Kluge Leute vermeiden die High-Noon-Situation; weniger kluge führen eine solche Situation herbei: Du oder ich, die oder wir, jetzt!
Der Kanzlerkandidat der CDU/CSU, Friedrich Merz, hat eine solche Situation herbeigeführt. Er will in dieser Woche im Deutschen Bundestag eine Entscheidung über die künftige Schutzgewährung an den Grenzen der Bundesrepublik herbeiführen. Wie auch immer sie zustande komme und bei Ausschluss jeglicher Kompromisse. So seine Worte.
Wird keine Mehrheit aus den beiden C-Parteien und Teilen der bisherigen Ampelfraktionen gebildet, dann wird eine Mehrheit aus den beiden C-Parteien und der AfD sowie wahrscheinlich aus Teilen des Bündnisses Sahra Wagenknecht zusammenfinden. So sieht die Sache aus.
Der Kanzlerkandidat der beiden christlich firmierenden Parteien schenkt, ja schenkt der AfD die Chance, sich in einer der schwierigsten politischen Fragen als nützlich, ja als derzeit nicht ersetzbar darzustellen. Das ist die Chance, auf welche die AfD-Führung seit längerem wartet. Diese Führung wird sagen können: Sehr her, wenn man uns lässt, führen wir zusammen mit anderen, überraschend vernünftig Gewordenen das deutsche Volk, Land und Staat aus einer Schicksals-Gefahr heraus. Das könnte deren „Lyrik“ und Melodie für den Rest der Wahlkampfzeit und darüber hinaus sein.
Ich weiß nicht, was in den nächsten Tagen noch geschieht. Diese Tage können aber so ablaufen, dass darin der Beginn von etwas Neuem steckt. Und dieses Neue ist dann das Ende des – wenngleich schmaler gewordenen – antinazistischen Weges der Bundesrepublik Deutschland.
Wie gesagt: Kluge Leute vermeiden die High-Noon-Situation; weniger…..
Ob Herr Merz klug, dumm oder sehr raffiniert ist, das wird sich noch weisen: Zumindest hat er damit das Thema Geflüchtete/Gewalt für diesen (sehr kurzen) Wahlkampf endgültig zum Thema Nummer 1 gemacht. Ein Thema, mit dem mit hoher Wahrscheinlichkeit seine Union, die AfD und Wagenknecht gleichermaßen reüssieren, alle anderen mehr oder weniger verlieren. Die „alle anderen“ sind dann die Dummen.
Auch die Selbstverständlichkeit, mit der dieser Kommentar und nicht wenige Leitartikler der Republik unterstellen, dass das Differenzierungsvermögen der Wähler:innen in Sachen Migration bei Null liegt, trägt dazu bei, dass „‚alle anderen‘ die Dummen sind“.
SUPER, LIEBE KOLLEGINNEN UND KOLLEGEN.
ERINNERE MICH GERNE AN DIE ALTEN ZEITEN
MUSS UNBEDINGT MAL WIEDER Degenhardt und die anderen Alten hören oder sehen. gerne im ÖR!
Lasst uns gelegentlich mal wieder teflonieren!
1968, ich war 22 Jahre alt, haben einige wenige im damaligen Landkreis Schleiden in der Eifel dafür gesorgt, dass die NPD mit Blick auf die Bundestagswahl 1969 nicht „unbehelligt“ blieb. NPD: Das waren damals zum Teil aus dem Bereich des Ostblocks gekommene Aussiedler und ewig Gestrige. Wir riskierten ein paar aufs Maul zu kriegen. Damals hieß es: Regt Euch über die nicht auf, das geht vorbei. Stimmt. Es ging vorbei. War aber nach einer halben Generation wieder da. Stärker als zuvor. Wieder war zu hören: Das geht vorbei. Heute sind die stärker als jemals nach 1945. Heute heißen die „Revolte Rheinland“. Beispielsweise. Der Kern der „Bewegung“ heißt AfD einschließlich deren Nachwuchs-Organisation.
Die AfD versteht sich auf Verbleib und Veränderung: Sie greift die heutige Gesellschaft an ihren „weichen Stellen“ an: Schule, Erziehung, gleiche Chancen, sie mobilisiert Abneigung gegen Formen der Inklusion. Sie setzt in Kommunen und Ländern darauf, Einfluss auf und in den Institutionen der Demokratie zu gewinnen. Sie macht sich zunutze, dass große Teile der Bevölkerung Institutionen skeptisch bis ablehnend betrachten. Sie ist Info-technologisch up to date. International vernetzt. Sie erreicht mit einem Wähler-Sympathisanten-Stamm von gut zehn v.H. 20 Prozent derjenigen, die wählen gehen wollen. Ende vergangenen Jahres habe ich eine alte, eine sehr alte Dame in meiner Heimat besucht. Kluge alte Frau. Beiläufig sagte sie: Wir sind wieder reif für Abenteuer.
Den Satz hatte ich zuletzt irgendwann während der siebziger Jahre gehört, gesagt vom damaligen sowjetischen Außenminister Andrej Gromyko. Ich erwähne die Gegebenheit in meiner Heimat, weil sie mich getroffen hat. Sie hat mein nachlassendes Vertrauen in Standfestigkeit und Berechenbarkeit eines großen und wachsenden Teils der hiesigen Bevölkerung genagelt; ebenso mein nachlassendes Vertrauen in einen wachsenden Teil der hiesigen politischen Klasse; freilich auch mein sinkendes Vertrauen in die Standfestigkeit und Durchblick derjenigen, die tagtäglich Millionen mit dem „Grundnahrungsmittel Information“ versorgen. Da helfen mir und ich schätze: auch vielen, vielen anderen Hinweise darauf, wer denn der Dumme sei und wer nicht oder ob Merz dies oder das sei, nicht weiter. Merz hat eine Chance eröffnet, das zu tun, was tunlichst vermieden werden sollte: Rechtsradikale mit ihren Anhängen an der in der Demokratie gebundenen Macht zu beteiligen.