Klimapolitische Leitgedanken

Im November 2022 veröffentlichten das Bundeskanzleramt und das Bundesministerium der JustizEmpfehlungen zur Stärkung der Verbindlichkeit der Nachhaltigkeitsziele bei der Erstellung von Gesetzen und Verordnungen“. Darin werden alle Ressorts aufgefordert, „die globalen Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) und Ziele sowie Prinzipien der Deutschen Nachhaltigkeitsstra-
tegie (DNS) von Beginn an bei allen Prozessschritten der Konzeption und Ausarbeitung von Gesetzen und Verordnungen einzubeziehen“. Vor diesem Hintergrund und zugleich darüber hinaus weisend sind die folgenden „Sechs klimapolitischen Leitgedanken“ zu sehen und zu verstehen.

1 Der vom Menschen verursachte Klimawandel ist eine für die Menschheit insgesamt präzedenzlose Veränderung ihrer Lebensgrundlagen und stellt in der Gegenwart wie in der Zukunft eine beispiellose politische Herausforderung dar.

2 Diese politische Herausforderung wird von Jahr zu Jahr größer. Die nächsten Jahrzehnte werden gekennzeichnet sein von einem ununterbrochenen globalen Temperaturanstieg und damit einhergehend mit sich kontinuierlich verstärkenden Folgen für Mensch und Gesellschaft. Zu diesen Folgen gehören Hitze- und Trockenperioden, Starkregen, Überschwemmungen und Wüstenbildungen, Verringerung habitabler Zonen, Klimaflüchtlinge und ein permanenter und immer größer werdender politischer Klimaausnahmezustand. Dieser Prozess wird so lange anhalten, bis die Welt insgesamt klimaneutral geworden ist, d.h. bis global kein zusätzliches CO2 mehr in die Atmosphäre freigesetzt wird. Nach gegenwärtigem Stand wird das nicht vor 2060 sein.

3 Ein zunehmender politischer Klimaausnahmezustand wird in den nächsten Jahrzehnten den Rahmen für alle Politik bilden, geopolitisch, national und regional. Keine Politik, sei es Sozialpolitik, Wirtschaftspolitik, Umweltpolitik, Stadtentwicklungspolitik, Gesundheitspolitik wird in Zukunft erfolgreich sein können, wenn sie den Notwendigkeiten der Klimapolitik nicht Rechnung trägt.

4 Die zwei großen Hauptaufgaben einer Klimapolitik auf der Höhe der Zeit sind Klimaanpassung und Klimaschutz.
Dabei bedeutet Klimaanpassung, die kurz- und mittelfristig nicht mehr abwendbaren Folgen des Klimawandels aufzufangen, sich an die Klimaänderungen so anzupassen und diese so zu bewältigen, dass die Gesellschaften auf allen ihren Ebenen nicht auseinanderfallen.
Und Klimaschutz verlangt, die eher langfristig wirkenden präventiven Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels selbst, insbesondere zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes, weiterzuverfolgen.

5 Klimapolitik auf der Höhe der Zeit muss sich daher als Bestandteil aller Politiken verstehen und sich in alle Politikbereiche einmischen.

6 Bei jeder politischen Maßnahme, bei jeder zielgerichteten politischen Aktivität, bei jedem Vorhaben müssen schon bei der Konzipierung und Planung von Anfang an und in allen Schritten die klimapolitischen Notwendigkeiten der Anpassung und Prävention geprüft und Rechenschaft darüber abgelegt werden, wie diesen Notwendigkeiten mit den Maßnahmen entsprochen wird.

Thomas Weber
Thomas Weber (thw) promovierte in Klassischer Philologie, arbeitete über 30 Jahre in unterschiedlichen Funktionen in Landes- und Bundesministerien, von 2009 bis 2024 als Referatsleiter "Nachhaltigkeit" im Bundesministerium der Justiz.

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