Linke Politik wäre als Weltinnenpolitik zu denken und zu praktizieren

Viel ist von der Krise der Linken die Rede. Diese zu überwinden erfordert, sich von einem beschränkten, durch spezifische Parteiprobleme verzerrten Rahmen zu lösen. Es geht also um linke Politik insgesamt, dazu hier einige vorläufige, skizzenhafte Überlegungen (Teil 2).
»Es fehlt uns was, das keinen Namen mehr hat.« (Volker Braun)
Die Umsetzungsfrage zu betonen, soll weder zu einem ausschließlichen Plädoyer der »kleinen, aber möglichen Schritte« verleiten, weil diese nicht ausreichen. Aber ebenso wenig reicht die Hoffnung auf einen »großen Sprung« heraus aus den kritisierten Verhältnissen. Die Antworten liegen dazwischen. Das ist kein »Dritter Weg«, sondern der nötige Schritt heraus aus einem falschen Dualismus, der im veränderten Rahmen noch weniger Berechtigung hat. Umsetzungsfragen betreffen alle Varianten linker Politik, der Zeitfaktor der biophysikalischen Existenzkrise lässt sie nun ins Zentrum treten. 

Linke Politik speist sich aus unterschiedlichen Traditionslinien, Zugängen, Ansprüchen. An Betonung der politischen Grenzen, hinter denen man es nicht mehr mit einem linken Politikraum zu tun hat, besteht kein Mangel. Geringer sind die Bemühungen, diese unterschiedlichen linken Linien im gemeinsamen Interesse miteinander zu verbinden, sie für jeweils das Ganze nützlich zu machen.  

Linke Verbindungen

Man kann fünf Linien linker Politik unterscheiden, die in der Vergangenheit in unterschiedlichem Maße in und zwischen existierenden Organisationen der Linken miteinander um Deutungshoheit und Zielbestimmung konkurriert haben.

  • Die institutionelle Linie: die Logik des Parlamentarismus, des Regierens und Durchsetzens, also Institutionen zu verändern, Erfolge so zu sichern, das Beschlüsse Realität werden, Bestand haben können auch bei anderen Mehrheiten usw. Im planetaren Paradigma steht diese Linie für die entscheidende Frage: Wie wird in der repräsentativen Demokratie Wandel umsetzbar?
  • Die außerparlamentarische und gewerkschaftliche Linie: die Zusammenarbeit und Zuspitzung von gesellschaftlichen Auseinandersetzungen, von aktiven Minderheiten, Treibern auf Themenfeldern der Linken, Veränderung der »gesellschaftlichen Kräfteverhältnisse«, Selbstermächtigung, Herausbildung von »politischen Identitäten«. Im planetaren Paradigma steht diese Linie für entscheidenden Fragen wie: Wer sind wir? Woher kommt welcher Impuls für welchen Wandel?
  • Die konservative Linie: Diese unterscheidet sich von aktuellen Versuchen politischer Polarisierungsunternehmungen, den Begriff »konservativ« mit links zu verbinden dadurch, dass sie das Gegenwärtighalten früherer Kämpfe und Erfolge, insbesondere der goldenen 30 sozialdemokratischen Jahre, der nationalstaatlichen Ausbalancierung von Arbeit und Kapital, nicht im Sinne von »dahin zurück« thematisiert., Sie greift es vielmehr in dem Sinne auf, so viel sollte mindestens immer wieder möglich sein, ohne dass darüber aber der politische Preis – Stichwort: männliche Normalarbeit – vergessen wird. Im planetaren Paradigma steht diese Linie für entscheidenden Fragen wie: Wie viel Wandel ist für die Mehrheit verkraftbar, wie viel Wandel kann eine demokratische Mehrheit gewinnen?
  • Die liberale Linie: Diese betont die Aspekte subjektiver und kollektiver Freiheit, individueller Entfaltung sowie der dazu nötigen Ausweitung demokratischer und rechtlicher Ansprüche. Im planetaren Paradigma steht diese Linie für entscheidende Fragen wie: Wie demokratisch und freiheitlich kann der Wandel gestaltet werden?
  • Die antikapitalistisch-utopische Linie: die Logik der Systemkritik, die um das Unzureichende von Reform und Transformation weiß und immer wieder darlegen kann, was global auf dem Stand der Produktivkräfte an Lebensverhältnissen für alle darüber hinaus möglich wäre, wenn Herrschaft und Ausbeutung überwunden würden. Im planetaren Paradigma steht diese Linie für entscheidende Fragen wie: An welchem utopischen Überschuss ist Wandel orientiert?

Im Idealfall wächst aus der produktiven Verbindung – das heißt aus dem Wissen, dass zu linker Politik alle fünf Linien gehören, dass eine erfolgreiche Linke deren aller Beitrag benötigt – etwas, das größer ist als die bloße Summe der von Formelkompromissen zusammengehaltenen einzelnen Teile.

Dem Anspruch, einem planetaren Realismus gerecht zu werden, könnten die genannten Linien aber ebenfalls nur genügen, wenn sie über ihre eigene Vergangenheit hinausgehen, die jeweils zutage getretenen Begrenzungen überwinden.

Die institutionelle Linie weiterzuverfolgen hieße unter anderem, den von der biophysikalischen Existenzkrise gesetzten Zeitfaktor in das evolutionäre Veränderungsmodell einzuschreiben und die Konkretisierung von Reformpolitiken daran neu auszutarieren. 
Die außerparlamentarische und gewerkschaftliche Linie weiterzuverfolgen hieße unter anderem, auf die produktive Bearbeitung der Widersprüche zwischen der aktivistischen Formulierung jeweiliger Teil-Interessen und der ökologischen Frage als übergeordneter Rahmensetzung zu drängen. 
Die konservative Linie und die liberale Linie können nur weiterverfolgt werden, so weit Erreichtes auch unter Beachtung des planetaren Realismus bewahrt werden kann. Und die antikapitalistisch-utopische Linie ist als Treiber über die eigenen Begrenztheiten hinaus nur dann zukunftsfähig, sofern sie die stofflichen Grenzen und die Physik der Krise in ihre eigene Logik selbst ausreichend einbaut.

Neue Klassenfragen

Zweifelsohne hat linke Politik – haben Kommunistinnen, Sozialisten, Sozialdemokratie – in den vergangenen Jahrzehnten ihren vormaligen Rückhalt unter Arbeiterinnen und Arbeitern in Produktion und Dienstleistung verloren. Ein Bündel von Ursachen, vom sozialen Wandel bis zur politischen Agenda, hat dazu beigetragen. 

Es aber ist unzureichend, diese Bewegung als Ausdruck fehlender Repräsentation durch linke Politik zu begreifen. Es ist, wir wiederholen uns, nicht fehlende Repräsentation, sondern die fehlende Durchsetzung von handfesten Verbesserungen in der Lebenslage der arbeitenden Klassen in beengten Lebensverhältnissen. Wessen Geld nicht bis zum Monatsende reicht, um ein ganz plattes Bild zu bemühen, der braucht keine politische Kraft, die ihm sagt, dass sie weiß, wie sich das anfühlt, sondern eine Kraft, die in der Lage ist, zeitnah daran etwas zu ändern. 
Außerdem verkürzt der Fokus auf diese »Repräsentationslücke« den Blick auf die zugrundeliegenden Klassenverhältnisse. Eine »Rückkehr zur Klassenpolitik« ist keine Lösung, wenn sie nicht zugleich einen »Vorstoß zu neuen Klassenfragen« beinhaltet (mitunter handelt es sich auch um die Wiederentdeckung alter, aber verloren gegangener Einsichten). 

Selbstverständlich ist es nicht DIE Menschheit, die die Verantwortung für den Weg in die Katastrophe trägt, sondern es sind die Verhältnisse, in denen die Menschen ihre Geschichte machen, die gesellschaftliche Reproduktion sichern wollen. Und die Vermögen, den Verlauf der ökonomischen, sozialen und kulturellen Entwicklung zu bestimmen, sind global wie national höchst ungleich verteilt. 

Linke Politik verliert an innerer Kraft und Glaubwürdigkeit, wenn ihre Forderungen nicht mehr global verallgemeinerbar, für alle Menschen vorstellbar sind – allein weil der Planet die nötigen Ressourcen nicht hergibt. Und für die politisch interessierte Gesellschaftsanalyse hat sich insofern viel verändert, als der gesellschaftliche Produktions- und Reproduktionsprozess eher planetar, global, weltweit, zumindest supranational gedacht werden muss.
Die Kämpfe um die Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums finden bisher eher nationalstaatlich statt, also die Auseinandersetzungen um Verteilung von Reichtum und Lasten, Regulierung, Arbeitsbeziehungen, Gewinne und Löhne und so weiter. Inzwischen geht es aber auch um das Territorium, auf dem man heimisch ist. Die Bewohnbarkeit des Planeten bzw. der Erhalt natürlicher Ressourcen sind Teil der Verteilungskonflikte geworden. 

Vor der Natur sind nicht alle gleich

Wir haben es mit einer Ineinander-Verwobenheit mehrerer sozialer Fragen zu tun, die sich sowohl gleichzeitig stellen als auch nicht mehr externalisieren lassen. 
Die traditionelle (alte, aber nicht überholte) »soziale Frage« zielte auf die Verteilung der Ergebnisse gesellschaftlicher Produktivität zwischen Arbeit und Kapital, innerhalb der Arbeit zwischen gut bezahlter, prekärer sowie unbezahlter und zwischen Arbeit und Nichtarbeit, wobei sie zwischen verschiedenen (materiellen) Knappheiten changierte (Wohnung, Einkommen, Gesundheit, Bildung).
Die soziale Frage, die mit der Klimapolitik gestellt wird, unterscheidet sich davon in doppelter Hinsicht: Es geht zunächst um die unterschiedliche Betroffenheit, um Belastungen von den Rückwirkungen des Anthropozäns, der menschengemachten Natur und ihrer Katastrophen, unterschiedlich nach Einkommen und Wohnort.
Diese Betroffenheit ist per se international, global, weil planetar. Ausbleibender Regen in Ost- oder Westafrika oder Spanien und anschließende Blitzdürren führen nicht nur zu Hungerkatastrophen, sondern auch zu Ernteausfällen, die wiederum hiesige Lebensmittelpreise steigen lassen, mit denen wiederum einkommensarme Haushalte besonders zu kämpfen haben. Wasser, das für die Agrarproduktion verbraucht wurde, wurde andernorts den Wasservorräten entnommen. Die Zerstörung natürlicher Lebensgrundlagen treibt Migrationsbewegungen usw. usf. 

Vor der Natur sind nicht alle gleich. Wenn Klimapolitik als ein strategischer Hebel in der biophysikalischen Existenzkrise angesetzt wird, dann wird die soziale Frage zur »klimasozialen Frage« der Belastungen, aber auch der Möglichkeiten, aktiver Teil der klimasozialen Transformation zu werden. 

Die Krise des industrie-kapitalistischen, fossilistischen Naturverhältnisses beschränkt sich aber nicht auf die Rückwirkungen der fossilen Emissionen. Wenn von sozial-ökologischer Transformation die Rede ist, dann geht es um die natürlichen, planetaren Grenzen des Ressourcenverbrauchs – zudem aus einer universellen, globalen Perspektive, die das gleiche Recht auf Entwicklung, Wohlstand usw. überall unterstellt. 

Die soziale Frage geht hier dann aufs Ganze: auf die Produktions- und Lebensweise. Sie fragt nach dem, was für ein erfülltes Leben für alle notwendig, angemessen und genug ist, was »wir« uns dafür leisten müssen und nicht mehr leisten können. Die Frage ist dann zum Beispiel nicht mehr, ob Autos mit Elektromotor oder mit eFuels im Tank betrieben werden, sondern ob und warum es noch Autos geben kann und soll. Privatjets wären zu verbannen, weil eine Welt, in der jede darüber verfügt, nicht vorstellbar und nicht erstrebenswert ist.

Mit wem – für wen?

Zu den überkommenen Auffassungen zählt, dass linke Politik vor allem für die unteren Einkommensklassen, die manuell Arbeitenden oder die Arbeiterklasse einzutreten habe. Im dazu gehörenden Paradigma der klassischen nationalstaatlichen Verteilungspolitik lag das nahe. Linke Politik verzichtete aber damit auf jegliches qualitative Mehr gegenüber sozialdemokratischer Politik. Und es war auch historisch verkürzt: Denn die Erfolge linker Politik wurden immer nur dann und dort erkämpft, wenn die Anliegen der unteren Schichten aus den oberen Schichten unterstützt wurden, von denen, denen die Lebensverhältnisse in der »Unterstadt« ein Skandal waren, mit dem sie nicht leben wollten.

Falsch ist die gängige Gegenüberstellung, dass sich Menschen in proletarischen Lebenslagen nicht für Klimapolitik interessieren würden, weil ihre Ambitionen vom »Denken bis zum Monatsende« bestimmt würden. Woran es fehlt, sind oftmals soziales und ökonomisches Kapital bzw. die strukturellen Voraussetzungen, um sich als aktiver Teil einer Transformation begreifen zu können. 

Linke Politik, die die Verbindung von sozialer Frage und ökologischer Frage als die neue, die klimasoziale Frage in den Mittelpunkt rückt, wird sich nicht auf bestimmte Einkommens- und Lebenslagen beziehen, sondern primär auf diejenigen, die aktiver Teil der Transformationspolitik sein wollen, diese stützen würden. Linke Politik stellt daher nicht die Veränderung individueller Konsumweisen in den Vordergrund, sondern die strukturellen Bedingungen, unter denen konsumiert wird. Die Bereitschaft, Veränderungen in der Logik des planetaren Paradigmas zu unterstützen und die dafür notwendigen gesellschaftlichen Voraussetzungen zu schaffen, verbindet Angehörige unterschiedlicher sozialer Schichten zu einer politischen Formation, die bis auf weiteres als ökologische Klasse begriffen werden kann.

Weitere Fragen, die im planetaren Paradigma mitentscheiden, »auf welcher Seite« man steht, wären zum Beispiel: Wie verhalten sich die Bewohner von Territorien, die bis auf weiteres nur gemäßigt betroffen sind, zur Bedrohung der Bewohnbarkeit des Planeten anderswo? Verteidigen sie ihren klimatischen Vorteil und ihre gesellschaftlichen Verhältnisse gegen den zu erwartenden »Migrationsdruck«? Mit welchem Recht wird ein Territorium beansprucht, werden Grenzen gezogen? Welchen Ausweg bietet linke Politik, als Alternative zur aufziehenden Epoche des Neo-Nationalismus?

Es gibt kein Außen mehr

Die gegenwärtige Debatte über die Abschottung des industriell hochentwickelten Nordens vor Migration ist auf vielfache Weise beschämend.
Natürlich würde man die derzeit nach Europa Kommenden aufnehmen, versorgen, integrieren können. Das ist eine politische Entscheidung über die Allokation öffentlicher Ressourcen, damit einer der fiskalpolitischen Glaubenssätze, in denen sich Politik bewegen möchte (Schuldenbremse). Und es ist eine politische Entscheidung über ökonomische und politische Integration. Dabei ist vielfach der Ruf nach schneller Arbeitsmöglichkeit zu hören, dieser wäre durch einen Anspruch zu ergänzen, der mit der Gleichheit demokratischer Rechte zu tun hat: Wer hier dauerhaft lebt, soll über die Verteilung des gesellschaftlich produzierten Reichtums gleich mitbestimmen können. 

Statt über Lösungen, über deren Umsetzung man sich ehrlich machen müsste, wird über Scheinlösungen gesprochen, die an den zu Tage tretenden Folgen vergangener Versäumnisse nichts ändern, sondern nur Wut bewirtschaften. Probleme bei Unterbringung, Versorgung und Integration von Migrantinnen und Migranten sind real, aber Defizite der Gesellschaften, die die dazu nötigen Mittel nicht aufbringen. 

Nicht zuletzt aber ist die gegenwärtige Migrationsdebatte deshalb beschämend, weil sie wider besseren Wissens so tut, als ließen sich in Zeiten des planetaren Paradigmas die Widersprüche noch national betrachten und mit Zäunen ausgrenzen. Sie beharrt auf der Annahme eines Außens. Und wo mit der unterschiedlichen »Zuteilung« von Menschenwürde erst einmal begonnen ist, wird Berechtigung »hier zu leben« gänzlich politisch verfügbar, entziehbar, verteilbar. 

Wer darf wo bleiben? Darin liegt auch: Wer darf weiterhin am, (ungleich verteilten) Wohlstand einer Produktions- und Lebensweise partizipieren, die vor allem anderswo und dort früher als hier die Möglichkeit von »bleiben können« immer weiter reduziert. Die politisch befeuerte Zustimmung, Menschen abzuwehren – von den EU-Außengrenzen, vom »eigenen Land«, aus der Gemeinde, in der man lebt – greift über das hinaus, was bisher vor allem mit Kategorien wie Nationalismus, Ethnozentrismus, Rassismus analysiert wurde. 

Anders gesagt: In die Migrationsfrage ist etwas tief eingeschrieben, was vom planetaren Paradigma herrührt. Es geht im Grunde um ein viel weiter gefasstes »Bleiben können«: Andere sollen nicht dorthin kommen dürfen, wo man noch eine kleine Weile länger an etwas festhalten möchte, das schon längst nicht mehr tragfähig ist. Es geht um die »ökologische Hypothek«, welche der Wunsch nach »Weiter so« verdrängt; um die (insgeheim längst als fatal erkannte) Sehnsucht nach einer sozialen Kontinuität, die nicht mehr mit ihrer planetaren Einbettung vereinbar ist; um den der Wunsch, an Produktions- und Konsumweisen festzuhalten, die schon längst zu Lasten von Menschen außerhalb Europas gehen. 

Zur Verdrängungsgesellschaft gehört der Glaube, mit den Flüchtlingen gleichsam die Folgen des Klimawandels draußen halten zu können. Die Frage, wer wo bleiben darf, bleiben kann, stellt sich aber längst schon »im Inneren« – für die von den Folgen des Klimawandels um ihre Existenz gebrachten südeuropäischen Landwirte, für die in geleerten Meeren nichts mehr fangenden Fischer Nordeuropas, für aus den von Hitzewellen geplagten Städten getriebenen Älteren usw. Was folgt daraus?

Linke Politik wäre als Weltinnenpolitik zu denken. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, müssen alle »außenpolitischen« Fragen neu gestellt und teils auch auf neue Weise beantwortet werden. Theoretische Ansätze etwa von Leggewie und anderen oder von Redeker, die auf die Verbindung von Hospitalität und Habitabilität aufmerksam machen, auf zu erweiternde Bleibefreundschaft (und Bleibefreiheit) sowie gestohlene Bewohnbarkeit, müssen operationalisiert werden – auch das ist im Kern eine Umsetzungsfrage. 

Zwischenfazit

Linke Politik im »planetaren Paradigma« zu denken, geht über »mehr Ökologie« oder das Überbieten klimapolitischer Ziele anderer hinaus. Die biophysikalischen planetaren Wirkungsketten setzen einen Rahmen, in dem vieles neu, anders bedacht werden sollte. Statt über vermeintliche Repräsentationslücken ist über die Umsetzungslücke zu sprechen, die zwischen Erkenntnis über das planetar Notwendige und tatsächlichem Fortschritt von Veränderungen klafft. Man wird diese Lücke nicht mit Parolen überbrücken können, nötig ist, einen planetaren Realismus von links auszubuchstabieren. Linke Politik der Zukunft ist mit neuen Klassenfragen und damit neuen Bündnisfragen konfrontiert. Sie wird ihre Zielformulierungen aufgrund zeitlicher und stofflicher Begrenzungen stark priorisieren müssen. In einer Zeit, in der es kein Außen mehr gibt, wird linke Politik immer »Weltinnenpolitik« sein. 

Postscriptum

Diese Überlegungen sind erkennbar lückenhaft und nicht abgeschlossen. Wesentliche Felder wie das der Demokratie im »planetaren Paradigma«, Fragen der Rolle von Technik oder zu linker Außenpolitik im neuen Rahmen sind in dieser Skizze noch unbeachtet, die Umsetzungslücken selbst sind noch nicht mit operationalisierbaren Vorschlägen gefüllt. Es handelt sich um einen noch längst nicht abgeschlossenen Suchprozess.

Teil I steht auf bruchstuecke hier. Der Beitrag erschien unter dem Titel
Linke Politik? Fürs erste einige Überlegungen“ zuerst bei linksdings.

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Kahrs Strohschneider
Horst Kahrs ist Sozialwissenschaftler und Publizist. Von 1995 bis 2021 hat er in verschiedenen Funktionen für die PDS, DIE LINKE und die Rosa-Luxemburg-Stiftung gearbeitet. Heute betreibt er mit Tom Strohschneider den Blog »linksdings – Der Schlüssel steckt von innen« https://linksdings.ghost.io/ Tom Strohschneider ist Journalist und Historiker, war Redakteur des Freitag und der TAZ, 2012-2017 Chefredakteur Neues Deutschland und arbeitete federführend an der monatlich erscheinenden Wirtschaftszeitung OXI mit.

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