
CDU/CSU haben am 29. Januar 2025, unmittelbar vor einem Jahrestag der nationalsozialistischen Machtergreifung, im Deutschen Bundestag einen Antrag zur Migrationspolitik nur dank der Stimmen der AfD durchgebracht und die blau-braune Zustimmung billigend in Kauf genommen. Die AfD jubelt und sieht sich auf dem Weg zu einem schwarz-blauen Bündnis. Noch vor einem Jahr haben Hunderttausende gegen die Remigrationspolitik der AfD demonstriert, jetzt macht die Union (winzige Fußnote: die FDP auch) gemeinsame Sache mit ihr. Zu diesen beiden Befunden kommt die Geschichtswissenschaft immer aufs Neue: Es beschädigt die Demokratie schwer und stärkt den Rechtsradikalismus nachhaltig, macht die rechte bürgerliche Mitte mit Rechtsradikalen gemeinsame Sache.
Die heutige Verabschiedung eines Antrages der Union mit Hilfe von Stimmen der AfD war von Merz bewusst und kalkuliert herbeigeführt.
Ab jetzt begründen dieses Agieren von Merz, das dieser selbst in der Sprache eines Pokerspielers als „All in“ bezeichnet hat, und das heutige Abstimmungsergebnis im Bundestag den Verdacht, dass für Merz und wesentliche Teile der Union die Brandmauer und Abgrenzung zur AfD nur Taktik waren.
Diesen Verdacht werden Merz und die Union bis zur Wahl, aber auch darüber hinaus nicht mehr loswerden können.
Eine Folge der Abstimmung, die Merz der Union und dem Bundestag aufgezwungen hat dürfte sein, dass Merz heute seine Chance, Bundeskanzler zu werden, minimiert oder sogar verloren hat.
Denn mit dieser Merz-Union unter Verdacht dürften weder SPD noch GRÜNE noch koalieren können.
Wenn schwarz-blau bei der Bundestagswahl keine Mehrheit bekommt, wird es zu einer Bundesregierung ohne Union kommen können und auch kommen.
Aber auch wenn der heutige Abstimmungserfolg der Union und der AfD das rechte Lager insgesamt beflügelt, und es am 23. Februar zu einer schwarz-blauen Mehrheit im Bundestag kommt, werden SPD und GRÜNE mit der Union nicht koalieren können. In einer solchen Konstellation wären Koalitionspartner der Union so erpressbar, wie es Merz heute praktiziert hat. Auf der Basis von Erpressbarkeit lässt sich keine Koalition bilden.
Ob es dann zu einer schwarz-blauen Zusammenarbeit oder Koalition – dann ohne Merz – kommt, kann man sich nur schwer vorstellen. Die Union würde durch eine solche Koalition zerrissen werden.
Wenn es zu keiner Regierungsbildung kommt, stünden dann in einigen Wochen wieder Neuwahlen an, in die die Union mit großer Wahrscheinlichkeit nicht mehr mit Merz gehen würde.
@Thomas Weber: gute Einschätzung, fürchte ich.
Man wundert sich immer wieder, was schlaue Leute so anstellen können (ich vermute mal, Herr Merz ist schlau).
Weil er nicht Kanzler werden will.
Weil er glaubt, Kanzler werden zu können, und zwar mit der AfD.
In beiden Fällen erstaunt mich nur, dass so viele in CDU mitmachen. Grütters und Co. sind die wenigen Ausnahmen.