Mit diesem Feuer spielt man nicht

Bild: geralt auf Pixabay

Der großangelegte Schlag sei jahrelang vorbereitet worden, schreiben israelische Medien. Der US-Präsident zeigt sich vorab informiert und nennt die Militäraktion einen „sehr erfolgreichen Angriff, um es gelinde auszudrücken“. Die Führung in Teheran spricht von einer „Kriegserklärung“. Deutsche Medien berichten, etwa 200 israelische Kampf-Flugzeuge hätten in der Nacht auf Freitag (13. 6. 2025) im Iran Militär-Einrichtungen und Atomanlagen angegriffen. „Israelischen Angaben zufolge wurde bei dem Angriff ein großer Teil der Führung der islamischen Revolutionsgarde getötet.“ Detlef zum Winkels Beitrag aus dem November 2024 liefert Hintergründe zu dieser Entwicklung, die der Generaldirektor der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEA) „äußerst besorgniserregend“ nennt: „Solche Angriffe haben schwerwiegende Auswirkungen auf die nukleare Sicherheit und die Sicherheitsüberwachung sowie auf den regionalen und internationalen Frieden und die Sicherheit.“

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Edzard Reuter und der „Zoff im Spätzlesumpf“

Foto: Regina Kühne auf wikimedia commons

Dass sich der Ende Oktober verstorbene Edzard Reuter nach seinem Ausscheiden als Daimler-Chef mit großem Einsatz für eine lebendige Demokratie und kritischen Journalismus einsetzte, findet zwar in vielen Nachrufen bundesweit angemessene Erwähnung. Dass sich dieses Engagement in seiner langen Lebensspanne von 1996 (1987 bis 1995 war er Vorstandsvorsitzender der Daimler-Benz AG) bis zu seinem Tod jedoch ganz wesentlich darin konkretisierte, sich vehement gegen Stuttgart 21 zu stellen, bleibt durchweg unerwähnt. Reuter sah Stuttgart21 – und das ist die Aktualität seiner Positionierung – als „Verbrechen an der Demokratie“, als „politischen Betrug“ und als Musterbeispiel dafür, wie man politische Glaubwürdigkeit verspielen kann.

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Gesetzt den Fall eines Putin-Tribunals

20 von 35 Jahren hat Radislav Krstic abgesessen, 15 Jahre hat er noch vor sich. Nun hat der aus Bosnien stammende, in Den Haag verurteilte Ex-Militär der serbischen Armee eingestanden, dass im damaligen Krieg und insbesondere in Srebrenica Völkermord begangen worden ist. Ohne Wenn und Aber. Er ist der erste der verurteilten Kriegsverbrecher, der aus einer Ansammlung von Leugnern ausgebrochen ist. Vielen deutschen Medien war dieses Geständnis leider keine Erwähnung wert.

April 2004 – Die erste Verurteilung wegen Völkermordes wird in der Berufung aufrechterhalten. Die Berufungskammer stellt fest, dass Radislav Krstić, ehemaliger Kommandeur des Drina-Korps der bosnisch-serbischen Armee, Beihilfe zum Völkermord in Srebrenica geleistet hat. (Bild: Internationaler Strafgerichtshof der Vereinten Nationen für das ehemalige Jugoslawien auf wilkimedia commons)
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Wenn Aufrüstung Ausrüstung heißt

Bild: Pexel auf Pixabay

Die Aussage ist deutlich: „Wir arbeiten für die Landes- und Bündnisverteidigung“, sagt Thomas Pretzl im IG-Metall-Mitgliedermagazin Metall: Er ist Betriebsratsvorsitzender der Airbus Defence and Space im bayerischen Manching und Mitglied der IG Metall. Die organisiert nicht nur Auto- und Maschinenbauer, sondern auch die Beschäftigten der Rüstungsbranche. Im Airbus-Werk bei Ingolstadt werden auch der Eurofighter und die Awacs-Aufklärer gewartet. Zudem baut Airbus gemeinsam mit ausländischen Partnern eine europäische Drohne. Pretzl macht sich trotzdem Sorgen. Es gebe „einen Trend, die Luftwaffe mit amerikanischem Gerät auszustatten“, klagt der Betriebsrat. Die derzeitige Vergabepraxis des Verteidigungsministeriums, etwa die Bestellung des Kampfflugzeugs F-35 beim US-Hersteller Lockheed, sei „eine Enttäuschung für unsere Belegschaft“. Eine „militärische Luftfahrtstrategie“ der Bundesregierung fordert auch Jürgen Kerner, der Zweite Vorsitzende der IG Metall. Kann es Arbeitnehmervertretern gleichgültig sein, mit welchen Produkten die Kollegen ihr Geld verdienen?

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Gründlich umkrempeln, mit Ehrlichkeit und Klartext

Können Städte Labore für die erfolgreiche Bewältigung der vielfältigen Menschheitskrisen sein? Ja, sagt Peter Kurz. Aber damit das gelingt, müsse die Politik gründlich umgekrempelt werden, gerade auch in Deutschland.
Kurz war von 2007 bis 2023 Oberbürgermeister der Stadt Mannheim. Darüber hinaus war er Mit-Initiator des Global Parliament of Mayors (Weltparlament der Bürgermeister) und ab 2019 dessen Präsident. Auch auf europäischer Ebene hatte er Funktionen in kommunalen Gremien und war viele Jahre Präsident des Bundesverbandes Wohnen und Stadtentwicklung (VHW). Als Oberbürgermeister der vom Strukturwandel geprägten und keineswegs einfachen Stadt Mannheim hatte der Sozialdemokrat, wie Kommunalexperten und Oberbürgermeisterkollegen bescheinigen, in vieler Hinsicht durchaus ein gutes Händchen. Wenn Peter Kurz nun in einem schmalen Bändchen thesenhaft seine Idee von „guter Politik“ vorstellt, sollte man also hinschauen.

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Nawalnys Vermächtnis

Die Autobiografie des im Februar in einem russischen Straflager ermordeten Kremlkritikers Alexej Nawalny ist jetzt erschienen. Sein Buch »Patriot« ist eine ebenso politische wie persönliche Anklageschrift gegen Putins Regime – und das Vermächtnis eines mutigen Mannes, der den Glauben an eine bessere Zukunft Russlands nicht aufgeben wollte.
Das Ende war so, wie er es vorausgesehen hatte: „Ich werde den Rest meines Lebens im Gefängnis verbringen und dort sterben. Es wird niemand da sein, von dem ich mich verabschieden kann,“ notierte Alexej im Putin´schen Gulag. Am 16. Februar 2024 starb er allein im Straflager „Polarwolf“ in der Arktisregion unter nicht geklärten Umständen. Tagelang weigerten sich die Behörden, seine Leiche herauszugeben, bis seine Mutter Ljudmila Nawalnaja in einem Videoappell an Putin die Erpressungsversuche öffentlich machte. Sie erreichte es letztlich, dass Nawalny am 1. März unter großer Anteilnahme Tausender Menschen in Moskau beerdigt wurde.

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Gefesselt, mit Haut und Haaren einverleibt oder Ohne Abstand kein Anstand

Bild: geralt auf Pixabay

Kennen Sie das noch? Vor nicht allzu langer Zeit sind die meisten von uns (ich bin Österreicher) pünktlich um 19:30 Uhr vor dem Fernsehgerät gesessen (mit „sicherem“ Abstand zum Bildschirm, meist auf dem Sofa oder einem gemütlichen Stuhl) und haben uns an einem Ort (im Wohnzimmer) zur gleichen Zeit (um halb acht) mit derselben massenmedialen Hintergrundrealität (den „Nachrichten“ des öffentlich-rechtlichen Rundfunks) versorgen lassen. Dort hat uns lange Zeit Hugo Portisch „die Welt“ erklärt – und wir sind dieser „Instanz“ andächtig gefolgt und haben das Gesagte nicht weiter hinterfragt (da lag ein Latenzschutz drüber, das war außerdem ganz schön „wissenschaftlich“, also wahr – und zudem verständlich). Ein wenig systemischer vielleicht? Ok.

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Social Media uniformiert und polarisiert

Bild: Clker-Free-Vector-Image auf Pixabay

Zu Anfang eine ungeheure Chance: „Wie niemals zuvor verfügt die Menschheit heute über vielversprechende Methoden, weitverstreute Quellen des Wissens und der Kreativität in einem Strom zusammenzuführen, dessen Produktivität erstaunlich ist.“1 Der Wert dieser Methoden hängt allerdings davon ab, wie die Bürger:innen sie verwenden. Damit beginnen die Probleme. Denn der ungeheuren Chance steht eine ungeheure Einschränkung gegenüber: das Internet und die Social Media sind ein Nährboden für Polarisierung und Extremismus. Sie führen Gleichgesinnte zusammen und machen es ihnen leicht, missliebigen Ansichten auszuweichen. Dies ist problematisch für eine demokratische Alltagskultur.2

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Wird das „Bürgerrecht auf Bildung“ vom Kopf auf die Füße gestellt?

Demo in Hamburg: (Foto: Hana Gaon auf wikimedia commons)

Die Freiheit der Berufswahl nach Artikel 12 des Grundgesetzes bedeutet nicht, dass mittellose Studentinnen oder Studenten einen Rechtsanspruch haben, dass der Staat für ihr Hochschulstudium die Kosten zum Lebensunterhalt und zur Ausbildung vollständig übernimmt. Der 1. Senat des Bundesverfassungsgerichts setzte in einer kürzlich veröffentlichten Entscheidung (1 BvL 9/21 vom 23. September 2024) zu der Ausbildungsförderung des Bundes (Bafög) andere Prioritäten. Und zum ersten Mal wägt das Gericht in dem Urteil ab, ob es „unverzichtbar“ ist, ein Studium durch eine staatliche Förderung zu ermöglichen im Vergleich „zu anderen Sozialbedarfen“, zum Beispiel „etwa der frühkindlichen Bildung“. Es ist verzichtbar, sagen die Richterinnen und Richter im 1. Senat und werfen einen überraschend neuen Blick auf die „sozialstaatliche Aufgabe, ein durchlässiges Bildungssystem zu verwirklichen“ (S.18).

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Die Linke in Not – setzt auf Wut statt auf Debatte

Die neu gewählten Parteivorsitzenden (Screenshot: Website Die Linke)

Die Ampel hat sich abgeschaltet, jetzt steht ein Wahlkampf ins Haus, bei dem es nach den Worten des Sozialwissenschaftlers Horst Kahrs für Die Linke darum geht, überhaupt eine Rolle zu spielen. Im Interview mit Wolfgang Storz lautet seine Zustandsbeschreibung: „Ich sehe eine Partei, die sich darauf konzentriert, bei der Bundestagswahl um ihr politisches Überleben zu kämpfen. Die deshalb den seit Jahren überfälligen längerfristigen Erneuerungsprozess noch einmal hinausschiebt. Eine Partei, die sich, aus existentieller Not heraus, auf außerparlamentarische Bewegungen fokussiert, auf gesellschaftliche Opposition und sich noch weiter vom Anspruch einer sozialistischen Gestaltungspartei entfernt.“ Als er diese Diagnose stellt, hat Kahrs diesen Wahlslogan der Partei Die Linke noch gar nicht kennen können: „In diesem Wahlkampf geht es um eines: wir hier unten gegen die da oben„.

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Wer läuft wohin und zu wem über?

Foto: L. Lenz auf wikimedia commons | Exminister Buschmann (FDP) singt derweil „man muss gehen, um zu stehen.“

Der Hoffmann und Campe Verlag hatte es 1951 abgelehnt, Siegfried Lenz´ Roman “Der  Überläufer“ zu veröffentlichen. Der schien dem Verlag damals dem deutschen Publikum nicht zumutbar. 2016 wurde “Der Überläufer“ publiziert – von Hoffmann und Campe; posthum, 17 Monate nachdem Lenz verstorben war. Überläufer nennt man Menschen, die sich auf verborgene Weise zum militärischen Gegner, zum Feind aufgemacht haben, übergelaufen sind.

Gebräuchlich ist das  Wort nicht. Nun tauchte es wieder auf. In der Bild-Zeitung und am 7. November ebenfalls in der FAZ. Es war auf den FDP-Politiker Volker Wissing gemünzt, der im Gegensatz zu anderen FDP- Repräsentanten die Regierung Scholz nicht verlassen hatte, sondern der geblieben und der praktisch zeitgleich aus der FDP ausgetreten war.

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Wiedervereinigt für Wohlstand, nicht für Demokratie

35 Jahre ist es jetzt her, dass mutige Menschen zuerst in Leipzig und später dann in vielen Städten der damaligen DDR auf die Straße gegangen sind und mit dem Ruf „Wir sind das Volk“ eine Diktatur zunächst ins Wanken und dann zu Fall gebracht haben. Wenn mich meine Erinnerung nicht trübt und ich genauer hinschaue, dann ist bei mir aus dieser Zeit folgendes hängengeblieben: Es waren nicht die „bösen westdeutschen Kapitalisten“, die es kaum erwarten konnten, sich auf einen kolonialistischen Beutezug nach Ostdeutschland auf den Weg zu machen. Das Tempo und das Verfahren, wie die Deutsche Einheit hergestellt werden sollte, wurde ganz wesentlich durch die Wählerinnen und Wähler in Ostdeutschland „erzwungen“.
Was viele politische Akteure auch nicht wahrhaben wollten oder vielleicht auch nicht gesehen haben: Schon unmittelbar nach der Wende kristallisierte sich in der ehemaligen DDR ein beachtlicher rechtsextremer Bevölkerungsanteil heraus, der zwar zu der herrschenden SED Diktatur in Opposition stand, aber mit der „liberalen Demokratie „westlicher Prägung“ nichts am Hut hatte.

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Fragen deutscher Identität – unbearbeitet und unbeantwortet

Bärbel Bohley und Rolf Henrich, Mitbegründer der Bürgerbewegung Neues Forum (DDR), während der landesweiten Delegiertenkonferenz des Neuen Forum am 6. Januar 1990 im Kulturhaus ‚Alfred Frank‘, Leipzig. (Screenshot: LeMo | Foto: Friedrich Gahlbeck, Bundesarchiv; ADN-Zentralbild Bild 183-1990-0109-301

„Der vormundschaftliche Staat“: In kaum einem der zur Zeit so erfolgreichen Bücher über die Ostdeutschen fehlt dieser Hinweis auf den Charakter des untergegangenen Staates namens Deutsche Demokratische Republik (DDR), der im Namen des Sozialismus „vormundschaftlich“ von der Wiege bis zur Bahre das Leben seiner Bewohnerinnen und Bewohner geregelt und gelenkt und ausgeforscht hat. Die Zuschreibung benutzen Bestsellerautoren wie Steffen Mau oder Dirk Oschmann, aber auch Ines Geipel oder Ilko-Sascha Kowalczuk, um zu beschreiben, warum sich so viele Ostdeutsche mit der Demokratie und den tragenden Institutionen einer pluralistischen Zivilgesellschaft wie Parteien, Kirchen, Verbänden oder Gewerkschaften immer noch schwer tun, warum sie gegen den Westen, die USA, die Nato und Waffenlieferungen an die Ukraine sind. Und neuen (rechtsextremen bis nationalistischen) Vormündern hinterherlaufen, die vorgeben, das Leben an der Seite des Bruderlandes Russland wieder so überschaubar und geregelt wie im einstigen vormundschaftlichen Staat machen zu wollen.

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Spekulatives über Folgen für die deutsche Politik

Bild: F. Muhammad auf Pixabay

Die Ungewissheit  des Ausgangs der Wahl in Amerika lähmte in den vergangenen Monaten auch in Deutschland politische Prozesse und führte zum Aufschub politischer Klärungen und Entscheidungen bis nach dieser Wahl. Insofern kann der Wahlausgang, je nachdem, ob Harris oder Trump gewinnt, gleichsam auch zum Scheidepunkt politischer Prozesse in Deutschland werden. Ab Mitternacht (MEZ) des 5. November dürften erste Prognosen (aus Indiana und Kentucky) vorliegen, gegen 1 Uhr werden dann die Wahllokale im ersten Swing State (Georgia) schließen, der 2020 an Biden ging. Vorab einige Spekulationen darüber, was es für die Ampelparteien, die Union, die Schuldenbremse, das AfD-Verbotsverfahren, die Brandmauer gegen rechts und den Ukrainekrieg bedeutet, wenn Harris gewinnt, und was, wenn Trump gewinnt.

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Der Kampf um Amerikas Zukunft geht erst richtig los, wenn die Wahllokale schließen

Draußen vor dem US-Kapitol während des Angriffs auf das Gebäude am 6. Januar 2021 (Foto: Tyler Merbler auf wikimedia commons)

Wir stehen unmittelbar vor einer Wahl, die über weit mehr als die US-amerikanische Präsidentschaft entscheidet. Über den Wahlkampf zwischen Donald Trump und Kamala Harris wurde schon viel gesagt, deshalb ersparen wir Ihnen hier Wiederholungen. Um es zusammenzufassen: Trump verspricht das rechtsstaatlich verfasste amerikanische politische System in weiten Teilen auszuhöhlenMillionen von Menschen abzuschieben und schon am ersten Tag seiner Amtszeit eine Diktatur zu errichten. Wir glauben, dass wir ihn ernst nehmen sollten. Harris hingegen hat mehrere moderate politische Versprechen gemacht, vor allem aber hat sie versprochen, nicht das zu tun, was Trump vorhat. Diese Wahl – sowohl des Präsidenten bzw. der Präsidentin, als auch des Kongresses – wird sich auf Millionen Menschen auswirken, in den USA und anderswo.

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