Rabbi Nilton Bonder erzählt in seinem meisterhaften Büchlein „Der Rabbi hat immer recht. Die Kunst Probleme zu lösen“ von Isidor Rabi, 1944 Nobelpreis für Physik. Rabi sei überzeugt, seinen Erfolg seiner Mutter zu verdanken: „Nach der Schule fragten die Mütter immer ihre Kinder, was sie an diesem Tag gelernt hätten. Meine Mutter aber wollte wissen: ‚Was hast du denn heute in der Schule für Fragen gestellt?’“ In der eMail einer Freundin stand dieser Tage die Frage: „Wieso berichten die Medien jeden Furz, den Herr Trump lässt? Wieso geben sie ihm so viel Raum in ihrer Berichterstattung?“ In Bonders Buch gibt es auch eine Geschichte mit der Quintessenz, „dass man niemals eine gute Frage gegen eine Antwort eintauscht“. Ich versuche trotzdem zu antworten.
Weiterlesen →Steuergelder für klimaschädliche Geschäfte?

Der Streit, ob wegen der Covid-19-Krise eine energische Umweltpolitik `gekillt` oder im Gegenteil befördert wird, scheint offen. Einerseits tun die Lobbyisten der Automobilindustrie in diesen Wochen vieles, um beispielsweise die bereits in 2020 drohenden rund 15 Milliarden Strafzahlungen abzuwenden — EU-Autohersteller müssen die vermutlich bezahlen, weil sie die CO2-Grenzwerte nicht einhalten; allein für VW könnten es 4,5 Milliarden Euro werden. Andererseits gab es über dieses Wochenende einen Aufruf von gut 60 Unternehmen, darunter auch DAX-Konzernen wie Eon, Allianz oder der Deutschen Telekom, alle Investitionen und Maßnahmen, die wegen der Covid-19-Krise ergriffen würden, müssten „systematisch klimafreundlich“ ausgerichtet sein. Was heißt das für die Lufthansa?
Weiterlesen →Was bewegt die Bewegung?
Fridays for Future ist wieder aktiv. Corona-bedingt aber dominant online. Eine Art Re-Start unter medial erschwerten Bedingungen. In der bisherigen Hochphase der Bewegung im letzten Herbst wurden über 5.000 Aktivisten vom Berliner Institut für Protest- und Bewegungsforschung offline wie online zu ihren Meinungen befragt. Die Resultate wurden mit einer weiteren Studie verglichen, die zuvor in 13 europäischen Städten durchgeführt worden war.
Nun ist die Auswertung abgeschlossen und steht unter dem Titel „Protest for a future II“ in englischer Sprache zum Download bereit. Die Journalistin Christiane Schulzki-Haddouti hat die wichtigsten Ergebnisse in einem informativen Artikel auf klimafakten.de zusammengefasst:

Im Anschluss ein paar Überlegungen zu den Motiven der Bewegung.
Weiterlesen →Herrengedeck – oder feministische Wut für Späteinsteiger

„Wenn alles stillsteht“ ist derzeit eine häufig gebrauchte Überschrift, zum Beispiel auf der Titelseite der Süddeutschen Zeitung vom 17. April. Das war knapp fünf Wochen nachdem ein Großteil der bundesrepublikanischen Printjournalisten ins Homeoffice verbannt wurde. Knapp fünf Wochen, in denen nicht wenige Journalistenkollegen ihre persönlichen Erfahrungen mit der für sie offenbar neuen Situation in ihren Medien weidlich ausgebreitet hatten: Wie schwer, die ganze Zeit Kinder bespaßen zu müssen und dennoch die Schreibtischarbeit zu schaffen. Welche Logistikherausforderungen der Einkauf, das Kochen, die Wäscheberge, überhaupt der Dreck in der Wohnung so mit sich bringen.
Weiterlesen →“Die Folgen dieser Zeit”
Inspiriert von Boris Vians Lied „Der Deserteur“ hat die französische Autorin Annie Ernaux dem Präsidenten Frankreichs am 30.3. einen offenen Brief geschrieben. Darin kritisiert sie Emanuel Macron’s Kriegsmetaphorik und entlarvt seinen vermeintlichen Pragmatismus als symptomatisch für einen technokratischen Neoliberalismus. Stattdessen, so Annie Ernaux, zeige die Coronakrise überdeutlich, wie überlebenswichtig die seien, die von Macron so oft für überflüssig erklärt würden: Krankenschwestern, Müllmänner, und andere hart arbeitende Menschen am Existenzminimum.
Im Videostream der Berliner Schaubühne liest die Schauspielerin Ursina Lardi eine deutsche Version des Briefes.
Interdisziplinäre Einsichten
Das Thesenpapier „Datenbasis verbessern, Prävention gezielt weiterentwickeln, Bürgerrechte wahren“ ist vom 5. April, es hat mich erst jetzt, fast drei Wochen später erreicht. Auch wenn inzwischen vieles von anderen ebenfalls so gesagt wurde, das Thesenpapier hat mir als medizinischem Laien auf 30 Seiten kompakte Aufklärung gegeben. Sechs Autorinnen der Fachgebiete Medizin, Jura, Pflege, Soziologie aus Köln, Berlin, Hamburg und Bremen erklären, kritisieren, empfehlen auf eine sachlich-konstruktive Weise – eine Wohltat am Rande des Medienspektakels.
Das Schulden-Ding: Staaten versichern ihre Bürger
Ist die Schwarze Null bedroht? Und müssen wir deshalb in die nächste Panik verfallen?

Die Welt verschuldet sich wegen der Folgen von Corona. Droht eine verschärfte Schuldenkrise? Der Sozialismus? Wird die Wirtschaft zum Pflegefall des Staates, wie konservative Kommentatoren meinen?
Weiterlesen →Welche Zustände erlaubt der Ausnahmezustand?
Artikel 2 des Grundgesetzes, Absatz 2, sagt sozusagen im selben Atemzug: „Jeder [gemeint ist Mensch, nicht Mann; Anmerkung des Bloggers] hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich.“ Mach was draus, Politik, wenn Freizügigkeit, Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit das Recht auf die körperliche Unversehrtheit anderer gefährden. Ausführlich und gründlich argumentiert Mattias Kumm, u. a. Harvard-Professor und am Berliner Wissenschaftszentrum (WZB) tätig, im Verfassungsblog:

It’s the technology, stupid!
Warum erhalten Krankenschwestern und Pflegekräfte für ihr momentanes (auch noch riskantes) Schichtschuften in Krankenhäusern, Alten- und Pflegeheimen, ambulant und stationär, nicht runde 9.000 Euro extra? Ohne viele Worte und ganz ohne Balkon-Klatschen. Einfach 9.000 Euro. Ob sie eventuell 500 oder 1500 Euro Sonderzahlung erhalten — das wird von der Politik hin und her gewendet. Der Autobauer Porsche ist da schneller: Seine gut 35.000 Beschäftigten erhalten diesen Bonus für ihre Arbeit in 2019; plus 700 Euro für die Altersvorsorge. Gratulation! Geschätzt etwa das Dreifache eines durchschnittlichen Pfleger-Bruttogehaltes. Warum nur die einen und die anderen nicht?
Weiterlesen →Bruchstücke von Kommentatorenplätzen
Intellektuelle und Journalisten haben in der öffentlichen Arena ein Dauerabo für Kommentatorenplätze. In besonders unübersichtlichen Zeiten, in Krisen zum Beispiel, lassen Journalisten Intellektuellen gerne den Vortritt. Entweder die Vordenker drängen sich selbst vor oder sie werden angefragt und eingeladen, ihre Erklärungen, Deutungen und Empfehlungen zu publizieren. Ein Überblick über sieben Stimmen zur Corona-Krise von A wie Jutta Almendinger über H wie Jürgen Habermas und Lisz Hirn bis Z wie Slavoj Žižek plus Hinweise auf einige weitere Links.
Weiterlesen →„Wir können die Niederlande radikal nachhaltiger und gerechter machen“
Fünf Vorschläge für die Niederlande nach Corona
Auch bei unseren Nachbarinnen in den Niederlanden macht man sich grundsätzliche Gedanken über die Zeit nach der Pandemie. In der Tageszeitung Trouw veröffentlichten am vergangenen Samstag, den 11. April, 170 Soziologen und Umweltforscherinnen ein Manifest, in dem sie eine Abkehr vom neo-liberalen Paradigma und radikale Reformen fordern. Wir dokumentieren ihr Manifest in einer deutschen Übersetzung.
COVID-19 erschüttert die Welt in ihren Grundfesten. Die Corona-Pandemie hat bereits zahllose Menschenleben gekostet oder schwer beeinträchtigt, während Helfer hart arbeiten, um die Kranken zu versorgen und eine weitere Ausbreitung zu verhindern. Der Kampf zur Begrenzung der enormen persönlichen und sozialen Verluste verdient unsere Anerkennung und Unterstützung. Gleichzeitig ist es wichtig, diese Pandemie in einen historischen Kontext zu stellen, um eine Wiederholung der Fehler der Vergangenheit in der Zukunft zu vermeiden.
Weiterlesen →Welches Danach wollen wir?
Erstes auffälliges Merkmal einer Krise ist, dass es nicht so weiter geht. Man hatte nicht damit gerechnet, dass es gerade jetzt nicht mehr so weiter geht. Man weiß nicht recht, was die Ursachen sind und was die Folgen sein werden, dass es nicht mehr so weiter geht… Die Krise ist die große Stunde derjenigen, die schon seit langem sagen, dass es so nicht weiter gehen könne. In dieser Situation erheben sich viele Stimmen, die Vorschläge machen und Forderungen stellen, was geschehen sollte, damit die Krise als Chance genutzt wird, um Weichen für eine bessere Zukunft zu stellen. Selbst Der Spiegel überschreibt seine Titelgeschichte der aktuellen Ausgabe (18. 04. 2020) mit „Der Aufbruch. Jetzt oder nie: Der Corona-Schock birgt die Chance auf eine bessere Welt“. bruchstücke dokumentiert im Folgenden einen „Diskussionsimpuls zu den politischen Perspektiven nach der Corona-Krise“. Das Blog bietet sich an, weitere Impulspapiere zu veröffentlichen.
Wir UnterzeichnerInnen wollen das gegenwärtige Innehalten nutzen, um eine Diskussion anzuregen. Es geht uns darum, eine positive Perspektive zu entwerfen. Dies ist selbstverständlich kein umfassendes oder gar perfektes Programm, sondern ein Stein, der ins Wasser geworfen wird. Wer sich angesprochen fühlt, wer möchte, dass in diese Richtung die öffentliche Diskussion geht, der ist herzlich eingeladen, dies kundzutun und natürlich weitere UnterstützerInnen zu finden. In einer zweiten Phase würden wir gern kritisch und selbstkritisch über die Erweiterung, Präzisierung und auch Veränderung dieses ersten Impulses diskutieren.
Weiterlesen →Corona in der Medienberichterstattung und in der Medienforschung
Als Corona alle anderen Themen aus der Medienberichterstattung verdrängt hatte und allein schon diese Thematisierungs-Monomanie Kommunikationswissenschaftler als kritische Stimmen hätte auf den Plan rufen müssen, gab es für sie kaum eine Chance, sich Gehör zu verschaffen. Nach meinem ersten, allerdings unvollständigen Eindruck ist es immerhin drei Medienforschern trotzdem gelungen, bereits in dieser Berichterstattungsphase der Schockstarre an die breitere Öffentlichkeit durchzudringen: Otfried Jarren, Klaus Meier und Bernhard Pörksen. Das hat die Frage aufgeworfen, wo sich Hunderte weiterer Medien- und Kommunikationsforscher im deutschsprachigen Raum «verstecken», die von den Medien eigentlich gerade jetzt als Quellen zur Einschätzung und Erklärung der Kommunikation rund um Corona genutzt werden sollten.

In diesem Dossier werden zunächst Beiträge der drei «sichtbaren» Kollegen präsentiert, die meine Sammel-Aktion ausgelöst haben. Dann folgen Links zu Fachkolleginnen und Kollegen, welche die Spannweite der Einlassungen verdeutlichen und belegen, wie wichtig Diskussionsbeiträge von Medienforschern sein können, um die Corona-Kommunikation in ihren Facetten zu verstehen und zu verbessern. Zum Schluss füge ich eine Liste eigener Fragen hinzu, die mehr mediale Aufmerksamkeit verdienen würden.
Das Dossier wird online auch auf der Website des Europäischen Journalismus-Observatoriums publiziert und wird dort auch zugänglich bleiben. Dort finden sich inzwischen auch im «Global Journalism Observatory» Beiträge, die sich mit der Corona-Berichterstattung in aller Welt auseinandersetzen.
Weiterlesen →Corona ist gut für die Politik
oder Von der zarten Blüte einer neuen Sachlichkeit

Zwei der größten Fehlbesetzungen der globalen Politik scheinen sich durch Corona selbst ins Knie zu schießen, so dass sie zu Fall gebracht werden könnten.
Weiterlesen →Es gibt keine Verschwörungstheorien

Seit Jahren wird von Verschwörungstheorien geredet. Das Internet mit seinen Verdummungs-Blasen hat sie vor allem verbreitet.
Weiterlesen →