So etwas wie das Totenglöcklein für die Berliner SPD

Parteien müssen nach dem Parteiengesetz (Paragraph 6 Ziffer 11) in ihren Satzungen eine Vorschrift haben, wonach sie sich selbst auflösen können. Diese Möglichkeit kommt mit Blick auf die Berliner SPD in den Sinn angesichts der Vorgänge um die Wahl des Regierenden Bürgermeisters.

Obgleich ausreichend Stimmen nach Mehrheitsbeschlüssen in CDU und SPD für einen absolute Mehrheit vorhanden waren, wurde der gemeinsame Kandidat aus der CDU erst im dritten Wahlhang gewählt. Vor allem die SPD-Fraktion hat den Verdacht auf sich geladen, Kai Wegner nicht geschlossen gewählt zu haben, so dass der gemeinsame Kandidat schließlich wegen Stimmen aus der AfD-Fraktion eine ausreichende Mehrheit auf sich ziehen konnte. Gewählt mit Stimmen aus der AfD, was nach Berichten von seriösen Zeitungen wie der FAZ nahe liegt. Die berichtete tags darauf, dass wenigstens zwei SPD-Fraktionsmitglieder zugegeben hätten, den CDU-Mann Wegner nicht gewählt zu haben. Seit 1870 nennt man solche Leute im militärischen Jargon „franc-tireurs“ – Heckenschützen.
Im Fall der Berliner „franc-tireurs“ gibt es nichts im gemeinsamen Vorhabenkatalog, was ein solches Verhalten rechtfertigen würde; auch die Personen-Auswahl für den künftigen Berliner Senat rechtfertigt ein solches Verhalten nicht. Es bleiben zwei Aspekte: Die Person des künftigen Berliner Regierungschefs sowie die Mehrheitsentscheidung der Berliner SPD-Delegierten, nicht mehr mit den Grünen und der Linken zu koalieren, sondern mit der CDU. Der künftige Regierungschef gilt in einigen Verbänden der SPD als zu rechts. Eine Koalition mit der CDU offenkundig als politisch verboten. Beides wird nicht mit wirklich nachvollziehbaren Argumenten begründet.
Es ist – wie man es auch dreht und wendet – so etwas wie das Totenglöcklein für die Berliner SPD. Sie hat sich als nicht tariffähig, vertragstreu, ehrenhaft erwiesen. Bösartig geschrieben: ein Teil der Leute, die dieses Desaster angerichtet haben, wird in seine Milieus zurückgeeilt sein und wieder die unkündbaren Dienstposten und Arbeitsstellen einnehmen, die er – auch oder vor allem – der Regierungspartei SPD in Berlin zu verdanken hat.

Klaus Vater
Klaus Vater arbeitet als Kommunikationsberater und Autor. Er war stellvertretender Sprecher der Bundesregierung, zuvor Pressesprecher des Gesundheitsministeriums sowie des Arbeitsministeriums. Seinen Jugend-Kriminalroman "Sohn eines Dealers" wählte die Kinderjury des Literaturpreises "Emil" 2002 zum Kinderkrimi des Jahres.

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