„Klimaterroristen“ ist das Unwort des Jahres 2022. Dieser Sprachgebrauch stelle gewaltlose Protestformen zivilen Ungehorsams und demokratischen Widerstands in den Kontext von Gewalt und Staatsfeindlichkeit, rügt die Jury. Zugleich laufen heute (11- 01- 2023) die Liveticker heiß: „Die Räumung des besetzten Dorfes Lützerath hat begonnen. Die Polizei rückt auf das Gelände vor. Zuvor hatte die Polizei das Dorf umstellt.“ Bruchstücke empfiehlt den Zwischenruf „Liebe FAZ, eine kleine Kampagne gegen Klimaterrorismus gefällig“ und das Interview mit dem Bewegungsforscher Dieter Rucht „Bleiben die Massen aus, können Radikalität und Sektierertum zum Ersatz werden“ (at)
Die Frankfurter Allgemeine Zeitung übt noch. Wartet wahrscheinlich noch die Reaktionen ab, ob sie eine veritable Kampagne gegen die Klima-Terroristen wagen kann. So ruft Redakteur Reinhard Müller den Staat nicht zum Klimaschutz aus Sorge vor Hitze und Dürre zur Hilfe, sondern zum Schutz vor der eigentlichen Gefahr: vor denjenigen, die das alles zum Vorwand nehmen, um Terror zu verüben.
Die Argumentation des Redakteurs: „Das Muster ist bekannt: Der Staat soll herausgefordert werden und überreagieren. Doch ist zu hoffen, dass dann nicht die Demokratie infrage gestellt wird, sondern eine Bewegung, die mit hehren Zielen und Zeitdruck eine Art Klima-Terrorismus rechtfertigt.“ Es sei für den Rechtsstaat fünf vor zwölf.
Da erinnert sich der aufmerksame FAZ-Leser, dass, die FAZ in diesem Jahr 2022 schon einmal sogar ihren Leitartikel auf Seite eins dem Thema „Grüne Armee Fraktion?“ gewidmet hat. Die damals auch optisch herausgehobene These des Autors: „In der Klimabewegung gibt es Leute, die die RAF romantisieren.“ In Interviews mit diesem Blog hat Bewegungsforscher Dieter Rucht zur Sache Stellung genommen, auch zu der Frage: Ist das mediale Propaganda gegen die Klimabewegung oder gibt es diese zunehmende Radikalisierung tatsächlich? Übrigens: Dieter Rucht gab nicht nur unserem Blog Interviews zur tatsächlichen Radikalität der Umweltbewegung. Er hatte jüngst auch in der Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung ein langes Interview zu diesem Themenfeld. Die Kolleg:innen der FAS scheinen eher an der Sache, weniger an Kampagnen interessiert zu sein.