„Was macht der junge Mann dort?“ Wir sitzen auf einer Bank im Günthersburgpark, Frankfurt, und es ist Samstagvormittag. Meine Frau meint, er suche nach Kastanien oder Eicheln. Die Baumkronen über dieser von der Sonne verbrannten Fläche sind, sagt uns der zweite Blick, die von Platanen und Eschen, weit und breit keine Kastanien und Eichen. Der Mann hockt am Boden, rechts mit Handschuh, sammelt irgendetwas auf dem braunen Boden ein, das er in einen Plastiksack wirft. Klar: Er säubert den Rasen. Übrigens nicht alleine, wie wir nach und nach feststellen. Überall im Park durchkämmen Menschen den Rasen nach Müll. Nach dem Müll der anderen. Keine Müllabfuhr ohne Müllansammlung, kein Einsammeln ohne Fallenlassen, kein Entsorgen ohne angehäufte Sorgen. Hier sind Bürgerinnen und Bürger aktiv, die ihren Park müllfrei haben möchten, weil er ihnen wohl etwas bedeutet. In Frankfurt ist das nur ein Tatort von mehreren. Denn die Vermüllung der Stadt ist zu einem Thema geworden.
Andere Bürger-Gruppen stehen pünktlich parat, wenn auf dem Opernplatz meist jüngere Beschäftigte aus dem Bankenviertel am Ende ihrer Arbeitswoche ausgefeiert haben. Wozu bei ihnen offensichtlich gehört: ihren Müll einfach fallen zu lassen. Warum war diese Kolonne von Ehrenamtlichen so pünktlich auf dem Opernplatz zur Entsorgung erschienen? Schließlich war auch die Müllabfuhr nach diesen Festen im Einsatz, mit ihren Gerätschaften und professionellen Kompetenzen das kulturelle Aushängeschild der Stadt wieder in einen vorzeigbaren Zustand zu bringen.
Zurück in den Park. Die kleine Schar begriff sich mit Sicherheit nicht als ehrenamtlicher Hilfstrupp der Stadtreinigung. Ich frage den jungen Mann, ob er einer Umweltgruppe angehöre. Ja, aber ich solle meine weiteren Fragen doch der Organisatorin stellen. Nach und nach beteiligen sich weitere Aktive an unserem Gespräch. Einer reicht mir eine Dokumentation. Dann schaue ich mir an, welche enorme Menge an Glasscherben, Kronenkorken, Plastikverschlüssen, Zigarettenkippen und weiteren Unrats die Gruppe von einer 30 qm kleinen Fläche schon zusammengetragen hat. Zeitgleich wird ein Neuling eingewiesen: Er solle für das Einsammeln von Glasscherben nicht die dünnen weißen Plastikbeutel verwenden, weil sie schnell zerreißen. Sondern die dicken grauen Säcke, die seien stabiler.
“Wie blöd seid ihr denn…”
Beeindruckend. Beide Gruppen, die vom Park wie die vom Opernplatz, schieben die Arbeit nicht allein den städtischen Ämter zu, sollen die sich doch um den öffentlichen Raum der Stadt kümmern; was von Amts wegen auch mehr oder weniger gut geschieht. Die Freizeit-Parkschützer berichten uns übrigens, die zuständige Amtsstelle habe bislang kein übermäßiges Interesse an ihrer Arbeit gezeigt. Trotzdem: Sie sind sich für eine wenig geschätzte Arbeit nicht zu schade, auch wissend, dass sie von Vielen nur Hohn und Spott ernten — wie blöd seid Ihr denn… .
Sie halten denjenigen den Spiegel vor, die meinen, dass sie genügend Steuern zahlen, von denen Menschen dafür bezahlt werden, den Müll der anderen wegzuräumen. In den USA wird — im Gegensatz zu uns — über solche Fragen öffentlich debattiert, über das Gemeinwohl und das Verhältnis seiner Bürger zu ihm. Robert Reich, Professor in Berkeley, einst Arbeitsminister der ersten Clinton-Administration, hat darüber in den letzten Jahren zwei Bücher verfasst. Er hält ein solches Engagement von Bürgerinnen und Bürger für eine unverzichtbare demokratische Tugend, Nichts zum Belächeln.
Auf dem Nachhauseweg kommt uns, in einem anderen Stadtteil, eine Gruppe von Schülerinnen auf dem Bürgersteig entgegen — mit grauen widerstandsfähigen Plastiktüten in der Hand. Das beruhigt: Wer was macht, fallenlassen oder einsammeln, ist offensichtlich keine Generationenfrage. Aber was dann?
Selber-machen, ist immer noch das, Beste. Auch, Muelltrennung ist, in : Selber, machen…!?-.
Da, mangelt wohl vielen an, Erziehung – Vorbily…!?-.
Wie, auch immer : Selber-machen, ist angesagt/in. Viel, Erfolg! …