Der Fall Molinari

Das Denkmal in Malgré-Tout wurde 1948 zum Gedenken an die 106 Widerstandskämpfer errichtet , die am 13. Juni 1944 von der 
Waffen-SS ermordet wurden (Foto: wikipedia)

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat zusammen mit dem französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron Oradour-sur-Glane besucht. Dort wurde von der SS am 10. Juni 1944 ein Massaker an über 600 Kindern, Frauen und Männern verübt. Es war nicht die einzige Massenhinrichtung zu jener Zeit in Frankreich. Am 13. Juni 1944 wurden in den französischen Ardennen unweit des Städtchens Revin 106 Widerstandskämpfer durch Soldaten der Hitler-Wehrmacht ermordet. Aufgeklärt wurden auch diese Verbrechen nur in Teilen und das sehr mühselig, bestraft wurde niemand.

Es waren überwiegend junge Burschen, die sich damals in der waldigen und hügeligen Gegend der Ardennen in Revin versammelt hatten, nachdem der BBC zu einer Aktion dort aufgerufen hatte. Man schätzt, dass 3000 Wehrmachtssoldaten die Widerständler umzingelten, zusammentrieben, manche folterten, um sie anschließend zu liquidieren. Zu den Toten zählte die Lehrerin Rene´ Pultiere, der Arbeiter Jean Pierre Menu aus Fumay. In der dortigen Region ist dieses Massaker nicht vergessen, in der Bundesrepublik war es bis in achtziger Jahre im Spiegel und anderswo in sehr großen zeitlichen Abständen Thema.

Das lag an einem Offizier, der einer der Befehlshaber der mordenden Einheit war; ein Mann der später für die CDU in einem Teil der Eifel das Landratsamt ausübte, bevor er in der Bundeswehr eine zweite Militärkarriere  hinlegte und es zum zwei-Sterne General brachte. Die Rede ist von Karl-Theodor Molinari. Laut wikipedia war er 1956 Gründungsvorsitzender des Bundeswehrverbandes, den er bis 1963 leitete, und 1988 wurde das Bildungswerk des Bundeswehrverbandes nach Molinari benannt..

Molinari wurde in Frankreich in einem rechtsstaatlich zweifelhaften Verfahren zum Tode verurteilt. Er selber bestritt stets, den Mordbefehl erteilt zu haben, denn er sei zum fraglichen Zeitpunkt abwesend gewesen. Französische Zeugen belasteten Molinari. Das Landgericht Hagen stellte ein Verfahren gegen Molinari ein, denn es kam zu keinem tragfähigen Ergebnis. Nach 1966  war der Fall Molinari in der Bundesrepublik juristisch beendet, denn der große Strafsachen-Senat des Bundesgerichtshofs hatte entschieden, dass auch provisorische durch die Kriegsgegner des deutschen Reiches gefällte Urteile nicht neu aufgegriffen werden dürften. Der damals tätige Generalstaatsanwalt Erich Heimeshoff laut Spiegel: „Das Ergebnis ist unbefriedigend. Wir dürfen nichts tun, Molinari auch nicht an Frankreich ausliefern, wir können ihn nicht rehabilitieren.“

Im Dezember 1970 trat Molinari von sich aus in den Ruhestand. Der damalige Verteidigungsminister Schmidt hielt ihn nicht. Kein weiterer Offizier der mordenden Truppe in Revin kam vor Gericht.

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Klaus Vater
Klaus Vater arbeitet als Kommunikationsberater und Autor. Er war stellvertretender Sprecher der Bundesregierung, zuvor Pressesprecher des Gesundheitsministeriums sowie des Arbeitsministeriums. Seinen Jugend-Kriminalroman "Sohn eines Dealers" wählte die Kinderjury des Literaturpreises "Emil" 2002 zum Kinderkrimi des Jahres.

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