Erlebnisqualitäten.

Die Erlebnisgesellschaft baut auf den festen Glaube an die freie Verfügbarkeit der Natur und der fossilen Ressourcen. Das fängt beim Energieverbrauch an und hört beim Tourismus noch lange nicht auf. In deutschen Alltagsgeschichten über das Jahr 2022 werden Historiker einmal schreiben: ‘Während Russland einen monatelangen Angriffskrieg gegen die Ukraine führte, seit drei Jahren eine Pandemie herrschte, Extremwetter immer öfter regionale Katastrophen auslöste, Hungersnöte und Flüchtlingsströme wieder zunahmen, das Artensterben und das Waldsterben nicht mehr zu übersehen waren, hat sich die politische Öffentlichkeit darüber gestritten, wie oft wie lange geduscht werden soll und darf.’

Und tatsächlich, Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki von der FDP gibt sich entschlossen: „Ich dusche so lange, bis ich fertig bin“; nicht ohne beschwichtigend hinzuzufügen, er dusche überwiegend kalt. Der grüne Wirtschaftsminister Habeck profiliert sich als Schnellduscher: „Meine Duschzeit habe ich noch mal deutlich verkürzt (…). Ich hab noch nie in meinem Leben fünf Minuten lang geduscht.“

Habecks Schriftsteller-Kollege Jakob Dusch wusste schon im 18. Jahrhundert: Genügsamkeit sei reich bei Brot und Wasser, Und eine ganze Welt zu arm für einen Prasser.“

Statistiker wissen zwar nicht, was jeder einzelne Mensch macht, aber sie wissen, was wir alle machen: Wir verbringen im Durchschnitt sechs Minuten unter der Dusche. Dabei verbrauchen wir 12-15 Liter Wasser pro Minute, das sind also bis zu 90 Liter pro Dusche.
Hollywood Stars wie Ashton Kutcher und Mila Kunis und auch Prinz Harry haben den Non-Bathing Trend vorgemacht. Wer ihnen folgt und nur einmal die Woche statt einmal am Tag duscht, verbraucht aufs Jahr hochgerechnet fast 30.000 Liter Wasser weniger. Der dazugehörige Witz lautet: „Was ist ein Matrose, der wochenlang nicht geduscht hat? Ein Meerschweinchen.“

Landauf, landab heißt es, wir müssen uns auf mögliche Einschränkungen der Gasversorgung rechtzeitig vorbereiten. Also nicht, weil politische Mehrheiten ein Problem mit der Ausbeutung der Natur hätten, sondern weil der Markt die gewünschten Mengen zu gewohnten Preisen gerade nicht hergibt, soll gespart werden. Die ersten Wohnungsbaugesellschaften drosseln die Energiezufuhr, Städte schließen Hallenbäder, in Abgeordnetenbüros wird das warme Wasser abgeschaltet… Der Name Duscholux bekommt plötzlich eine ganz andere Bedeutung.

Tja, tut mir Leid für Deutschrockmusiker Farin Urlaub, denn so wie es aussieht, scheint er bald seinen einzigen Freund zu verlieren oder zumindest weniger Zeit mit ihm verbringen zu dürfen… „Und ich schlafe in der Dusche, weil die Dusche zu mir hält | Sie ist der einzige Freund, den ich noch habe auf der Welt | Ja, ich schlafe in der Dusche, denn die Dusche ist normal.“


Fakeanrufe, Kuckuckszitate und andere Als obs  

Wenn Vitali Klitschko auf dem Computer-Bildschirm auftaucht und aus seinem Mund halbwegs sinnvolle Sätze kommen – was sollte daran zweifelhaft sein?
Das dachten auch Berlins Bürgermeisterin Franziska Giffey und andere Oberhäupter europäischer Hauptstädte. Ihnen kam es in diesen Tagen so vor, als ob sie in einem Videocall mit dem Ex-Boxweltmeister und Bürgermeister von Kiew wären – waren sie aber nicht.

Fakes zu produzieren, Als-ob-Fakten zu schaffen und die Täuschung durchzuhalten, ist keine einfache Sache. Das russische Komiker-Duo Alexei Stoljarow und Wladimir Krasnow hat viel Übung darin. Experten rätselten, wie sie es im Fall Klitschko hinbekommen haben und sprachen zunächst von Deepfake, also von einem computergenerierten Abbild, geschaffen mithilfe von Künstlicher Intelligenz.

Allzu durchsichtige Fake-Versuche, wie sie jeden Tag passieren, gehen schnell daneben. Wann haben Sie die letzte E-Mail bekommen, dass Sie mit großer Wahrscheinlichkeit der lange gesuchte Erbe eines Millionen-Vermögens sind? Oder den letzten Anruf von Europol, bei dem Ihnen die Fake-Polizisten erzählten, dass Sie Opfer eines Identitätsklaus geworden sind?

Es gibt aber auch genug Fakes, denen man vertraut. Wie oft haben Sie positiven Fake-Bewertungen auf Amazon geglaubt? Wie viele Kuckuckszitate haben Sie schon weiter verbreitet – also Äußerungen, die einer bekannten Person fälschlicherweise in den Mund gelegt wurden? Haben Sie nicht erst kürzlich bei einem Fake-Gewinnspiel Ihre Daten preisgegeben?
Auch der „Krypto-Queen“ Ruja Ignatova haben sehr viele Investoren vertraut. Mit einer ausgefeilten Marketing-Strategie hat sie den Hype um Kryptowährungen ausgenutzt und mit ihrer eigenen Fake-Währung „OneCoin“ Investoren weltweit um Milliardenbeträge betrogen. Beim FBI hat es die promovierte Juristin auf Platz 1 der Liste der zehn meistgesuchten Flüchtigen geschafft.

Es ist paradox: Die Bereitschaft, alles zu glauben, scheint ebenso zu steigen, wie die Zweifel wachsen, ob man überhaupt noch etwas glauben kann.

Wenn erfolgreiche Sportlerinnen und Sportler von Sieg zu Sieg eilen und dabei so tun, als ob alles mit rechten Dingen zuginge – wer glaubt das noch?
Wenn in der Wissenschaft die Publikationslisten immer länger und länger werden und alle so tun, als ob ihr Fleiß unermesslich und ihre Kreativität exzellent sei – wer kommt nicht auf die Idee, dass hier das bewährte Hilfsmittel Copy and Paste und vielleicht auch das eine oder andere Plagiat im Spiel ist?

Nichts ist unmöglich! Hochgesteckte Erwartungen und großartige Versprechungen bieten zusammen mit der digitalen Technik das ideale Umfeld dafür, sich selbst und anderen etwas vorzumachen.
Fake it till you make it, lautet das Motto. Das wussten auch schon Simon & Garfunkel, die sangen: „I’ve just been fakin’ it | I’m not really makin’ it.“

Die vielen Als obs, die tatsächlichen und die vermuteten, machen das Leben anstrengend. Das Erfolgsrezept scheint zu sein, mache dir nichts vor, aber den anderen um so mehr.


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