Hitzeschutz: Sind Arbeiter “selbst verantwortlich“?

Foto: Ivan Radic auf wikimedia commons

Nachdem in Oregon ein Landarbeiter wegen Hitze starb, passte der US-Bundesstaat die Gesetze an. Seit dem 15. Juni 2022 gelten ausgerechnet in einem der nördlichen Bundesstaaten der USA die strengsten Regelungen für Menschen, die draussen arbeiten. Künftig müssen Arbeitgeber in Oregon ab einer Temperatur von 27 Grad (80 Grad Fahrenheit) kühles Wasser und Schattenplätze bereitstellen und zusätzliche Pausen gewähren. Arbeiter und Arbeiterinnen müssen geschult werden, wie sie Hitzeschäden vermeiden können und was im Notfall zu tun ist.

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… dann ist Herbst: Es muss j e t z t gehandelt werden

Seit Ausbruch der Covid 19- Pandemie läuft eine Debatte über den bestimmenden Einfluss im Dreiecksverhältnis

  • zwischen der Forschung im Viren- Infektionsbereich,
  • der Anwendung von Forschungsergebnissen
  • und den politisch entscheidenden Menschen in Parlamenten und Exekutive.

Im Miteinander oder Gegeneinander in und zwischen diesen drei Handlungsfeldern wird entschieden – es muss tatsächlich entschieden werden, die Lage klärt sich nicht von selbst -, ob die Pandemie ausläuft oder nicht. Und es ist eine Binse, dass solche „Lagen“ enorm viel Verwirrung stiften können. Minister Lauterbach kontra Stiko- Mertens, „Bild“ kontra Drosten, Stöhr kontra Lauterbach, Kubicki kontra Wieler etc.

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Wo führt er hin?

Foto: fsHH auf Pixabay

Was spricht heute für das Urteil, dass die deutsche Bundesregierung in Sachen Krieg gegen die Ukraine in historischer Dimension versagt? Wer dieses Urteil teilt, kann das vortragen:
Die deutsche Politik trägt eine besondere Verantwortung für das Geschehen, hat sie doch sogar nach der Annexion der Krim im Jahr 2014 als einzige in der EU mit ihrem engagierten Festhalten an dem Projekt Nord Stream 2 gegenüber Wladimir Putin klar signalisiert: Das Geschäft geht weiter. Es geht uns zwar auch um Werte, aber mehr noch um Energiepreise. Trotz dieser besonderen Verantwortung ragt die deutsche Politik bis heute, viele Wochen nach Kriegsbeginn, wiederum hervor: mit ihrer ausgeprägten Unentschiedenheit. Was kennzeichnet das Verhalten der Regierung Olaf Scholz?

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Gescheitertes Denken kommt oft vor

Gefangenendilemma (Bild: Giulia Forsythe auf wikimedia commons)

Wieder ist ein „offener Brief“ publiziert worden, der für eine Beendigung des Krieges in der Ukraine und für Verhandlungen statt Waffenlieferungen plädiert. Niemand bei Trost ist dagegen, dass dieser schreckliche Krieg so schnell wie möglich endet, und wahrscheinlich wären den meisten Beobachtern Verhandlungen lieber als Kampfhandlungen. Den Autorinnen und Autoren müsste also eine große Zustimmung entgegenschallen – aber das ist nicht der Fall. Genau besehen ist dieser [am 29. Juni 2022] auf ZEIT-online publizierte Aufruf eher ein Bewerbungsschreiben für Radiointerviews und Talkshoweinladungen (und das nicht ohne Erfolg), aber von der Sache her ist dieses Dokument ein wahrer Offenbarungseid, ein Dokument gescheiterten Denkens.

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Kompromiss und Radikalität

“Schönheit ohne Kompromisse” (Foto: jtgrothe auf Flickr)

Kompromiss bedeutet Vereinbarung. „Das lateinische compromissum (von compromittere, versprechen) meint im römischen Zivilprozeß zunächst die Vereinbarung zweier oder mehrerer streitender Parteien, sich dem Spruch eines selbstgewählten Schiedsrichters zu unterwerfen. Später bezeichnet es die schiedsrichterliche Entscheidung selbst.“1
Es gibt zwei ausgeprägte Haltungen, Kompromisse abzulehnen, wegen Mangels an Kompromisswürdigkeit und wegen Mangels an Radikalität. Und dann ist da noch der faule Kompromiss.

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Motiviert die empörte Darstellung des Schuldesasters, daraus zu lernen?

Die Misere im deutschen Schul- und Bildungssystem ist seit über zwanzig Jahren bekannt und benannt. Über Gründe und Hintergründe der offenkundigen Gewöhnung an Schulskandale, abgehängte Schüler, benachteiligte Migrantenkinder, verwahrloste Schulgebäude und eine frustrierte Lehrerschaft sprach Jutta Roitsch mit Marianne Horstkemper, der ehemaligen Professorin für Schulpädagogik in Potsdam, die in Berlin Schulen wissenschaftlich begleitet und Lehrerkollegien beraten hat.

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Wie geht nachhaltig?

Wenn man Nachhaltigkeit politisch im Sinne der nachhaltigen Entwicklung und der “Transformation unserer Welt” der UN-Agenda 2030 versteht, beschreibt “nachhaltig” vor allem den Wandlungsprozess und  den transformativen Weg zu dem mit den Nachhaltigkeitszielen beschriebenen stabilen und dauerhaften Zustand des Mensch-Planeten-Systems. Als Adjektiv zur Bezeichnung des Prozesses und des Weges zur Nachhaltigkeit, kann “nachhaltig” dann auch auf einzelne Prozessschritte oder einzelne Wegstrecken angewendet werden. Allerdings nur dann, wenn die weiteren Schritte und Streckenabschnitte, die zum nachhaltigen Zustand führen, auch benannt werden können und benannt werden.
Ich meine daher, dass man im nachhaltigkeitspolitischen Kontext  nur das als „nachhaltig“ bezeichnen sollte, was die Zielerreichung in absehbarer Zeit in sich trägt und  was in einer “Roadmap” zur Nachhaltigkeit verortet werden kann, welche die weiteren notwendigen Maßnahmen und Schritte umfasst und abbildet.
Sollte also in einer  Roadmap zur Nachhaltigkeit plausibel dargestellt werden können, dass eine vorübergehende Nutzung von Erdgas, der Betrieb von Gaskraftwerken sowie weitere politische Entscheidungen, etwa zur Energiewende und zum sozialen Zusammenhalt der Gesellschaft, zum Erreichen der Transformation beitragen, könnten diese – aber nur dann –  als nachhaltig bezeichnet werden. Grundsätzlich verlangen die Transformation und die drängende nachhaltige Entwicklung zu den SDGs, das vorherrschende vermeintlich eindeutige und eher statische Nachhaltigkeitsverständnis zurücktreten zu lassen zugunsten eines dynamischen und prozessualen Verständnisses, das auch Ergebnis eines kommunikativen Austausches ist. Einfacher wird die Aufgabe dadurch freilich nicht – aber vielleicht letztlich effektiver.

Eine Neue Linke in den USA, so pragmatisch wie grundsätzlich

Wer in den 60er Jahren groß wurde, durfte im Fernseher Bonanza erleben, Hoss, Adam und Little Joe, die Jungs von der Ponderosa-Ranch. Wer in den gegenwärtigen Vereinigten Staaten groß wird, der muss mit den Bonanza Billionaire leben, den drei Multimilliardären, denen die Hälfte des US-amerikanischen Privatvermögens zukommt. Im Fernsehen oder beim Nachfolger Netflix gäbe ein solches Schurkenstück vielleicht einen netten Plot ab, aber wer möchte in der Realität einer solch extremen Klassengesellschaft leben? Der von Hegel „geistiges Tierreich“ genannte Kapitalismus kennt in den USA besonders kapitale Exemplare. Das Gehege fehlt weitgehend, die Wildbahn ist frei. Doch das könne sich ändern, lautet die These des Buchs. Die Chance für eine Einhegung stünde gut; selbst ein demokratischer Sozialismus sei nicht mehr ausgeschlossen.

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Männer und Frauen, die Mumm haben (müssen)

Beschäftigen wir uns heute mit einem gesellschaftlichen Dauerthema – mit einem Minderheiten-Thema. Die Minderheit, die ich meine, wurde mit ihren Rechten in Gesetzen verankert. Ihr gehören einige Hunderttausend an, meist Männer, leider zu wenige Frauen. Wie viele dieser Minderheit tatsächlich angehören, weiß keiner. Man schätzt, wie erwähnt, einige Hunderttausend. Sozial- und wirtschaftspolitisch gesehen, gehört diese Minderheit seit über 100 Jahren zum „Bestand“, sie ist sozusagen Teil der DNA unserer Republik. Keine Ahnung, über wen und was ich schreibe?

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Unfairer Energiemarkt – Städte als Hoffnungsträger

Screenshot: Website REN21. Renewables now

Die grüne Revolution nach Covid-19 blieb aus. Aber es gibt Hoffnung – eine wichtige Rolle dabei spielen Städte. Nach den ersten Lockdowns versprachen Politiker weltweit, die Covid-Krise zu nutzen, um grüne Technologien nach vorne zu bringen. Das Ergebnis ist ernüchternd. Zwei Jahre später ist klar: «Build Back Better» ist gescheitert. Aber nicht überall. Das resümiert die Organisation REN21 (Renewable Energy Policy Network for the 21st Century), der mehr als 80 nationale und internationale Organisationen, Industrieverbände, Regierungen, Nichtregierungsorganisationen und Hochschulen angehören, in ihrem Jahresbericht.

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Wenn nur die (obere) Hälfte zur Wahl geht — kein Thema

Erschreckend wenige BürgerInnen gehen zur Wahl; und das in Zeiten von Klimakatastrophe, Seuchen und (Informations-)Kriegen mit Diktaturen, in denen es also um mehr als Peanuts geht. Ob in Frankreich bei der zweiten Runde der Parlamentswahl oder in Nordrhein-Westfalen bei der jüngsten Landtagswahl — mal gingen etwas mehr und mal etwas weniger als 50 Prozent an die Urne. Kein Zufall: Das Ruhrgebiet nennt der Paritätische Gesamtverband in seinem jüngsten Armutsbericht die »armutspolitische Problemregion Nummer eins«. In der Mainstream-Öffentlichkeit und in der politischen Klasse wird die Wahlverweigerung in beiden Ländern kurz registriert, mit Bedauern abgenickt, niemand scheint sich zu sorgen. Es wird kein Thema. Obwohl damit das System der Repräsentation sogar in halbwegs funktionierenden Demokratien wie Frankreich und Deutschland in eine brisante Schräglage abrutscht: Denn zuverlässig gehen die oberen Schichten deutlich mehr wählen denn die unteren.

Screenshot: Website Paritätische Gesamtverband
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Müssiggang ist keine Sünde und Produktivität keine Tugend

Foto: Paul Sableman auf wikimedia commons

Mit dem 50. Jahrestag der Publikation des ersten Berichts des Club of Rome flammte im Frühling die alte Wachstumsdebatte wieder kurz auf. Meist rechthaberisch geführt, unergiebig, ohne den überfälligen Blick auf global gerechte «Degrowth»-Alternativen. Es ist geradezu absurd, dass in unseren Breiten ein halbes Jahrhundert nach «Grenzen des Wachstums» und einer Kaskade katastrophaler ökologischer Berichte jede Delle bei den ökonomischen Steigerungsraten als negativ, ja dramatisch wahrgenommen wird. Sofort stützen, wieder ankurbeln, da scheinen sich Politik wie Medien einig. Darum müssen wir diese im Kern irrationale Diskussion weiter führen: Expansion ohne Ende geht nicht.

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Was der Sprachgebrauch über Nachhaltigkeit verrät

Im Sprachgebrauch wird immer wieder der Begriff „Nachhaltigkeit“ in Verbindung mit einem Attribut verwendet: So wird von ökologischer Nachhaltigkeit, wirtschaftlicher Nachhaltigkeit, digitaler Nachhaltigkeit, sozialer Nachhaltigkeit etc. gesprochen.
Dieser Sprachgebrauch entspricht allerdings nicht dem Leitgedanken und dem Nachhaltigkeitsverständnis der Agenda 2030 „Transformation unserer Welt: die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“ und verunklart das, worum es bei Nachhaltigkeit heute geht und gehen muss.
Ein Attribut ist wie ein Vorzeichen, wie ein Zeichen vor der Klammer. Das Attribut „regiert“ den Sachverhalt, indem es die Bedeutung des Sachverhaltes entsprechend seiner eigenen Bedeutung einordnet und damit nachordnet.
Bei der Wortverbindung „wirtschaftliche Nachhaltigkeit“ z. B – Entsprechendes gilt für alle anderen „Attribut+Nachhaltigkeit“- Wortverbindungen – regiert das Wirtschaftliche die Nachhaltigkeit, d.h. die Nachhaltigkeit wird in die Wirtschaft eingeordnet und damit nachgeordnet. Was in der Wortverbindung „wirtschaftliche Nachhaltigkeit“ „Nachhaltigkeit“ bedeutet, wird von der Wirtschaft bzw. Wirtschaftlichkeit her bestimmt, nicht von der Nachhaltigkeit.
Diese Nach- bzw. Unterordnung der Nachhaltigkeit unter die Wirtschaft steht indes im Widerspruch zum systemischen Verständnis der Agenda 2030, in dem die Nachhaltigkeit vom Ende her gedacht letztlich den stabilen Zustand des „Mensch-Planeten-Systems beschreibt. In der Agenda 2030 ist die Nachhaltigkeit das Umfassende gegenüber allen Teilbereichen menschlicher Aktivitäten im Mensch-Planeten-System, es ist das übergeordnete Prinzip, das als Vorzeichen vor allen menschlichen Aktivitäten steht und stehen muss, wenn das Mensch-Planeten-System einen Fortbestand haben soll. Richtig im Sinne der Agenda 2030 muss es daher, um ein anderes Beispiel anzuführen, “nachhaltige Digitalisierung” heißen, weil damit die Digitalisierung in Richtung Nachhaltigkeit geleitet wird.
Wenn wir heute über Nachhaltigkeit mit dem Anspruch, auf der Höhe der Zeit zu sein, reden wollen, sollten wir daher nicht hinter dem umfassenden und ganzheitlichen Nachhaltigkeitsverständnis der Agenda 2030 zurückbleiben, das letztlich von allen menschlichen Aktivitäten die Ausrichtung auf die nachhaltige Entwicklung verlangt.

Eine Abrüstungskonferenz mitten im Aufrüstungstrend

Nicht erst seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine vor vier Monaten stehen die Zeichen auf atomare und konventionelle Aufrüstung. Insbesondere in Europa, USA , Russland und China. Das belegen die jährlichen Berichte des Stockholmer Internationalen Friedensforschungs-Instituts (SIPRI). Ganz gegen diesen Aufrüstungstrend stand während dreier Tage (21.-23. Juni 2020) in Wien die erste Konferenz von inzwischen 86 Unterzeichnerstaaten des UNO-Abkommens zum vollständigen, weltweiten Verbot atomarer Waffen (Treaty for the prohibition of nuclear weapons, TPNW).

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Charles Cunningham Boycott und die Macht der Verbraucher:innen

Bild: Gordon Johnson auf Pixabay

Zuerst einmal: Verbraucher:innen können nicht streiken. Sie könnten sich höchstens dagegen wehren, als solche tituliert und somit zu einer Schrumpfform menschlicher Existenz herabgewürdigt zu werden. Verbrauchen tun wir alle. Darin liegt die Albernheit der Beschreibung. Trotzdem ließe sich sagen, dass große Menschengruppen, die sich weigern, das eine oder andere auch fürderhin zu kaufen und zu verbrauchen, eine Art Streik durchführen. Im digitalen Zeitalter kann dies auch weitaus einfacher als früher zu einer machtvollen Ansage werden, die Unternehmen zwingt, Änderungen vorzunehmen, zum Beispiel im Umgang mit ihren Mitarbeitenden oder an der Produktpalette.

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