Kanzler Merz – das Tor zur Vorhölle ist stets offen

Foto: Elke Wetzig auf wikimedia

Die avisierte kleine Großkoalition aus Union und SPD unterscheidet sich an einer dramatischen Stelle grundlegend von allen bisherigen bundesdeutschen Regierungskoalitionen: Bildet die SPD mit Merz eine solche Regierung, dann ist nicht nur sie, sondern der gesamte rechtsstaatlich orientierte Bundestag von diesem Moment an der Union, dem Kanzler Merz und dessen Richtlinienkompetenz ausgeliefert. Die rechtsstaatlich-demokratisch orientierten Fraktionen hätten keine Möglichkeit, diesen Kanzler legal zu stürzen oder mit einem Misstrauensvotum beispielsweise Neuwahlen zu erzwingen
– weil Union und AfD zusammen die Mehrheit haben im Bundestag.

Um es noch einmal zu verdeutlichen: Bei den Bundestagswahlen in der Vergangenheit wurden immer Union und SPD die beiden stärksten Parteien im Bundestag, mal lag die Union vorne, mal die SPD. Diese beiden stärksten Parteien hatten jederzeit die Möglichkeit, mit den anderen im Bundestag vertretenen rechtsstaatlich-demokratischen Parteien jeweils eigene Kanzlermehrheiten zu bilden; seitdem die AfD im Bundestag war, auch ohne die AfD.
Dies bedeutete, dass eine der beiden großen Parteien zwar die Bundeskanzerin/den Bundeskanzler stellen konnte, die jeweils andere Partei aber zugleich auch die theoretische Möglichkeit eines Kanzlersturzes mittels konstruktivem Misstrauensvotum hatte.

In der Vergangenheit Koalitionen auf Augenhöhe

Koalitionen und Koalitionsverträge, die in der Vergangenheit unter diesen Voraussetzungen ausgehandelt und beschlossen wurden, waren „Koalitionen auf Augenhöhe“. Die Koalitionspartner hatten die Möglichkeit, sollte ein Koalitionsvertrag nicht eingehalten werden, die Koalition zu beenden, andere Partner zu suchen und gegebenenfalls eine neue Bundeskanzlerin/einen neuen Bundeskanzler zu wählen. Die grundgesetzliche „Richtlinienkompetenz“ des Bundeskanzlers hatte in diesen Koalitionen deshalb ihre Grenze. Ein Beanspruchen der Richtlinienkompetenz der Bundeskanzlerin/des Bundeskanzlers gegen den Willen des Koalitionspartners hätte das Ende einer Koalition bedeuten können.

Das Ergebnis der Bundestagswahl vom 23. Februar brachte nun die rechtsstaatliche Union als stärkste Partei und die mehr als verdächtig-rechtsextreme AfD als zweitstärkste Partei hervor. Das bedeutet, dass nur die Union eine Koalition mit Kanzlermehrheit mit anderen rechtsstaatlich-demokratischen Parteien bilden kann. SPD, die Grünen und die Linken können nur als kleinere Partner mit der Union koalieren. Eine Koalitionsmöglichkeit mit Kanzlermehrheit ohne die Union haben SPD, Grüne und Linke nicht.

Wenn jetzt die SPD in „Koalitionsgespräche“ mit der Union geht, wird am Ende keine „Koalition auf Augenhöhe“ stehen können. Denn die SPD hätte, nachdem sie mit der Union einen Koalitionsvertrag ausgehandelt und beschlossen und einen Unionskanzler gewählt hätte, im Falle eines Koalitionsbruches durch die Union zwar die Möglichkeit, die Koalition zu verlassen. Sie hätte aber keine Möglichkeit, einen von ihr gewählten Bundeskanzler mit einem konstruktiven Misstrauensvotum durch einen anderen Bundeskanzler zu ersetzen.

SPD in der Funktion des Steigbügelhalters

In der Praxis einer Koalition mit der Union würde das bedeuten, dass die SPD, wenn der Unionskanzler erst gewählt ist, im Streitfall der Richtlinienkompetenz des Kanzlers ohnmächtig ausgesetzt ist. Die SPD wäre in einer solchen Koalition auf die Funktion eines Steigbügelhalters für einen Unionskanzler reduziert, der auf dem Pferd des Kanzleramtes sitzend und reitend keine Rücksicht mehr auf diesen Steigbügelhalter nehmen müsste. Kann sich die SPD aus staatspolitischer Verantwortung und aus Selbstachtung auf eine solche „Pseudokoalition“ einlassen?

Auch unter einer schwarz-roten Bundesregierung mit einem Unionskanzler bleibt die Mehrheit des Deutschen Bundestages schwarz-blau. Die innere Zerrissenheit der Union gegenüber der AfD, die inhaltliche rhetorische sowie asyl- und migrationspolitische Nähe von Teilen der Union zur AfD, insbesondere in den ostdeutschen Ländern, und der rechtspopulistische Druck aus den Vereinigten Staaten könnten und würden für die Union eine große Versuchung bilden, von dieser schwarz-blauen Mehrheit Gebrauch zu machen, wenn es zur Durchsetzung von Positionen, denen sich die SPD verweigert, notwendig ist.
Ein Beispiel: Wollte Merz im laufenden Regierungshandeln ständige strikte Grenzkontrollen durchsetzen, dann könnte er das gegen den Willen seines Koalitionspartners zusammen mit der AfD realisieren. Die SPD wäre diesem Tun ausgeliefert. Denn: Es gäbe keine Allianz aus rechtsstaatlich-demokratischen Fraktionen, die den Unions-Bundeskanzler stürzen könnte. Die SPD könnte nur unter Protest zuschauen. Widerstand aus der Union selbst dürfte es so wenig geben, wie es Widerstand bei den Republikanern in den USA gegen Trump gegeben hat bzw. gibt.

Diese machtpolitische systemische Fehlstellung und die daraus resultierende Versuchung existiert zunächst allein schon in der Parteien- und Koalitionskonstellation nach der Bundestagswahl des 23. Februar, ungeachtet der agierenden Personen.

Dass Merz Misstrauen verdient, ist gelernt

Nun wird man nicht leicht behaupten können, dass der Kanzlerkandidat der Union, wenn man Friedrich Merz vor diesem Hintergrund beobachtet, geeignet ist, die Hoffnung zu begründen, dass die Union im Gebrauch der schwarz-blauen Mehrheit zurückhaltend sein würde. Eher das Gegenteil dürfte der Fall sein. Dass Merz Misstrauen verdient, das ist gelernt, denn das hat er öfter bewiesen, als ihm selbst lieb sein kann: Vor dem 29. Januar 2025 NIE mit der AfD, an diesem 29. 01. dann MIT der AfD, danach wieder nie mit der AfD. Vor der Wahl Schuldenbremse UNBEDINGT, nach der Wahl Sonderschuldenberge, vor der Wahl Schulden abbauen, nach der Wahl Schuldenberge auftürmen. Was bedeutet das für Koalitionsverhandlungen und das Verhalten der SPD?

Wenn man sieht, wie Merz die Sondierungsgespräche geführt hat, welche inhaltlichen Positionen er auf der einen Seite geräumt, auf der anderen Seite eingenommen hat, entsteht der Eindruck, hier macht einer schlichtweg alles, was notwendig ist, um zum Kanzler gewählt zu werden. Wenn dieses „All-in“ Spiel dann geklappt hat, würde es dann nicht seiner habituellen Unglaubwürdigkeit entsprechen, seine etwaigen Zusagen, wenn es ihm opportun erscheint, nicht einzuhalten?

Foto: Leonhard Lenz auf wikimedia commons

Diese vertrackte Lage der Regierungsbildung, entstanden durch die schwarz-blaue Mehrheit in Verbindung mit der Unglaubwürdigkeit des Unionskanzlerkandidaten Friedrich Merz, könnte „geheilt“ werden, würde der bereits im Bundestag diskutierte AfD-Verbotsantrag noch vor der Kanzlerwahl auf den Weg gebracht. Der auch von der Union mitzubeschließende Antrag auf Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes, ob die AfD verfassungswidrig oder von staatlicher Finanzierung ausgeschlossen ist, könnte so etwas wie eine Glaubwürdigkeitsversicherung darstellen, dass ein Unionskanzler, solange die Prüfung des Gerichtes andauert, nicht von der schwarz-blauen Mehrheit Gebrauch macht. Ein solcher Antrag würde auch die „Brandmauer“ stärken, die in der Zusammenarbeit mit der AfD noch besteht. Auf der anderen Seite droht diese Brandmauer ohne den Versuch, die AfD verbieten zu lassen, über kurz oder lang zu fallen.

Thomas Weber
Thomas Weber (thw) promovierte in Klassischer Philologie, arbeitete über 30 Jahre in unterschiedlichen Funktionen in Landes- und Bundesministerien, von 2009 bis 2024 als Referatsleiter "Nachhaltigkeit" im Bundesministerium der Justiz.

5 Kommentare

  1. Der Beschreibung und Analyse der Verhältnisse wie sie sind, in den ersten beiden Abschnitten von Thomas Webers Beitrag ist nichts hinzuzufügen.
    Aber ab dem dritten Abschnitt sind einige Anmerkungen wichtig:
    Ich teile die Auffassung, dass es Kräfte in der CDU/CSU gibt, die sich im Zweifelsfall auch von der AfD „dulden“ lassen würden.
    Aber ich bezweifle, dass Friedrich Merz, bei allem Wort- und Tabubruch, der mit seiner Person untrennbar verbunden ist, diesen Weg geht und dass die Mehrheit der CDU ihn mitgehen würde. Denn es gibt genügend Kräfte in den Unionsparteien, die sehen, dass die Rest-Union einem Schicksal entgegen ginge, das letzten Endes noch schlimmer wäre als das der SPD in ihrer jetzigen Verfassung. Denn dieser Weg würde zur Spaltung und möglichen Marginalisierung auf jeden Fall der CDU führen. Das werden die immer noch dominierenden Verbände der „West-CDU“ nicht zulassen, nicht zuletzt auch deshalb, weil die Kanzlerambitionen von Hendrik Wüst und Boris Rhein, aber auch von Markus Söder in der Nachfolge von Merz, sich in Luft auflösen könnten.
    Denn es ist absehbar, dass eine solche „Duldung“ den Zulauf rechts-konservativ eingestellter Wählerinnen und Wähler zur AfD nicht stoppen, sondern befördern würde. Denn wir sehen ja, wie schwer es ist eine skrupellos rechts-populistische Partei an den Grenzen der Verfassungswidrigkeit, „von außen“ klein zu machen. Ein AfD, auf deren Duldung ein Unions-Kanzler angewiesen wäre, würde ihr Ziel der Zerstörung der Union, um sich als die konservative Partei Deutschlands an ihre Stelle zu setzen, vorantreiben. Außerdem würde ein solches Verhalten von Friedrich Merz und der Union sicher zu neuen und voraussichtlich weit stärkeren Mobilisierungswellen gegen „Rechts“ und führ Demokratie führen. Die CDU würde das schon in den 2025 (NRW) und 2026 anstehenden Landtagswahlen negativ zu spüren bekommen.
    Einem gemeinsamen Verbotsantrag wird die Union voraussichtlich nicht zustimmen, weil sie dadurch nicht zu Unrecht, kurzfristig einen Auftrieb für die AfD fürchtet. Da die Prüfung dieses Antrages unendlich lang dauert und der Ausgang ungewiss ist, kann sich die AfD in dieser Zeit immer als verfassungskonforme Partei präsentieren. In dubio pro reo. Außerdem würde auch ein gemeinsam gestellt Verbotsantrag die Union nicht hindern, zum Wendehals zu mutieren, wenn es in der Koalition mit der SPD kracht. Sie könnte dann sogar argumentieren, was – je länger die Prüfung ohne negatives Ergebnis Dür – nicht verboten ist, ist erlaubt.
    Natürlich kann und sollte man die Bindung eines Koalitionsvertrages verstärken, indem eine Klausel aufgenommen wird, dass keiner der Koalitionspartner Gesetzesinitiativen, Entschließungsanträge, Geschäftsordnungsanträge, Verfahrensregeln – und was immer noch ein Bundestag beschließen kann – einbringt, die nur mit den Stimmen der AfD Mehrheiten erlangen. Eine solche Klausel würde, anders als ein Verbotsantrag in der SPD, auch Teilen der CDU und in großen Teilen der Öffentlichkeit, auf Verständnis stoßen. Die Union und Merz hätten es weit schwerer eine solche Klausel abzuwehren als den Wunsch nach einem Verbotsantrag.
    Natürlich kann auch eine solche Klausel gebrochen werden, dann gilt das oben Gesagte. Um den eigenen Untergang abzuwehren würde großen Teile der CDU in Nordrhein-Westfalen und Hessen, in Niedersachsen und Baden-Württemberg, in Baden-Württemberg und Teile der CSU in Bayern den „Duldungsweg“ nicht mitmachen. Und die Mobilisierungsmöglichkeit des erneuten „Wort- und Tabubruch“ wäre weitaus besser als die Nichtbeachtung eines Verbotsantrages.
    Last not least: Welche Alternativen gäbe es denn jetzt noch? Wenn die Anträge zur Aussetzung der Schuldenbremse und zur Bildung eines Sondervermögens am 18.03.2025 nicht an fehlender Geschlossenheit und Abweichlern in Union, SPD und Grünen scheitert, dann kann doch die SPD die Koalition nicht verweigern. Der Gedanke daran und die Hoffnung darauf, dann mit den neuen Vollmachten durch ein geändertes Grundgesetz, die alte Bundesregierung, die ab Zusammentritt des neuen Bundestags nur noch geschäftsführend im Amt ist, weiter machen zu lassen, ist absurd und eine Rakete für die AfD. Schon das jetzige Vorgehen, den alten Bundestag über die Grundgesetzänderungen abstimmen zu lassen, ist zweifelsfrei legal, aus meiner Sicht auch legitim – aber weckt bei vielen auch Unbehagen an demokratischen Verfahren. Das kann nur durch den raschen Erfolg einer neuen Unions-SPD-Regierung mit zielgerichtetem Handeln zur Behebung beklagter Mißstände und zur Verbesserung der Lebensumstände geheilt werden, womit auch dem Aufstieg deren AfD Paroli geboten werden sollte. Die Führung des Landes durch eine geschäftsführende Regierung und damit verbunden mögliche Neuwahlen noch im Lauf dieses Jahres sind Optionen, die die AfD noch stärker und die „vertrackte Lage“ in Deutschland noch schwieriger machen, ganz zu Schweigen von fortgesetzter Handlungsunfähigkeit in Europa. Das gilt auch für den Fall, dass das Paket zur Änderung des Grundgesetzes im Bundestag oder Bundesrat scheitert.

    1. Klaus Langs Anmerkungen kann ich weitgehend nachvollziehen. Das darin enthaltene Vertrauen in eine Restvernunft und eine daraus resultierende Reststabilität der Union kann ich allerdings nicht wirklich teilen.

      Lang vergleicht die Perspektiven der Union zurecht mit dem jetzigen Zustand der SPD. Der Unterschied dürfte indes sein, dass die SPD einen inneren mehrdimensionalen Zerfallsprozess schon hinter sich hat – was nicht heißt, dass dieser Niedergang nicht noch weiter gehen kann – , ein Zerfallsprozess, der bei der Union jetzt zwar schon deutlich zutage tritt, den die Union aber noch vor sich hat und als die Kanzlermacht besitzende Kanzlerpartei vielleicht auch noch etwas bremsen bzw. aufhalten kann.

      Vor diesem Hintergrund wird Merz sich so opportunistisch verhalten, wie es für das Bremsen des Zerfalls und für seine Machterhaltung und die der Union notwendig ist. Das wird weniger in schnellen und groben Verstößen und Missachtungen eines Koalitionsvertrages geschehen als allmählich im über Monate dauernden Prozesse des Regierens im Kontext der politisch eskalierenden Ereignisse innerhalb Deutschlands, Europas und der Welt.

      Dabei werden im Wesentlichen andere innerhalb der Union – ich denke an Spahn und seine internationalen rechten Netzwerke, die CDU im Osten, Teile der Jungen Union -, vor allem aber auch außerhalb der Union – seit kurzem am wichtigsten die Trumpadministration in den USA in Verbindung mit Milliardären und Medien (Springerpresse, Nius) in Deutschland und Europa – das bestimmen, was notwendig ist.
      Ich würde mir wünschen, dass die bürgerliche Vernunft in der Union diesen „Taubenschach“ spielenden Kräften standhalten kann. So richtig kann ich daran aber nicht glauben.

      Zum AfD-Verbotsantrag

      Nicht nur die Union auch die SPD wird sich mit einem AfD-Verbotsantrag schwertun. Sind doch beide Parteien am Erstarken der AfD ursächlich mitbeteiligt. Allerdings glaube ich, dass ohne diesen Verbotsantrag das sich bildende Rechtsbündnis mit der AfD mit der Aussicht auf Regierungsübernahme nicht mehr verhindern lässt.

      Die letztlich irrationale Position der rechtsstaatlichen Parteien gegenüber der AfD, diese AfD einerseits als vermeintlich verfassungsfeindlich zu ächten und jede Zusammenarbeit mit ihr auszuschließen, andererseits aber diese Verfassungsfeindlichkeit nicht überprüfen und verbieten zu lassen, wird nicht mehr lange gehalten werden.
      Diese Position steht letztlich auch im Widerspruch zum Grundgesetz, das die Überprüfung der Verfassungsfeindlichkeit einer Partei durch das Bundesverfassungsgericht ja ausdrücklich vorsieht. Wer diese Möglichkeit auf Dauer nicht nutzt, macht sich auf Dauer rechtsstaatlich unglaubwürdig und spielt denen, die den Rechtsstaat abschaffen wollen, damit direkt in die Hände.

  2. Ob eine systemische Fehlstellung vorliegt, bezweifle ich. 1. Wird eine neue und unerprobte Dynamik in den Bundestag durch die Änderungen der parteipolitischen Zusammensetzungen in den Länderhaushalten gebracht werden. Die Parallelität heutiger Art und Weise im Verhältnis Bundestag und Bundesrat wird es künftig durchgängig nicht mehr geben. Dieser Effekt wird an die demokratisch ausgerichteten Parteien im Bundestag neue Anforderungen stellen. 2. Unterschätzt Thomas Weber daher die Bewegungs- und Änderungs- Antriebe in den Bundestagsparteien selber. Der Bundestag war und ist keine „schläfrige“ Institution. Er war bisher reagibel und anpassungsfähig. Das mag durchaus so nicht gesehen worden sein, weil die Parlamentsberichterstattung in der Regel weder ausgiebig noch innovations-orientiert ist. Kann gut sein, daß Kopfstärke und die Zusammensetzung von Fraktionen gegen Ende der nun anlaufenden Legislaturperiode anders sein werden als gegenwärtig. 3. Ist eine Probe auf ein zeitweiliges Minderheits-Kabinett bisher nicht erbracht. Die Verhältnisse spitzen sich zu und werden zugespitzt. Solche politischen Prozesse haben einen aufspaltenden Charakter. Ich bin übrigens davon überzeugt, dass manche Wanderungsbewegungen von einer Partei zur anderen (und zurück) auf mehr Einflüsse zurückzuführen sind als meist dargestellt. Hier kommen vor allem auseinanderstrebende kulturelle Einflüsse stärker zur Geltung als gemeinhin angenommen wird. Unsere Sensoren sind da nicht so gut entwickelt.

    1. Mit systemischer Fehlstellung meine ich die letztlich irrationale Aufstellung der rechtsstaatlichen Parteien gegenüber der AfD, diese AfD einerseits als vermeintlich verfassungsfeindlich zu ächten und jede Zusammenarbeit mit ihr auszuschließen, andererseits aber diese Verfassungsfeindlichkeit nicht überprüfen und die AfD ggf. verbieten zu lassen.

      Wenn diese Aufstellung gegenüber der AfD den vom Grundgesetz vorgesehenen parlamentarischen Betrieb und die Regierungsbildung grundsätzlich beeinträchtigt – und das scheint mir im neuen Bundestag der Fall zu sein – ist diese Aufstellung auch gegenüber dem Grundgesetz eine Fehlstellung.

      Um diese Fehlstellung zu beheben, bietet das Grundgesetz ja ausdrücklich die Möglichkeit die Verfassungsfeindlichkeit einer Partei durch das Bundesverfassungsgericht überprüfen zu lassen. Stellt das Bundesverfassungsgericht die Verfassungsfeindlichkeit fest, wird die AfD ggf. verboten. Bestätigt das Bundesverfassungsgericht allerdings, dass die AfD nicht verfassungswidrig ist, gibt es für die Brandmauer keinen wirklichen Grund mehr.

      Wenn diese Möglichkeit der Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht nicht genutzt wird, wird sich freilich über kurz oder lang die Fehlstellung dadurch auflösen, dass die Brandmauer zur AfD geschleift und der Weg zu einem ggf. verfassungswidrigen rechten Mehrheitsbündnis geebnet wird.

      Den anderen Anmerkungen von Klaus Vater will ich nicht widersprechen.

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