
Wenig Text und verschwommene Bilder – das entspricht der Erinnerung an und dem Wissen über Frauen des Widerstands. Seit einigen Jahren haben widerständige Frauen zwar mehr Beachtung gefunden, einige Namen sind bekannt, es gibt sogar ein paar Plaketten und Stolpersteine. Ernst Vollands Dokumentation gibt den Frauen im Widerstand ein Gesicht. Er schreibt dazu: „An diesem Projekt arbeite ich inzwischen seit über drei Jahren. Ich habe es bereits drei Mal bei Kulturförderungen professionell eingereicht. Jedes Mal bin ich abgelehnt worden.“
Ernst Volland ist Künstler, kein Wissenschaftler und sein Band ist auch keine feministische Arbeit, die auf Vollständigkeit oder eine repräsentative Darstellung aus ist. Seine Auswahl ist subjektiv. Die ersten Bilder mit Kurzbiographien zeigen Nazigegnerinnen, die „gefoltert, vergewaltigt, ermordet“ wurden, mit dem Fallbeil in Plötzensee hingerichtet oder erschossen wurden. Sie waren oft sehr jung und auffallend oft liegt das Todesdatum nahe am Ende des mörderischen Reichs – Ende 1944 oder noch im April 1945. Als Grund für die Hinrichtung wird bei vielen ihre Mitgliedschaft in der „Roten Kapelle“ angegeben – ein problematischer, weil von der Gestapo erfundener Begriff. Die Kurzbiographien der Frauen sind in sieben Sprachen abgedruckt, zwei kurze Vorworte ergänzen den über 200 Seiten starken Band.
Hanni Schaft. Geboren am 16. September 1920 in Haarlem, Niederlande. Studentin, Mitglied mehrerer Widerstandsgruppen, führte Anschläge auf hohe Repräsentanten der Gestapo aus. Erschossen am 17. April 1945 in Bloemendaal
ist eine von vielen Aktivistinnen, an die Volland mit diesem Band erinnert.

Die Auswahl beschränkt sich nicht auf Deutsche, mutige Partisaninnen, Antifaschistinnen oder auch Zeugen Jehovas. Er hat Kämpferinnen aus Polen, Frankreich, Belgien, Griechenland, Ungarn, Bulgarien und Österreich aufgenommen, die von der Gestapo, von der Wehrmacht, von der ukrainischen SS oder von spanischen Franquisten ermordet wurden. Die Geschichte der Morde geht hier zurück bis in die 1930er Jahre und endet leider auch nicht mit dem hier erwähnten Polizeimord von 2018 an Marielle Franco in Brasilien. Die Geschichten sind „mehr als Vergangenheit – sie sind eine Mahnung für die Gegenwart“, weshalb auch Aktivistinnen aus Namibia, Vietnam, Portugal, Honduras, Guatemala, Brasilien, Libyen, Chile, Mexiko, Iran, Opfer des Stalinismus in der Sowjetunion und der DDR vertreten sind – Journalistinnen, Umweltaktivistinnen, Anwältinnen, eine schwarze Frau, die durch Polizeigewalt in den USA umkam, eine palästinensische Krankenschwester, die von israelischen Scharfschützen im Gazastreifen erschossen wurde. Volland bezeichnet sein Buch als „Hommage an den Mut jener, die für Gerechtigkeit kämpften – und nicht vergessen werden dürfen“.
Volland war und ist immer noch das, was früher einmal „engagiert“ geheißen hat. Solidarität ist schwieriger geworden, sein unausgewogener, eindrucksvoller Rundblick quer über Zeiten und Kontinente ist auch ein lauter Seufzer – und hätte ohne die solidarischen Spenden von Freunden und Bekannten nicht publiziert werden können.
Ernst Volland: Warum kennt ihr mich nicht? Frauen im Widerstand gestern und heute. Edition Frölich, Berlin 2025. Kartoniert, 216 Seiten, 28 €
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