Brandmauer oder Brandbeschleuniger? Der Entwurf des neuen CDU-Grundsatzprogramms. Teil 3: Radikal rechts

© Kostas Koufogiorgos

Die „deutsche Leitkultur“ feiert im CDU-Programmentwurf ein Fest. Der von Deutschland geforderte „Mut zu seiner Leitkultur“ ist nicht nur sprachlich eine merkwürdige Konstruktion, sondern auch inhaltlich unbestimmt und manipulativ zu nutzen. Ausdrücklich wird festgestellt, anders als im Grundsatzprogramm 2007, dass Leitkultur weit mehr umfasst als das Grundgesetz. Das „Mehr“ ist nebulös beschrieben als „das gemeinsame Bewusstsein von Heimat und Zugehörigkeit, das durch Gesetze nicht erzwungen werden kann, aber eine unverzichtbare Voraussetzung für Zusammenhalt“ sei. Dieses Mehr verlangt auch „Verständnis für Tradition und Bräuche, des ehrenamtlichen Engagements und Vereinslebens, der deutschen Kultur und Sprache sowie unserer Geschichte„. Es sind gefährlich schwammige Formulierungen, die Tür und Tor für Abgrenzung und Ausgrenzung öffnen, statt zu Willkommenskultur und Integration.

Halten wir vorab dagegen fest: Von allen kann nicht mehr und nicht weniger verlangt werden, als das Grundgesetz mit den in ihm enthalten Werten zu achten und zu befolgen, sich rechts- und gesetzeskonform zu verhalten. Alles andere führt in die Irre, führt zu Deutsch- und Volkstümelei, leistet Vorschub für völkisches Denken. Buchstabiert man die „deutsche Leitkultur“, einst als Kampfbegriff gegen die „Einwanderungsgesellschaft“ und ihre Multikulturalität entwickelt, in der jetzt im Programm ausgeführten Form durch, führt das zur Assimilation statt Integration. Genau das bestätigt Friedrich Merz selbst auf einem CDU-Kongress zur Diskussion des Programmentwurf am 28. Februar in Hannover.

Screenshot: AfD Homepage

CDU ist Heimat, Deutschland ist Heimat, Wald ist Heimat

Auch der „weltoffene Patriotismus“ zielt auf Verengung und Ausgrenzung. Der Satz „Deutschland ist unsere Heimat“ gilt in dieser Form weder für die Vertriebenen und Flüchtlinge nach 1945 noch für Millionen von Migranten in den Jahrzehnten danach. Ihre Heimat liegt wo anders. Ob ihnen Deutschland zur „Heimat“ geworden ist, ob ihnen der „Heimatbegriff“ überhaupt etwas sagt, lässt sich weder vorschreiben noch verpflichten. Der Begriff „Heimat“ hat angesichts der gesellschaftlichen Entgrenzung und der globalen Mobilität seinen ursprünglichen Sinn verloren. Heimat, d.h. willkommen zu sein, kann in der „Fremde“ gefunden, Fremdheit, d.h. ausgegrenzt zu sein, kann auch in der „Heimat“ erfahren werden.

Dem entspricht zunächst auch der inflationäre Gebrauch des Begriffs „Heimat“ bis an die Grenze der Lächerlichkeit. Die CDU ist Heimat, Deutschland ist Heimat, Wald ist Heimat, mit der sozialen Marktwirtschaft bleibt die Heimat lebenswert, in der Stadt muss Heimat gefunden werden, am Land natürlich auch, Föderalismus schafft Heimat, die Leitkultur erst recht. Spannend wird es, wenn es heißt „Das Recht auf Heimat gilt fort“. Da wird „Heimat“ wieder verengt. Plötzlich ist nur noch von den nach 1945 Heimatvertriebenen, die eine Brückenfunktion erfüllen, die Rede, und den „Deutschen, die in ihrer Heimat außerhalb der Bundesrepublik Deutschland geblieben sind“, wer immer damit wieder gemeint ist. Jedenfalls nicht die Millionen Migrantinnen und Migranten, die Geflüchteten und Asylbewerber, die in gleicher Weise Heimat bewahren wollen, eine Brückenfunktion ausüben könnten zu ihren Herkunftsländern, aber auch in Deutschland Heimat finden wollen.

Julius Hammer: Leben und Heimat in Gott – Eine Sammlung Lieder zu frommer Erbarmung und sittlicher Veredlung, 1880.
(Foto: Tacirci auf wikimedia commons)

Die neue Bürgerlichkeit, die merkwürdige Selbstverpflichtung Deutschlands zu „seiner“ Leitkultur, der „weltoffene Patriotismus“, der in einen engen Heimat-Begriff mündet, das alles läuft der Anerkennung der Tatsache entgegen, dass Deutschland ein Einwanderungsland ist, dass Vertriebene und Flüchtlinge, Migrantinnen und Migranten immer schon ihre eigenen Traditionen und Bräuche mitgebracht haben und sich ihrer Herkunft-Heimat zeitlebens verbunden fühlen. Anstatt den Rahmen für eine multikulturelle Gesellschaft mit Vielfalt und Verschiedenheit, Respekt und Toleranz zu beschreiben, in der die Menschenwürde aller und die Werte des Grundgesetzes geachtet werden, unterschiedliche Kulturen respektiert und Lebensweisen akzeptiert, wird durch Abgrenzung und Abschottung ein Miteinander von Kulturen und Ethnien in Frage gestellt. Wie gesagt, Assimilation statt Integration. Wer sich nicht assimiliert … man mag sich die Fortsetzung nicht denken.

Religion als Kampffeld

Auch Religion wird zum Kampffeld. Im Abschnitt „Religionen geben Halt“ wird deutlich, dass damit eigentlich nur das Christentum als Religion gemeint ist. Religion ist die Grundlage der Arbeit der CDU, denn alles gründet im „Christlichen Menschenbild“. Politisches Christentum in Reinkultur. Allerdings ist das ein durch Humanismus, Aufklärung und bürgerliche Revolutionen bereinigtes christliches Menschenbild, nicht ein früher gültiges, nicht das vieler afrikanischen Bischöfe, amerikanischer Evangelikalen und des russischen Patriarchen von Moskau. Insofern bleibt das christliche Menschenbild eigentlich inhaltsleer und muss durch die drei Grundwerte konkretisiert werden. Sie sind – ich möchte fast sagen – höchst unchristlich verkürzt, anders als im Grundsatzprogramm von 2007.

Gerechtigkeit wird zur „Leistungsgerechtigkeit“, denn eine gerechte Gesellschaft würdigt die Leistungen. Solidarität wird ihres politischen Charakters entkleidet und auf das soziale Miteinander der Menschen in Familien, Städten und Gemeinden bezogen. Freiheit wird vorrangig als Quelle der Leistungsbereitschaft gerühmt. Und muss vor allem durch umfassende Sicherheit geschützt werden. Dass die Mehrheit der Menschen in Deutschland keine christliche-religiöse Bindung hat, wird nicht wahrgenommen. Die CDU verlangt, dass christliche Symbole „im öffentlichen Raum sichtbar bleiben“ müssen. Das verstößt gegen das Grundgesetz, ist schlicht reaktionär – verlangt die Rückkehr in eine Zeit, die es nicht mehr gibt.

Gleichzeitig wird der Islam als Religion gleich doppelt diffamiert: Abseits von Leitkultur und Patriotismus ist noch ein ganz besondere und ungeheuerliche rechts-populistische Wegmarke festzustellen: Der Islam und Muslime werden, egal welcher Herkunft, ob aus Syrien, Afghanistan, ob aus Usbekistan oder Palästina, ja auch als ethnisch Deutsche, unter Generalverdacht bestellt. Denn nur „Muslime, die unsere Werte teilen, gehören zu Deutschland“. Das ist Aufruf zur alltäglichen privaten und amtlichen Gesinnungsprüfung und umgekehrt zur fortgesetzten Diskriminierung. Kein ethnisch Deutscher, kein Katholik, kein Protestant, wird darauf verpflichtet. Welch ein abgrundtiefer Graben zwischen diesem Satz und Christian Wulffs Aussage: „Der Islam gehört zu Deutschland.“

Screenshot: Facebook/ Deutschlandfunk

Nicht hinnehmbar ist auch die Gleichsetzung des islamistischen Terrorismus mit dem politischen Islam: „Islamistischer Terrorismus und politischer Islam sind unterschätzte Gefahren“. „Politischer Islam“ ist mittlerweile der Kampfbegriff der AfD und der radikalen Rechten gegen jede Form von Islam. Aber das sprachliche Feingefühl – siehe konservative Revolution – scheint den Unionsparteien immer mehr abzugehen. Es ist zumindest größere Vorsicht geboten. Womit eine Person oder eine Gruppe ihr politisches Handeln begründet, muss dem säkularen Staat egal sein, siehe politisches Christentum der CDU, sofern das Handeln selbst in dem Rahmen von Geist und Buchstaben des Grundgesetzes und nach Recht und Gesetz verläuft. So undifferenziert über Muslime und den Islam in einem Programmentwurf zu schreiben ist geistige Brandstiftung.

Statt individuelles Asylrecht – neokoloniale Drittstaaten-Regelung

All dies gipfelt in der politischen und rechtlichen Neufassung oder besser Abschaffung des Asylrechts. Es ist mehr als Ironie, dass das Kapitel, in dem das individuelle Recht auf Asyl im Handstreich beseitigt wird, unter der Überschrift „Humanität und Ordnung“ steht. Das Asylkapitel beginnt mit der Forderung nach besserem Schutz der Außengrenzen und kritisiert das europäische Asylrecht als inhuman. Bruchlos wird in diesem Abschnitt das Ende des Individualrechts auf Asyl programmatisch Grund gelegt. Inhuman sei das europäische Asylrecht, weil es zu einem Recht des Stärkeren führe und nicht zwischen Schutzbedürftigen und Nicht-Schutzbedürftigen unterscheide. Dass es die europäische Abschottungspolitik ist, die zum Recht des Stärkeren führt, und die Schutzbedürftigkeit in einem rechtsstaatlichen Asyl-Rechts-Verfahren festgestellt werden muss, wird über Bord geworfen. Anstatt nun z.B. sichere Fluchtwege als humanen Weg entgegenzusetzen, wird die Inhumanität durch die Aussperrung aller auf die Spitze getrieben. Mit der General-Unterstellung , dass jemand „unter dem Vorwand der Asylsuche illegal einwandert“, wird das Individualrecht auf rechtsstaatliche Überprüfung eines Asylantrages beseitigt.

In einem nicht durchdachten Konzept soll ein erkaufter und bezahlter Neokolonialismus an die Stelle des Asylrechtes des Grundgesetzes treten. Denn alle, die in Europa Asyl beantragen, egal aus welchem Land sie kommen, sollen in sicheren Drittstaaten landen, die allerdings erst gefunden und bezahlt werden müssen. Dort sollen sie Asylverfahren durchlaufen, an deren Ende keineswegs, auch nicht im Fall eines positiven Ausgangs, die Asylgewährung in Deutschland steht. Denn aus diesen in Drittstaaten verbrachten Menschen sollen dann „humanitäre Kontingente“ aufgenommen werden. Was heute als Zusatz zum Asylrecht die Aufnahme von Menschen erleichtert, soll in Zukunft das individuelle Recht auf Asyl ersetzen. Nach welchen Kriterien diese Kontingentflüchtlinge ausgewählt werden und wie viele es sein dürfen, bleibt der Willkür überlassen. Was mit abgelehnten Asylbewerbern in den gekauften Drittstaaten geschieht, ebenfalls.

Kapitulation der Humanität

Dieses Asylkapital ist die Kapitulation vor der Ausländerfeindlichkeit, die die Kräfte von der AfD bis zum BSW und natürlich auch weiter rechts schüren. Es ist die Abkehr vom Merkel´schen Geist des „Wir schaffen das“, auch ein Hohn auf den Initiativ- und Unternehmergeist, auf die Tatkraft und den Einfallsreichtum, den die CDU an vielen anderen Stellen verbreitet. Weder rechtlich noch politisch durchsetzbar, wird dieses Programm zum Gipfel der Inhumanität, zur Kapitulation der Humanität. Und brandgefährlich, weil das Konzept den Eindruck tatkräftigen Handelns und rascher Lösungen zu erwecken versucht, die ausbleiben werden und zu weiteren Frustrationen führen. Dieser Programmteil ist keine Brandmauer gegen die AfD, sondern ein Brandbeschleuniger für die AfD und radikal rechts in allen Facetten! Entsetzen muss nicht nur, dass dieser Programmteil beschlossen wurde, sondern auch, dass unter den Repräsentanten christlicher Politik aus allen Gremien und Diskussionsrunden der CDU kein Gegenwind oder Widerspruch hörbar wird. Welch ein Hohn auf das „christliche Menschenbild“, einer Anti-Asylpolitik den Weg zu bereiten, die meilenweit von dem entfernt ist, was z.B. Diakonie und Caritas wollen, aber haarscharf zu AfD und BSW passt. Damit ist nicht nur dieser Programmteil in vieler Hinsicht kein Wegbereiter, sondern Ausdruck des Rechtsrucks in unserer Gesellschaft.

Bild: kalhh auf Pixabay

Es wäre freilich ungerecht, hier nur die CDU in Blick zu nehmen. Wir haben keinen Konsens in der Flüchtlingsfrage, der die großen Interessengruppen, Sozialverbände sowie caritativen Organisationen und die in diesem Bereich tätigen Akteure der Zivilgesellschaft umfasst. Die Ampelkoalition hat m. E. den Versuch unterlassen, einen solchen Konsens herzustellen. So stehen die Konzepte sicherer Fluchtwege für alle mit Willkommenskultur für jeden die Abwehr und Abschottung an den Außengrenzen und den Binnengrenzen der EU gegenüber. Alle bisherigen Schritte der Veränderung gehen eigentlich in die Richtung, die die CDU jetzt mit einem Paukenschlag zum Programm erhebt. Wirklich zur Chefsache wurde die Flüchtlingsfrage, die den kleinen Kontinent Europa radikal zu verändern droht, nie gemacht.

Etwa 1,3 Millionen Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine und über 300.000 Asylbewerber, nur aus 2023, zu bewältigen, das ist ohne Frage gewaltig. Wir haben zu wenig Wohnungen, zu wenig Plätze in Kindergärten und Schulen, zu wenig Arbeitsmöglichkeiten und zu wenig Arbeitsmotivation für Geflüchtete und Asylbewerber. Aber was geschieht, statt ein humanitäres Sonderprogramm und Sondervermögen zu entwerfen (das wäre durchaus eine Notlage, die einen parteiübergreifenden Beschluss, die Schuldenbremse auszusetzen, rechtfertigen würde), das einerseits zu mehr Hilfen für die Kommunen, zu mehr Wohnungen, zu mehr Kita- und Schulplätzen führt, die Arbeitsaufnahme erleichtert, Sprach- und Integrationskurse vervielfacht, die Fluchtursachen bekämpft? Stattdessen wird aus dem Programm des „Wir schaffen das“ ein Klagelied des „Wir schaffen das nicht“, der Überforderung, der Abwehr und Abschottung entwickelt. Dem hat die Ampelkoalition nichts entgegengesetzt. Damit wird der AfD der Boden bereitet. Für alle CDU-geführten Vorgängerregierungen gilt das genauso. Die schon von Angela Merkel immer geforderte Bekämpfung der Fluchtursachen, also den Aufbau vor allem afrikanischer Staaten zur lebenswerten Heimat, hat nie begonnen. Auch in dem CDU-Text wird nicht angesprochen, dass ein umfassendes Hilfs- und Entwicklungsprogramm zur Bekämpfung der Fluchtursachen auf Dauer der einzig angemessene Weg zur Reduzierung der Flüchtlingszahlen ist – aber natürlich erst mittel- bis langfristig wirksam wird.

Gefährliche Grenzüberschreitungen

Screenshot: Titel des Programmentwurfs

Der Programmentwurf ist über weite Strecken ein konservatives Dokument, wie es von einer konservativen Partei im mitte-rechts Spektrum nicht anders zu erwarten ist. Die entscheidenden Unterschiede liegen in der Inszenierung gegen eine diffuse woke-grüne, unpatriotische, heimaltlose, verbotswütige Eingrenzung, aber vor allem in einem grundlegenden Richtungswechsel bei Asyl, Einwanderung und Leitbild.

Der Programmentwurf 2024 ist ein klarer Rechtsschwenk innerhalb eines Spektrums, das noch als mitte-rechts gelten kann. Aber er enthält in der Kombination Leitbild, Patriotismus und Beseitigung des Asylrechts gefährliche Grenzüberschreitungen hin zu extrem rechts. Die Programme der Europäischen Volkspartei und der CDU zur Europawahl verstärken diese Tendenz, ebenso wie aktuelle Vorhaben der CDU. Ob dies dazu führt, dass die CDU in Abgrenzung zur AfD wahrgenommen wird und Wählergruppen aus diesem Spektrum die CDU und nicht die AfD oder das BSW wählen oder ob die „Brandmauer“ zu extrem rechts damit eingerissen wird, stellt sich erst nach der Europawahl und den Landtagswahlen in Thüringen heraus. Die reale Politik orientiert sich letzten Endes nicht an Grundsatzprogrammen, sondern an Wahlergebnissen und Mehrheitsbildungen.

Die entscheidende Frage wird sein, die zeitlich als erste zu klären sein wird, wenn man die Wahl von Herrn Nazi-Höcke mit Unterstützung einer anderen Partei ausschließt, was meines Erachtens selbstverständlich ist (alles andere wäre Selbstaufgabe der CDU): Lässt sich der CDU-Spitzenkandidat mit den Stimmen der AfD zum Ministerpräsidenten wählen, wie es Andreas Rödder einst empfohlen hat und aktuell z.B. Jasper von Altenbockum, der verantwortliche Redakteur für Innenpolitik der FAZ, unter dem Motto Integration statt Ausgrenzung der AfD vorschlägt (FAZ vom 27.03.2024), oder wird in einer solchen Konstellation eine Allparteienkoalition gegen die AfD geschmiedet? Die „Integration“ der extremen durch die gemäßigte Rechte, damals von dem Rechtskatholiken Franz von Papen und dem Reichspräsidenten Paul von Hindenburg gewollt, ist schon einmal gründlich schief gegangen, das Ergebnis ist bekannt. Anstatt der immer formelhaft beschworenen Absage an rechtsextrem und linksextrem mit unsäglicher Gleichsetzung von AfD und Die Linke, wird dann der Test gemacht werden müssen. Grundsatzprogramme haben für aktuelle politische Entscheidungen einen sehr begrenzten Wert. Aber sie haben vielleicht als Brandbeschleuniger mit dafür gesorgt, dass es überhaupt zu dieser Wahlkonstellation gekommen ist.

Siehe auch Teil 1: „Vorläufer“ und Teil 2: Gewohnt konservativ

Der Gesamttext steht in der
EDITION BRUCHSTÜCKE | Longreads im pdf-Format
(rechte Blog-Spalte)

Eine gekürzte Version ist als Podcast zu hören.

Klaus Lang
Dr. Klaus Lang studierte Katholische Theologie, Psychologie und Politik. Er war zunächst Pressesprecher des Vorstandes der IG Metall, 1981 wurde er Leiter der Abteilung Tarifpolitik, später leitete er die Abteilung des 1. Vorsitzenden und war Geschäftsführer der Otto-Brenner-Stiftung, 2003 wurde er Arbeitsdirektor der Georgsmarienhütte Holding GmbH. Er ist Mitglied im Rat der Stiftung Menschenrechte, der Förderstiftung von Amnesty International und im Sozialethischen Arbeitskreis Kirchen und Gewerkschaften.

2 Kommentare

  1. Ich gehe davon aus, dass die im weitesten Sinne gesellschaftliche Linke — zumindest gemessen an den Ergebnissen am Wählermarkt — immer schwächer geworden ist. Das letzte Beispiel: SPD, Grüne und Die Linke kamen bei der Wahl in Hessen zusammen auf 33, die CDU alleine auf 34,6, die AfD auf 18,4 Prozent; die beiden letzteren gewannen im einst roten Bundesland Hessen jeweils kräftig hinzu. Daraus folgt, dass diese Linke vermutlich nicht — hinzukommt: die Gewerkschaften sind komplett entpolitisiert — in der Lage sein wird, aus eigener Kraft die AfD zu bremsen oder wenigstens politisch einzuhegen. Die Demokratie überwältigende Wahlerfolge der AfD zumindest in ostdeutschen Bundesländern sind also nicht auszuschliessen. Daraus folgt wiederum: Die Haltung der CDU ist entscheidend, ohne sie ist die AfD nicht zu stoppen.
    Vor diesem Hintergrund ist die enorm gründliche, ja exzellente Analyse von Klaus Lang auch von hoher publizistisch-politischer Bedeutung. Wird die CDU zu den Demonstrationen für Demokratie und gegen AfD eingeladen, willkommen geheißen oder als rechts oder gar rechtsradikal ignoriert oder gar mit-bekämpft? Ist die CDU — ist die CSU ein anderes Feld? — Brückenbauer für die AfD oder ihr Gegner? Kann sie und will sie, die AfD bekämpfen, ohne selbst rechts zu werden? An Antworten zu diesen Fragen arbeitet Lang mit einer Kompetenz und Beharrlichkeit — das habe ich bisher selten oder noch nie gelesen. Danke.
    Diese Leistung ist gute Grundlage für weitere Diskussionen und verdient sie auch. Dazu nur diese Anmerkungen: Wenn sich Lang mit dem Feld Integration beschäftigt und dort der CDU im Gegensatz zu fast allen anderen Themenfeldern kaum verklausuliert rechtsradikale Tendenzen nachzuweisen glaubt, dann müsste er zugleich zu dem Schluss kommen, in SPD und FDP gibt es dann auch solche rechtsradikale Tendenzen. Ist das so? Und wird dann die AfD von einem Aussenseiter zu einem Vorreiter, weil sie schon etwas früher weiß, was künftige Mehrheiten wollen? Wer führt dann die politischen Auseinandersetzungen mit der AfD zu diesem Thema? Nur noch die Grünen und die Rest-Linke?
    Und als Anregung noch eine zweite Anmerkung: Lang ordnet dieses Feld anhand der beiden Kriterien Assimilation versus Integration. Ist es nicht vielmehr so, dass viele Bürger und Bürgerinnen, die offen oder klammheimlich AfD wählen, über die vielen kleinen vor Ort entstandenen Parallelgesellschaften beunruhigt sind, als Folge von über Jahre misslungener Integrations- wie Assimilationsversuche? Insofern kann es doch auch sein, dass die CDU — im Bemühen wenigstens irgendwo ein bisschen Profil zu zeigen — aus Hilflosigkeit ein bisschen Rechtsradikalität mimt, die nicht so ernstzunehmen ist.

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