Von „Pontius Scholz“ zu „Pilatus Lindner“

Foto: Michael Lucan auf wikimedia commons

Dem staunenden Volk wird eine Haushalts- und Ausgaben- Diskussion geboten, zugemutet, die Verdrossenheit nur so blühen lässt. Kinder-Grundsicherung, Rente, Militär und über allem die schwäbische Hausfrau.

Die Bundesfamilienministerin setzt eine finanzielle Grundsicherung für Kinder und Heranwachsende durch, ohne ein durchgerechnetes Kosten- und Ausgabenkonzept vorweisen zu können. Sie möchte, so eine Teilbegründung, Kindern den Weg zum Jobcenter ersparen, also Eltern Anträge dort nicht zumuten. Darin stecken ein Sozialstaatsverständnis und eine Vorstellung vom Rechtsanspruch im Rechtsstaat, die ins 19. Jahrhundert gehören. Kaum einer unter den Offiziellen in der Ampel-Koalition widerspricht.

Der Bundesarbeitsminister und der Bundesfinanzminister treten gemeinsam vor die Bundespressekonferenz, um ein auf dem bestehenden Recht aufsetzendes Rentenkonzept lobend vorzustellen. Wenige Wochen später stellt der Bundesfinanzminister, getrieben von FDP-Fraktion und Partei, fest: Wir müssen wieder runter von diesem Konzept. Denn die Rente ab 63 – jetzt nicht mehr 63 Jahren sondern ab 64 und vier Monaten – könne nicht gehalten werden.  Ein eben 28 Jahre alt gewordener FDP- Abgeordneter, der nach eigenen Angaben sein Geld in oder mit einem Online- Musikmagazin verdient hat, meinte dazu: Rente ab 63 nur noch für Geringverdiener. An wen mag er dabei wohl gedacht haben?
In der Ampel-Koalition wird darüber geredet, das Renteneintrittsalter weiter zu erhöhen: Nur zur Erinnerung: Die Erhöhung des Eintrittsalters läuft bis 2031. An diesem Jahr beträgt der reguläre Beginn der Rente aus Altersgründen 67 Jahre, die frühere Rente ab 63 hat sich in Renten ab 65 verwandelt. Zudem: die durchschnittliche Lebenserwartung steigt seit Ende des vorigen Jahrzehnts nur noch marginal.

Versprechen nicht gehalten

Der Verteidigungsminister, der die Wende hin zur wirksamen Verteidigung unseres Landes managen soll, läuft von „Pontius Scholz“ zu „Pilatus Lindner“, um die Kohle hierfür zusammen zu kriegen. Vergebens bislang. Und dann wundert man sich, dass dieser Mann enttäuscht murmelt: Ich muss das hier nicht machen.

Über Jahre hinweg haben europäische Regierungen – auch die unsrige – der ukrainischen Regierung versprochen, ihr und den Soldaten des Landes genügend Munition zur Verfügung zu stellen. Die Versprechen wurden alle nicht gehalten. Mal fehlte Geld, dann dauerte die Auftragsvergabe, dann waren die Rüstungsfabriken zu klein. Es ist ein Skandal eigener Art.

Zum Haushalt selber: Noch im Herbst 2023 wurde errechnet, dass die vom Parlament beschlossenen, aber nicht verwendeten Haushalts- Restmittel rund 31 Milliarden € betrügen. Wie sieht es denn jetzt aus? Was ist übrig? Wie viel davon kann über die Jährlichkeit hinaus genutzt werden?

Um uns herum reüssieren die harten Rechten – jüngste Beispiele: Mazedonien, pardon, Nord Mazedonien, die Niederlande. Es wird enger für die liberalen Demokratien. Wie soll der Staat es schaffen, unter Sparzwängen innere Sicherheit auch nur halbwegs zu garantieren? Der Bundesfinanzminister erzählt vielmehr den Menschen etwas von der „schwäbischen Hausfrau“. Es wird höchste Zeit, dass der Mann, der von sich sagt: Wer bei mir Führung bestellt, bekommt sei auch, dem Freund der schwäbischen Hausfrauen erklärt: Leg endlich etwas anderes auf, sonst suchen wir uns einen neuen DJ.

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Klaus Vater
Klaus Vater arbeitet als Kommunikationsberater und Autor. Er war stellvertretender Sprecher der Bundesregierung, zuvor Pressesprecher des Gesundheitsministeriums sowie des Arbeitsministeriums. Seinen Jugend-Kriminalroman "Sohn eines Dealers" wählte die Kinderjury des Literaturpreises "Emil" 2002 zum Kinderkrimi des Jahres.

1 Kommentar

  1. Endlich! Ein erfrischender Kommentar. Ich denke mir schon seit einigen Tagen: Warum kommentiert niemand das Trauerspiel dieser Regierung mit dem Wechselbalg Lindner, dem Wende -Kanzler Scholz und den Grünen, die ihr Hand-Werk oft nach dem Motto “gut gemeint ist das Gegenteil von gut” ausführen. Es ist zwar keine Staatskrise, aber eine Regierungstragödie mit gefährlichen Folgen. Aus der Zeitenwende wird ein Wende-Frieden. Die Friedens-Plakate von O. Scholz sind zwar noch kein Diktatfrieden für die Ukraine aber ein Schwäche-Frieden, der Versuch einer Rechtfertigung von Zaudern und Zögern. Europa steht mit erstarkten extrem rechtspopulistischen Parteien, einem auf Zerstörung der Ukraine ausgerichtetem Russland und einer USA mit ungewisser Zukunft ohne überzeugende demokratische Führung da!

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