AUCH DAS NOCH! | Juni 2022

  • Billy’s got a gun
  • Kirche und Gewerkschaft: Möge die Macht mit uns sein
  • Ticket to Ride to the Strawberry Fields
  • OMG! Kauft, Leute, kauft

Billy’s got a gun

1955 besingt Johnny Cash einen Mann in Rhino, den er erschossen hat, nur um ihn sterben zu sehen, 1958 singt er „Don’t take your guns to town son, leave your guns at home Bill“. 1966 wird Nancy Sinatra in ihrem Song von ihrem Schätzchen niedergeschossen, 1975 beichtet Freddy Mercury seiner Mutter „Mama, just killed a man, put a gun against his head, pulled my trigger, now he’s dead“, 1990 klopft Bob Dylan an die Himmelspforten und fordert seine Mutter auf, seine Gewehre auf den Boden zu legen, da er sie nicht mehr abschießen kann.

In berühmten englischen Songs sind Schusswaffen ein immer wiederkehrendes Thema, im american way of life auch. Ob jemand nach seinem Handy greift oder eine Pistole zieht – auf den Straßen von New York soll in Zukunft beides gleichermaßen möglich sein. Nach dem Mehrheitswillen des US Supreme Court wird es künftig allen ab dem 18. Lebensjahr erlaubt sein, eine Waffe nicht nur zu besitzen, sondern auch jederzeit bewaffnet durch Manhattan zu laufen – umweht von einem Hauch von Buffalo Bill und Wyat Earp.

Das oberste amerikanische Gericht wurde von Donald Trump während seiner Präsidentschaft handverlesen besetzt. Die rechten Richter haben den Staat New York den Zeiten des Wilden Westens ein Stück näher gebracht. Einen Tag später stehlen sie den amerikanischen Frauen das Grundrecht auf Abtreibung. „Gott hat das entschieden“, sagt Trump dazu. Im Kulturkampf der amerikanische Gesellschaft haben die Ultrarechten große Geländegewinne erzielt. Die Bevormundung und Unterdrückung der Frauen, der Einsatz und die Verherrlichung von Waffengewalt sind Grundpfeiler ihrer Politik.

Versuchen wir, das höchstrichterliche Waffenurteil nachzuvollziehen: Was wäre das für ein Lebensgefühl, mit einem Revolver in der Einkaufstasche durch die Mönckebergstraße in Hamburg zu laufen, sich auf dem Marienplatz in München oder auf dem Kudamm in Berlin aufzuhalten und dabei zu wissen, dass auch alle anderen Erwachsenen eine Schusswaffe im Gürtel, in der Handtasche, im Schulterhalfter haben könnten?

Aber seien wir nicht überheblich: Was dem Amerikaner sein Gewehr, ist dem Deutschen sein Auto, was in den USA die Waffenlobby, das ist in der Bundesrepublik die Autolobby. Ihr ist es zu verdanken, dass es auf deutschen Autobahnen bis heute keine generelle Geschwindigkeitsbegrenzung gibt.

Die einen leugnen den Zusammenhang zwischen Raserei und tödlichen Unfällen, die anderen zwischen Waffenbesitz und der Todesrate durch Schusswaffen. In seinem Dokumentarfilm „Bowling for Columbine“ aus dem Jahr 2002 behauptet selbst der us-amerikanische Regisseur Michael Moore, dass die höhere „schusswaffenbedingte Mordrate“ nicht mit der Zahl der verfügbaren Waffen zusammenhänge.

Laut einem Bericht der US-Gesundheitsbehörde aus dem Jahr 2021 sterben in den USA durchschnittlich 100 Menschen pro Tag durch eine Schusswaffe, also fast 40.000 pro Jahr; zwei Drittel davon sind Suizide. Die Antwort der Waffenlobby auf Amokläufe und Schulmassaker lautet: mehr Waffen.

Insgesamt kommt man an der historischen Erfahrung nicht vorbei: Demokratie und Gewaltfreiheit hat die politische Rechte schon immer für linke Flausen gehalten. Wie sehr in den USA Waffenkult und Verschwörungsphantasien verschmelzen, hat der Sturm auf das Kapitol gezeigt. Freie Bürgerinnen und Bürger müssen zu ihren Waffen greifen können, wenn sie von Linken unterdrückt und betrogen werden, ist der Kern von Donald Trumps Erzählung.

Die Hamburger Hip-Hopper Fettes Brot haben ultrarechte Politiker schon besungen als Trump noch keine ihrer Symbolfiguren war: „Was seid ihr für Menschen? Was für Götter? Was für Statussymbole? Dicke Autos, ‘n paar Nutten, Automatikpistole. Um euch herum schart ihr ‘n Haufen blinder Soldaten. Und mit denen bringt ihr den Krieg in jeden Kindergarten.“


Kirche und Gewerkschaft: Möge die Macht mit uns sein

»Die Macht ist weder gut noch böse. Die Macht kann zum Guten werden, die Macht kann zum Bösen werden – es kommt darauf an, wer sie handhabt.« sagt Ladislav Mnacko, Autor des Buches „Wie die Macht schmeckt“.

Wie die Macht schmeckt, hängt davon ab, ob man sie oben ausleben kann oder unten zu spüren bekommt. Kirchen und Gewerkschaften sind Massenorganisationen, die das Zeug zu beidem haben. An ihrer Spitze reicht man der Macht gerne die Hand, aus ihren Reihen kommen aber auch Protest und Widerstand.

Ein trauriger Fall ist der Vorsitzende der „Föderation der Unabhängigen Gewerkschaften Russlands“, FNPR. Michail Victorowitsch Schmakow war nach dem Fall der Mauer in den frühen 1990er Jahren einmal der Hoffnungsträger einer unabhängigen Gewerkschaftsbewegung. Heute organisiert er Massenveranstaltungen zur Unterstützung der Diktatur Putins und macht Propaganda für den Krieg der „russischen Friedenstruppen“ gegen die Ukraine. Dabei haut er allen Ernstes Sätze heraus wie diesen: „Der westliche Kapitalismus verkommt zu einem globalen digitalen Konzentrationslager auf Nazi-Basis, während Russland für eine multipolare Welt steht, für eine Zukunft für alle Völker.“

Ein Spezialfall ist Wladimir Michailowitsch Gundjajew. Als fiktive Figur würde er jeden Roman und jedes Filmformat sprengen. Als Kyrill I., Patriarch von Moskau und Vorsteher der russisch-orthodoxen Kirche füllt er Nachrichtensendungen und Kommentarspalten. Wenn auch nur die Hälfte von dem stimmt, was über ihn geschrieben wird, dann treffen die drei M Macho, Mafioso und Milliardär gleichzeitig zu.

Päpste und Putin haben es ihm angetan. Besonders gern traf er sich mit dem deutschen Papst, Benedikt den Sechzehnten. Mit Putin verbindet den Patriarchen eine gemeinsame Vergangenheit im sowjetischen Geheimdienst KGB.

Der Name Kyrill bedeutet „der zu Gott gehörige“. Ob Gott im Kreml, im Himmel oder überall wohnt, weiß man nicht so genau. Der Patriarch jedenfalls besitzt direkt gegenüber dem Kreml eine dem Moskauer Himmel nahe Penthouse-Wohnung; im monumentalen Haus an der Uferstraße, wo einst die Sowjetelite residierte.

Kyrill I. wird auch der «Tabak-Patriarch» genannt, weil er in den 1990er Jahren im Namen der Kirche mit Zigaretten und Öl gehandelt haben soll. Auch von Geschäften mit Autos und Juwelen ist die Rede. Sein Vermögen soll sich auf vier Milliarden Dollar belaufen. Zu seinen Besitztümern werden auch eine Yacht und eine Mercedes-Maybach-Limousine gezählt und natürlich die Schweizer Luxusuhr, die von einem Foto des Patriarchen wegretuschiert wurde. Im Dienste höherer Wahrheiten kann jede Lüge benützt und später eben gebeichtet werden oder wie es im Charthit des Folkrockmusikers Hozier heißt „Take me to church, I’ll worship like a dog at the shrine of your lies, I’ll tell you my sins and you can sharpen your knife“.

Apropos Lügen. Schon zu Beginn des Krieges gegen die Ukraine bezeichnete Kyrill Russland als Verteidiger des göttlichen Willens gegen die Mächte des Bösen. Russland habe noch nie jemanden angegriffen, sondern immer nur seine eigenen Grenzen verteidigt. Die russischen „Vaterlandsverteidiger“ müssten ihre Spezialoperation in der Ukraine auch deshalb durchführen, um die Ostukraine vor Schwulenparaden zu schützen. Gleichgeschlechtliche Paare sind für ihn ein Zeichen westlicher Dekadenz, und eben so wie eine Frau im Bischofsamt ein „Verstoß gegen die Gesetze Gottes“. Als die Evangelische Kirche in Deutschland eine Bischöfin zur Ratsvorsitzenden wählte, stellte Kyrill den Dialog mit den deutschen Protestanten ein.

Kyrills Hass auf den Westen trifft auch das Internet, mit dem er den Antichristen heraufziehen sieht. Er ist sich sicher: “Der Antichrist ist die Person, die an der Spitze des weltweiten Netzes steht und die gesamte Menschheit kontrolliert”.

Es ist schon auffällig: Je überzeugter Leute sind, auf der richtigen Seite der Geschichte zu stehen, zu den Guten zu gehören und unter diesen zu den Auserwählten – desto größer die Verbrechen, zu denen sie sich berechtigt fühlen – alles zum Wohle der Menschheit und zum Wohlgefallen Gottes.

Ticket to Ride to the Strawberry Fields

Man kann die Weitsicht der Bundesregierung nicht genug loben. Sie muss geahnt haben, dass Erdbeeren in dieser Saison für viele unerschwinglich teuer werden. Deshalb hat sie das 9 Euro Ticket eingeführt, damit die Verbraucher zum Selbstpflücken aufs Feld fahren können. Nächstes Jahr, so hört man aus dem Finanzministerium, soll zusätzlich das Selbststechen des Spargels propagiert werden. Dafür will man die Steuern auf den Benzinpreis noch einmal senken, weil es so selten Spargelfelder in Bahnhofsnähe gibt.

Alles Unsinn, glauben Sie? Ja, aber nicht so groß, wie der Unsinn, der tatsächlich stattfindet.

Wir erleben gerade eine gute Saison für Erdbeeren und eine schlechte für Erdbeerbauern. „Das Wetter in diesem Jahr ist optimal für den Erdbeeranbau”, sagt der Sprecher der Landwirtschaftskammer Nordrheinwestfalen. „Es wurde bereits früh warm und auch die Sonne schien genug für eine gute Ernte.“ Die Ernte versprach so gut zu werden, dass einige deutschen Landwirte sie vernichtet haben. Viele Erdbeeren in Deutschland, die Konkurrenz aus Spanien, der Druck der Discounter, die ihren Gewinn beanspruchen, und inflationsgeschädigte Verbraucher ergeben zusammen eine Mixtur, die so manchen Bauern die Vernichtung der Ernte als die bessere Lösung erscheinen lässt.

Ölkonzerne machen das anders, sie spielen “rockets and feathers”. Preissteigernde Umstände wie den russischen Krieg nutzen sie, um die Spritpreise wie Raketen in die Höhe schießen zu lassen. Fällt der Ölpreis, etwa weil der Dollar schwächelt, lassen sie die Benzin- und Dieselpreise wie Federn nur ganz langsam sinken. Eine dreimonatige Steuersenkung bedeutet für sie nicht mehr als zusätzliches Spielmaterial. Der Chef des Bundeskartellamtes sagt dazu, hohe Preise und das Erwirtschaften hoher Gewinne seien nicht verboten. Wo er recht hat, hat er recht.

Erdbeeren und Benzin liefern gerade Anlässe für empörte Kommentare. Sie gleichen den Protesten von Schwimmern, die Wasser toll finden, sich aber beschweren, wenn sie nass werden. Der Wirtschaft und ihrem Wachstum fast alles unterzuordnen, und sich dann zu wundern, wenn den letzten, den Verbraucher, öfter mal die Hunde beißen, das ist schon arg blauäugig; etwa so naiv, wie der Werbung alles zu glauben.

Wort und Tat, Reden und Handeln stimmen nicht immer überein, das ist trivial. Aber es ist alles andere als belanglos, wenn ein zentraler Lebensbereich unserer Gesellschaft dem Grundsatz folgt, anders zu reden als zu handeln. Vom Computerproduzenten über die Autofirma bis zum Einzelhändler reden alle Unternehmer in den höchsten Tönen von dem Nutzen, den sie für Verbraucher stiften. Kundenorientierung über alles heißt das Credo, das jeden Verkauf von Anfang bis Ende begleitet. Tatsächlich aber endet jede Rücksicht auf die Kunden dort, wo das eigene Gewinninteresse Schaden zu nehmen droht.

Rede in höchsten Tönen über die Vorteile, die dein Handeln für andere und für die Allgemeinheit hat, aber verfolge auf jeden Fall und unter allen Umständen dein eigenes Interesse – das ist die Handlungsmaxime der Wirtschaft. Bezeichnenderweise ist es die Figur eines Piratenkapitäns, die dieses Verhalten verkörpert: In „Fluch der Karibik“ stellt Jack Sparrow sein Film-Leben lang seinen Vorteil, sein Wohlbefinden, seine Interessen in den Mittelpunkt und folgt dem Motto „Nimm, was du kriegen kannst, und gib nichts wieder zurück“.

Das offizielle Alibi für diese Verhaltensweise hat der Nobelpreisträger Milton Friedman vor rund 50 Jahren in einem Artikel für die New York Times formuliert unter der Überschrift „The Social Responsibility of Business Is To Increase Its Profits“.

Wenn es die soziale Verantwortung von Unternehmen ist, ihren Gewinn zu steigern, dann sind Gesetze ihre einzige Schranke – die sie oft genug durchbrechen. Kein Gesetz verbietet dem Eigentümer von Erdbeerfeldern, die Früchte zu vernichten statt zu verkaufen – auch nicht an Interessenten, die mit dem 9 Euro Ticket extra anreisen. Eigentum schützt vor dem Zugriff anderer, dem Eigentümer ist es auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Die Punkrockband Goldzilla sieht es so: „Dein Eigentum, ein Ungetüm an sich/ Und jedes Ding, das du besitzt, besitzt auch dich.“


OMG! Kauft, Leute, kauft

Demoskopen melden tiefe Verunsicherung und wachsende Sorgen über die finanzielle Situation in großen Teilen der Bevölkerung. Aber der E-Commerce lässt die Konsumenten-Herzen weiterhin höher schlagen. Auch wenn alleine in Deutschland jedes Jahr über 300 Millionen Pakete mit online bestellten Waren wieder zurückgeschickt werden, von Kriegen und Krisen lässt sich der Kommerz nicht aus dem Konzept bringen.

Kennen Sie KOL? Nein, die Rede ist nicht von Kol Michaelsen, einem der Urvampire in der Serie Vampire Diaries – auch wenn dem Kommerz durchaus Züge von Vampirismus anhaften. KOL steht für Key opinion leader, also für eine Person mit großem Einfluss. Womit wir bei den Influencern wären, die zusammen mit dem E-Commerce wie Pilze aus dem Boden geschossen sind.

Dass die Stars unter den Influencern den Titel Key opinion leaders bekamen, hat in China begonnen. Inzwischen kann man sich auch von einem Berliner Unternehmen beraten lassen, das über sich selbst sagt: „Wir möchten allen Menschen und Organisationen Zugang zum KOL-Marketing gewähren, damit sie die Welt mit ihren Ideen positiv verändern können.“
Marketing hat schon immer allen versprochen, die Welt positiv zu verändern. Irgendwie sieht man es der Welt nur nicht an.
Die Politik macht sich Sorgen über Fakenews, das Marketing hat nie etwas anderes verbreitet, und treibt auf dem Weltmarkt, also im Internet, die seltsamsten Blüten.

Es war einmal Li Ziqi, die mit 16 Millionen Abonnenten auf YouTube den beliebtesten chinesischsprachigen Account hatte. In traditionelle chinesische Mode gekleidet, suchte sie in den Bergen nach Kräutern, fütterte Tiere, pflegte Gärten, pflückte Früchte, färbte Kleider und sagte:
“Ich möchte den jungen Menschen nur zeigen, wo unsere Nahrung herkommt, und die Welt zu einem besseren Ort machen“.

Märchenhafte Natürlichkeit, produziert und präsentiert von einer ganzen Crew von Videofilmern, Stylisten und den PR-Beratern einer großen Influencer-Agentur. “Li Ziqi hat einen eigenen Online-Shop, in dem man ihre Gewürzmischung und ihre Duftkerzen kaufen kann. Ihre ‘Flussschnecken-Nudeln Instant-Style’ sind so erfolgreich, dass die Agentur plante, eigene Fabriken zu bauen um sie herzustellen”, berichtete die Deutschlandfunk-Reporterin Martina Schulte.

Die Key Opinion Leaderin veröffentlichte allerdings am 30. August 2021 ein Foto von sich selbst, wie sie auf einer Polizeistation Anzeige gegen ihre Agentur erstattete. Seither hat sie keine neuen Videos mehr hochgeladen, seither wird spekuliert, was sie gemeint haben könnte, als sie in einem später gelöschten Post schrieb: „Habe Anwälte gebeten, Aufzeichnungen zu führen, das ist so beängstigend! Das Kapital hat in der Tat seine guten Tricks!“

Weiterhin bestens im Geschäft ist Li Jiaqi, auch bekannt als Austin Li, der in China als “Lippenstiftkönig” berühmt wurde. Er hat, so liest man, 29 Millionen Follower auf Weibo, dem größten chinesischen Mikrobloggingdienst. Auf TikTok sollen ihm 44 Millionen folgen. Sie schauen ihm dabei zu, wie er vor der Kamera Lippenstifte probiert und dann sagt “OMG! Sisters, buy this!“. Fünf Minuten später hat er 15.000 Lippenstifte verkauft. Er kann einen Umsatz von mehr als 140 Millionen Dollar machen, heißt es. An einem Tag.

Ob Key Opinion Leader in China, Influencer in den USA oder Werbeagentur in Deutschland, die Aufgabe, die zu lösen ist, ist immer dieselbe: Weil die Wirtschaft auf jeden Fall und unter allen Umständen wachsen will, stellt sich die Frage, wer alle die Güter und Dienstleistungen kaufen und konsumieren soll, die auf den Markt geworfen werden.

Zwischen Produktion und Konsum vermittelt der Handel – seit rund 100 Jahren vor allem auch der Versandhandel. Der Influencer des analogen Versandhandels war der Katalog. Der Neckermann-Katalog erreichte nach der deutschen Wiedervereinigung im Jahre 1990 mit 1000 Seiten Umfang und einer Auflage von 10 Millionen Exemplaren seine Spitzenwerte.

Unter der Überschrift „Unsere kleinbürgerliche Hölle“ widmete der Schriftsteller Hans Magnus Enzensberger dem Neckermann-Katalog schon 1960 eine vielbeachtete Rezension, in der er festhielt: Die Majorität der Bevölkerung lebe, wie wir alle, in einem Horizont von Waren. „Sie möchte, wie wir alle, ‘etwas vom Leben haben’, und dieses Etwas verdinglicht sich im Konsumgut.“
„Ich brauche vieles und viel davon/ Und nur für mich, nur für mich/ Von allem, was man haben will,/ Brauche ich zehnmal so viel/ Ich werde nie satt, ich werde nie satt/ Es ist besser, wenn man mehr hat“, besingt die deutsche Hardrock-Band Rammstein die Konsumgesellschaft.

Krisen kommen und gehen, die Geldsorgen sind mal größer und mal besonders groß, die privaten und die öffentlichen Schulden steigen – das Marketing bleibt unbeeindruckt, es lässt nicht nach, aus der Welt einen besseren Ort zu machen.

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