Die Theoreme heutiger Naturwissenschaften sind für einen Laien kaum zu verstehen. Ist einer naturwissenschaftlich ausgebildet und betreibt kenntnisreich Philosophie, muss er bald als ein Exot gelten. Dieser Autor hat seine Ausbildung als Biochemiker erfahren, ist später Hochschullehrer für Philosophie geworden, und Berührungsangst mit politisch-praktischer Tätigkeit ist ihm fremd. Er schreibt in diesem Buch über Descartes, Spinoza und Fichte. Er schreibt über sie in einer Weise, die man in keinem Philosophielehrbuch und keinem Wikipediaartikel findet. Er macht sie mitverantwortlich für die „allenthalben zu beobachtenden Grausamkeiten gegenüber den Tieren.“
Landauf, landab, regional, überregional, als Print und digital ist zu lesen, Herbert Wehner habe Dortmund als „Herzkammer der SPD“ bezeichnet. Die Quellenangabe fehlt überall. Einen in Düsseldorf ansässigen blog, der sich viel auf seine Nähe zur Sozialdemokratie zugutehält, habe ich gefragt, ob er, beziehungsweise der Autor eines diesbezüglichen Textes, mir schreiben könnte, wo die Quelle für die Herzkammer- Qualifizierung zu finden sei. Man hat kurzerhand die Frage entfernt. Auch eine Antwort. Also: Watt is mit de Herzkammer. In seinen nachgelassenen Schriften und bei ausgewiesenen Kennern und Kennerinnen Wehners find ich keine Quellenangabe. Das ist ja auch eigentlich nix Schlimmes. Unser Menschenkosmos ist erfüllt von zugeschriebenen Worten, die sich nicht an eine Quelle und eine Person sicher binden, an einem Ort, an Zeit und Medium festmachen lassen. Es ist nur so: Vor wenigen Jahren noch wurde das angebliche Zitat mit einem gedanklichen „bo – eh“ zusammengelesen. Nun ist´s „bo eh“ weg und ein wenig Häme lagert sich auf der Herzkammer ab.
Was lässt sich denn überhaupt sagen? Wikipedia berichtet unter dem Stichwort „Parteihochburg“ in NRW: „Zwischen 1966 und 2005 und von 2010 bis 2017 stellte die SPD in NRW ununterbrochen den Ministerpräsidenten und das Land galt als „Herzkammer der SPD“. Hochburgen hat die SPD vor allem im zentral gelegenen Ruhrgebiet sowie in den zahlreichen Großstädten.“ Das ist ein wenig vorsichtiger beschrieben als bei vielen Koronar-Experten. Tatsächlich hat Wehner in der einzigen bekannten Anbindung etwas anderes gesagt, partiell jedenfalls. Ich folge hier dem SPD-Unterbezirk Bochum, um ins Jahr 1973 zu gelangen: „Herbert Wehner hat in seiner Gründungsrede die Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen als ‚Auge, Ohr und Herzkammer der SPD‘ bezeichnet. Das war nicht fürs sozialdemokratische Feuilleton gesagt, sondern als Programm gemeint.“ Und dieser Satz hat offenkundig Beine bekommen. Resumee, Summe: Die Herzkammer zu Dortmund ist eher eine Gurke – wenngleich wunderbar klingend. Pardon: nicht Gurke sondern ein Gürk´sen, wie man da sagt.
Institut für Demoskopie Allensbach (Foto: Joachim Kohler auf wikimedia commons)
Dr. Thomas Petersen ist Projektleiter am Institut für Demoskopie Allensbach. 2009/2010 war er Präsident der internationalen Fachgesellschaft „World Association for Public Opinion Research“ (WAPOR). Immer wieder schreibt er in der FAZ über die monatlichen Umfragen des Instituts für Demoskopie Allensbach, zum Beispiel am 21. August 2025 (paywall). In diesem Artikel stellt er dar, welche Änderungen in Wirtschaft und Sozialsystemen die Menschen in Deutschland erwarten und welche dieser Änderungen sie „akzeptabel“ finden. Man kann getrost unterstellen, dass das Allensbacher Institut methodisch sauber arbeitet. Die Zahlen werden korrekt sein. Was aber macht Dr. Petersen mit ihnen?
Alarmierende Entwicklungen: Knapp drei Millionen junge Erwachsene im Alter von 20 bis 34 Jahren verfügen über keinen beruflichen Abschluss. Jeder vierte bis fünfte Schüler (seltener Schülerin), der jetzt die Schule verlassen hat, verzichtet auf eine Lehre und will – oder soll? – nur Geld verdienen. Und hinzu kommt: 56 000 Jugendliche (oder knapp über sieben Prozent eines Jahrgangs) haben die allgemeinbildenden Schulen ohne den niedrigsten Abschluss, den der Hauptschule, verlassen. Die erschreckend hohen Zahlen haben Bildungs-und Arbeitsmarktforscher in den letzten Wochen und Monaten vorgelegt, warnend und mahnend angesichts von fehlenden fachlich ausgebildeten Menschen im Handwerk, im Handel, in den Dienstleistungen und von unbesetzten Lehrstellen. Was geschieht da in den Schulen und beim Übergang in die Berufsbildung?
Dem früheren, 2018 verstorbenen Bundesarbeitsminister Herbert Ehrenberg wurde ein mit hoher Wahrscheinlichkeit erfundenes, sprachlich auf seine ostpreußische Einfärbung zielendes Bonmot nachgesagt. Er soll im Bundestag erklärt haben: Meine Damen und Herren, wie jeht´s denn weiter mit die Renten? Es jeht ja weiter mit den Renten. Und wenn es weiterjeht, dann jehts ja. Wie gesagt, wahrscheinlich mehr oder weniger jut erfunden. Ehrenberg war von 1976 bis 1982 Bundesarbeitsminister. Der Beitragssatz der gesetzlichen Rentenversicherung lag während seiner Amtszeit auf 18 Prozent. Heute liegt der Beitragssatz bei 18,6 v.H. So schrecklich groß ist die Differenz also nicht.
Die Tesla-Saga einer autonomen Fahrt von Küste zu Küste und ein aktueller Test: Zwei Influencer scheitern mit einem Model Y und der Full-Self-Driving-Software nach nicht einmal 100 km auf der großen Reise in die Zukunft. Marketing und Realitäten klaffen weit auseinander. Statt selbstfahrendem Wunderwerk ein gebrochenes Fahrwerk und ein Versprechen, das seit Jahren im Graben liegt.
Der Soziologe und Militärexperte Lutz Unterseher lehnt die deutschen Aufrüstungspläne ab, er versteht sich aber nicht als Pazifist. Unterseher schlägt eine gemeinsame europäische Armee vor, die nicht nur verbal, sondern auch strategisch rein defensiv ausgerichtet ist. Das verringere die Kriegsgefahr und sei zudem viel kostengünstiger. Nicht fünf, wie derzeit postuliert, sondern lediglich ein Prozent der Wirtschaftsleistung würden dafür benötigt, erläutert er im Interview mit Thomas Gesterkamp.
Am 1. September wird in Deutschland alljährlich der Antikriegstag begangen. Anlass ist Hitler-Deutschlands Überfall auf Polen als Beginn des 2. Weltkriegs. In Demonstrationen wurde in diesem Jahr Israel angeklagt und Russland „vergessen“, in vermeintlicher Gleichheit der Stopp von Waffenlieferungen an Israel und die Ukraine gefordert. Dominierend waren Parolen wie „Nie wieder Faschismus“ und „Nie wieder Krieg“, zu Recht. Denn Krieg ist allgegenwärtig, der Faschismus hebt in Europa und den USA an allen Ecken und Enden sein Haupt.. Kaum im Bewusstsein der Öffentlichkeit ist der 21. September als Welttag des Friedens, von der UNO-Generalversammlung 1983 ausgerufen und seit 2001 auf den 21. September festgesetzt. In diesem Jahr steht er unter dem Motto „act now for a peaceful world“.
In den 1950er Jahren wirbt das Waschmittel Persil mit einer Zeichentrick-Reklame, in der ein Marine-Matrose verdreckten Pinguinen die Bäuche wieder strahlend reinwäscht. Immer mehr Pinguine springen daraufhin an Bord und rufen im Chor ”PERSIL – PERSIL- PERSIL! “… Dabei recken sie die Flügel wie weit ausgestreckte Arme. Mit stolzgeschwellter Brust defilieren sie schließlich in Reih und Glied an Land, zu Marschmusik singend: ”Ja, unsere weiße Weste verdanken wir PERSIL!” Die Deutschen haben ihren Humor also noch nicht verloren, oder schon wiedergefunden. In Fridolin Schleys Roman Die Verteidigung, in dem er die Ereignisse um den Nürnberger Wilhelmstraßen-Prozess in ein fesselndes Drama über Moral und Verantwortung verwandelt, taucht die Reklame für blütenweiße Wäsche kurz auf – als filmische Metapher, die veranschaulicht, wie die »Entnazifizierung« schon frühzeitig funktionierte.
Der Medienwissenschaftler, Sozialdemokrat und langjährige SPD-Bundesgeschäftsführer Peter Glotz starb vor 20 Jahren. Seine Mahnungen an die eigene Partei, seine Befürchtungen zu kriegerischen Auseinandersetzungen in Europa und seine frühen Warnungen vor der nicht bezähmbaren Macht zukünftiger Tech-Giganten sind erstaunlich aktuell. Sie machen noch einmal deutlich, welche politische und intellektuelle Kraft in dem Denker mit der hohen Stirn steckten.
Kann ein Land wie Frankreich regiert werden, wenn es in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft von Misstrauen und einer allseitigen Blockade („bloquons tout“ ) beherrscht wird? Wenn „Kompromiss“ zum Schimpfwort wird? Vor drei Jahren ist Emmanuel Macron zwar als Präsident zum zweiten Mal für fünf Jahre gewählt worden, aber er verlor bei den anschließenden Wahlen zur Nationalversammlung die absolute Mehrheit: Vier (la oder le) premiers ministres haben seither versucht, im Palais Bourbon eine Rentenreform oder ein Budget auf geordnetem parlamentarischem Weg und nicht über ein Ausnahmerecht zu verabschieden. Elisabeth Borne, Gabriel Attal, Michel Barnier und François Bayrou sind gescheitert – entweder an Macron (durch vorschnell vorgezogene Neuwahlen im vorigen Jahr) oder am Misstrauensvotum der Rechts- und Linksextremen im Parlament (Barnier). Oder an einer selbst beantragten Vertrauensfrage, von der Bayrou wusste, dass er sie verliert: Im Scheitern nach neun Monaten ein trotziger Abgang eines alten Politkämpen der liberalkonservativen Mitte.
Nun also der fünfte Premier, Macrons getreuer Gefolgsmann Sébastien Lecornu (39), die „letzte Patrone“ des unbeliebten Staatspräsidenten, wie von Rechtsaußen gelästert wird. So jung er ist, Lecornu ist seit zwanzig Jahren Berufspolitiker (vom Bürgermeister bis zum Verteidigungsminister) und kein Absolvent einer der elitären Kaderschmieden. Er pflegt diskreten Umgang von sehr weit rechts bis zu den Sozialisten, aber ob er die Blockaden auflösen und die Wut auf der Straße befrieden kann? Die Medef (Mouvement des entreprises de France), der sturköpfig-mächtige Arbeitgeberverband, lehnte im Juni ein weites Entgegenkommen der pragmatischen Gewerkschaft CFDT in der Frage ab, die die Gesellschaft nach wie vor besonders umtreibt, die Rentenfrage. Ob die Sozialisten ihre „taxe Zucmann“ durchsetzen können (eine zweiprozentige Steuer für die 1.800 Haushalte, die über ein Vermögen von über 100 Millionen Euro verfügen)? Ob überhaupt ein Sparhaushalt in diesem hochverschuldeten und von den Ratingagenturen herabgestuften Land bis Ende Dezember verabschiedet werden kann? Niemand weiß es. Am 2. Oktober will Lecornu im Parlament seine Regierungserklärung abgeben. Wenn er es bis dahin überhaupt schafft.
Anzeigenmotiv zum Schweizer Volksentscheid am 21.5.2017, bei dem sich die Mehrheit für ein AKW-Neubauverbot entschied.
Im Frühsommer hat der trinationale Atomschutzverband TRAS seine Studie zur Bedrohungslage in Deutschland durch die Schweizer Altmeiler vorgestellt, im Spätsommer geistern Träume von AKW-Neubauten am Hochrhein durch die Presse. Die ZEIT titelte«Das Risiko tragen die Nachbarn» und zitierte TRAS-Vorstand Stefan Auchter (BUND Freiburg), der vor einer Zementierung der bereits bestehenden Import-Abhängigkeit der Schweizer Atomwirtschaft von der russischen Brennstoff-Lieferkette warnte. Seit dem Volksentscheid vom 21. Mai 2017 gilt in der Alpenrepublik ein AKW-Neubauverbot. Doch diesen Beschluss wollen Atom-Missionare unter anderem aus dem Umfeld der rechtspopulistischen Schweizer Volkspartei (SVP) die mit Albert Rösti auch den Energieminister stellt, wieder kippen. Brisant dabei ist zweierlei: Stimmenkauf und Lobby-Filz.
„Freiheit wäre, nicht zwischen Schwarz und Weiß zu wählen, sondern aus solcher vorgeschriebenen Wahl herauszutreten.“ Mit diesem Satz des deutsch-jüdischen Philosophen Theodor W. Adorno, geschrieben im kalifornischen Exil, publiziert in den Minima Moralia, wendet sich der 1954 in Zürich geborene israelische Wissenschaftler José Brunner an seine Leserinnen und Leser. „Brutale Nachbarn. Wie Emotionen den Nahostkonflikt antreiben – und entschärfen können“ ist der Titel seines Buches, das jetzt in Deutsch und bisher nur in Deutsch erschienen ist. Eindringlich beschwört er auf knapp 300 Seiten, „sich nicht mit der einen oder anderen Seite zu identifizieren“. Und führt fort: „ Lassen Sie sich durch die Opferdiskurse beider Seiten weder abschrecken noch verführen.“
Die zweite Amtszeit des US-Präsidenten Trump werde eine erhebliche Schieflage für die US-Wirtschaft bedeuten und eine tiefgreifende Veränderung der internationalen Wirtschaftsbeziehungen mit sich bringen, „denn alle Industrieländer werden tendenziell Handel und Auslandsinvestitionen einschränken“, sagt der spanische Wirtschaftswissenschaftler Rafael Myro im Gespräch mit Klaus West, der auch die Übersetzung aus dem Spanischen besorgte. Die Unkenntnis des Unternehmers Trump in Wirtschaftsfragen sei sehr groß, betont Myro. „Erstens ermöglicht die unternehmerische Tätigkeit keinen vollständigen Überblick über das Verhalten einer Wirtschaft und die Wechselbeziehungen zwischen ihren verschiedenen Bereichen und Akteuren. Zweitens hat sich Trumps Praxis als Unternehmer auf das Baugewerbe und Spekulationsgeschäfte beschränkt. Drittens hört er seinen Beratern nicht besonders aufmerksam zu. Und viertens sind einige von ihnen nicht besonders brillant.“