Dass ich das noch erleben darf! Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, die sogenannten „Wirtschaftsweisen“, sprechen sich mehrheitlich für Sozialismus aus! Pardon, nicht generell für den Sozialismus, den an und für sich, sondern sie plädieren für eine bestimmte Weise des Sozialismus, nämlich für den „Sozialismus in einer Klasse“. Wie soll der gehen?
Weil sich zwischen den Beitragszahlenden in der deutschen Rentenversicherung und den Rentnerinnen und Rentnern ein wachsendes Ungleichgewicht entwickelt, wollen sie den etwas besser Verdienenden in dieser Versicherung später geringere Renten zubilligen als ihnen nach heutigem Recht zustünden.
Die auf diese Weise gewissermaßen eingesparten Mittel sollen die Renten derjenigen extra-regulär erhöhen, die geringere Renten zu erwarten hätten, weil sie im Erwerbsleben im Vergleich zu den besser Verdienenden ein geringeres Erwerbseinkommen hatten. Alles klar?
Die Alimentation der Beamtenschaft
Der Sozialismus in einer Klasse ist im Prinzip nichts Neues. Den gibt es beispielsweise beim Bürgergeld. Die Krankheitskosten, die für die Bürgergeld- Beziehenden anfallen, zahlen nämlich nicht die Steuerzahlenden oder die Erwerbstätigen, sondern die zahlen weit überwiegend die Mitglieder der gesetzlichen, sozialen Krankenkassen. Alles in allem fallen 12 Milliarden Euro an.
Den Sozialismus der einen „Klasse“ für eine „andere Klasse“ kennen wir alle. Denn die Alimentation der Beamtenschaft übernehmen vom 1.Tag des Dienstes bis zum Ende aller Tage all diejenigen, die nicht unter die Alimentation fallen: Arbeiter, Angestellte, Freiberufler, steuerzahlende Rentnerinnen und Rentner etc. Erstaunlich, nicht wahr.
In die Rentenversicherung wird die oder der verpflichtet, die als unselbständig Arbeitende knapp weniger als 90 000 € im Jahr auf der Gehaltsabrechnung haben. 18,6 v.H. davon werden der Rentenversicherung überwiesen. Wer viele, viele Jahre kontinuierlich gut verdient hat, der kann am Ende des Erwerbslebens maximal 3300 bis 3400 € als Rente erhalten. Wer 45 Beitragsjahre mit durchschnittlichen Verdiensten auf der Rentenabrechnung hat, erhält im Schnitt heute 1550 € im Monat. Altenteiler mit geringen Anwartschaftszeiten erhalten soziale Grundsicherung. Hierbei wird stets der individuelle Bedarf ermittelt, eine Geheimwissenschaft für sich. Die Regel lautet: Die Rente folgt der lebenslangen, durch Beiträge belegten Arbeitsleistung. An die Grundsicherung haben die Weisen freilich nicht gedacht. Auch nicht an die Pensionen, deren unterste Grenze mit knapp 1900 € deutlich über dem Durchschnitt der Renten nach 45 Jahren „im Club“ liegt.
Warum schnüren die Wirtschaftsweisen eine rechtlich gesicherte, soziale Tradition auf? Sie sehen die Rentenversicherung vor einem Exitus, wenn nichts Gravierendes getan wird. Der Sozialismus in einer Klasse als letzte Ausfahrt vor …..?
Ich glaube nicht an solche ideologischen Mätzchen. Überzeugt bin ich, dass es möglich ist, in den kommenden 20 oder 30 Jahren Ungleichgewichte durch höhere Produktivitäts-Zuwächse und mehr Beschäftigung zu beherrschen. Den Sozialismus sollten wir uns für anderes „reservieren“.
Der „Sozialismus in einer Klasse“ war ursprünglich ein Vorschlag des der SPD nahestehenden Sozialwissenschaftlers Fritz W. Scharpf in seinem Buch „Sozialdemokratische Krisenpolitik in Europa, Frankfurt/M. 1987. Seine Vorschläge wurden bereits von der Regierung Schröder mit der Durchsetzung eines großen Niedriglohnsektors übernommen. Also nichts Neues – die „Wirtschaftsweisen“ sind mit Ausnahme von Achim Truger, der zur Rentenfrage eine abweichende Meinung formuliert hatte, sozialdemokratisch geworden. Allerdings im Sinne der SPD der 1990-er bis 2010-er Jahre. Also hinter der Zeit zurück.
Ich habe extra nochmal nachgesehen, bei der RV gibt es keine Pflichtgrenze. Ausgenommen sind nur Vorstände einer AG oder geschäftsführende Gesellschafter.
Oder habe ich da was übersehen?