Signal aus Karlsruhe: Eigene Bildungsrechte für Kinder und Jugendliche

Im Katalog der Grundrechte tauchen die Würde, die Chancengleichheit, die Berufwahlfreiheit und der freie Zugang zu Stätten der Ausbildung auf. Es fehlt eine Voraussetzung, diese Zusicherungen des Grundgesetzes wahrnehmen zu können: das Recht auf Bildung für alle Kinder und Jugendlichen. Jetzt hat das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe diese Lücke in einem Urteil geschlossen. Zumindest teilweise: Der Staat muss gegenüber den Kindern und Jugendlichen das Recht einlösen, „ihre Entwicklung zu einer eigenverantwortlichen Persönlichkeit auch in der Gemeinschaft durch schulische Bildung zu unterstützten und zu fördern (Recht auf schulische Bildung).“ 1 Welch ein neues Recht für Schülerinnen und Schüler!

Weiterlesen →

Das erste konservative Gebot: nicht herumdrucksen

CDU-Wahlkampf-Großveranstaltung 1987 (Foto: Arne Schambeck auf wikimedia commons)

Die CDU ringt um eine neue Führung, die Konservativen insgesamt ringen um ein neues Profil. Im Moment ist die Programm-Debatte vor allem vage und es geht kunterbunt durcheinander. Überraschend ist das nicht. Galt doch viele Jahre der Hinweis: Wir regieren besser als die anderen, der reichte aus. Wo liegt die Rettung vor dem Absturz, wo der programmatische Stoff für den Wiederaufstieg? Was könnte der Nukleus einer neuen anziehenden konservativen Botschaft sein?

Weiterlesen →

Jetzt, da die Zeit über den Neoliberalismus gerade hinweggeht

„Jede Regierung sage daher an ihrem ersten Tage, wie Gott am ersten Schöpfungstage: Es werde Licht!“ Die Ampel-Regierung wird sich vier Jahre lang damit beschäftigen müssen, woher der regenerative Strom fürs Licht kommen soll. Jean Pauls Politische Fastenpredigten lasen den aufgeblasenen deutschen Duodezfürsten die Leviten. Ihnen schrieb er satirisch verpackte Wahrheit ins Gebetbuch. Mit Wahrheit herauszurücken, haben sich im zurückliegenden Wahlkampf nur Die Grünen getraut. Die Scholz-SPD hat versprochen, eigentlich alles beim Alten zu lassen; nur der Motor der Industriegesellschaft laufe künftig elektrisch statt mit Benzin. Herr Lindner versprach, übers Wasser gehen zu können. Vereint als Ampelregierung wollen die drei Parteien mehr Fortschritt wagen.

Weiterlesen →

Boris Johnson: „Ich glaube, es lief ziemlich gut“

Intromusik: terrasound.de

Die skurrilen Auftritte des britischen Premierministers, seine Begeisterung für Peppa Wutz und die lustige Party in Downing-Street zu Pandemiezeiten, die es nie gab: die Party oder die Pandemie?

Noch nicht genug von Peppa Wutz und brumm-brumm-raaraa? Hier gibt’s die Ansprache von Boris Johnson.

Geschrieben und gesprochen von Joe Kerr

Weitere Folgen von ‚Auch das noch!‚ gibt es hier.

Das Modell Söder — eine Sackgasse

Foto: Michael Lucan auf wikimedia commons

Die CDU hat sich mit Kanzlerin Angela Merkel an der Spitze in sechzehn erfolgreichen Jahren fast zu Tode gesiegt. Ihr Zustand ist erbärmlich, keine Frage. Wo liegt die Rettung vor dem Absturz, wo der programmatische Stoff für den Wiederaufstieg? Alle reden von Erneuerung, noch niemand weiß, wie sie gehen, worin sie sie bestehen soll. Und: Viel spricht dafür, dass die CDU an ihrem Tiefpunkt noch nicht angekommen ist. Vermutlich steht er mit den Landtagswahlen (Saarland, Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen) im ersten Halbjahr 2022 erst bevor. Aber egal wie tief es noch geht, eines sollte die CDU unbedingt beachten: Das Populismus-Modell Markus Söder — liebes Volk, ich bin Euer Macher, wählt mich, Partei ziemlich unwichtig! — endete jüngst im Nachbarland Österreich nach wenigen Jahren mit einem Crash.

Weiterlesen →

Friedensnobelpreis und Kanzlerschaft: Tut um Gottes Willen etwas Tapferes

Foto: Holger Ellgaard auf wikimedia commons

Der Koalitionsvertrag der Ampelparteien knüpft mit seinem Motto: „Mehr Fortschritt wagen“ an das berühme Versprechen Willy Brandts in seiner ersten Regierungserklärung 1969 an: „Wir wollen mehr Demokratie wagen“. Es gibt aber noch ein zweites Zitat aus dieser Rede, das in Erinnerung geblieben ist: „Wir wollen ein Volk der guten Nachbarn sein“. Für die Umsetzung dieses Versprechens ist Willy Brandt mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet worden. Die Übergabe des Preises fand am 10. Dezember 1971 in der Universität von Oslo statt. Fast auf den Tag genau 50 Jahre später wurde Olaf Scholz zum Bundeskanzler gewählt und berufen.

Weiterlesen →

Memories of Merkel

Angela Merkel hat das Land verändert, aber sie hinterlässt gewaltige Baustellen. Für die Zukunft ist die Republik so schlecht gerüstet wie ihre CDU. Ich begegnete ihr das erste Mal 1990, das zweite Mal bei einem Hintergrundgespräch 1998 nach der Abwahl der Kohl-Regierung, richtig kennengelernt habe ich sie als CDU-Generalsekretärin. Ein persönlicher Rückblick.

Weiterlesen →

Der Ampelkanzler, ein zielstrebiger Zauderer

Die Charakterisierung war treffend und gilt heute mehr denn je. „Scholz“, schrieb der Spiegel im November 2007, „ist ein gutes Beispiel dafür, welche Umwege man in der Politik manchmal gehen muss, um dort zu landen, wo man hinpasst.“ Oder, um es im Fall von Olaf Scholz zu präzisieren, um dort zu landen, wo man hinzupassen glaubt.

Weiterlesen →

General Corona kommt, aber Micha hat den Farbfilm vergessen

Bild:  https://www.spiegel.de/geschichte/werbung-a-947886.html

Das Militär macht, dazu ist es da, was ihm befohlen wird, und zwar zackzack. Zwischenrufer, Bedenkenträger, Neinsager, alle nicht zu gebrauchen. Wird der Abschiedswunsch einer Bundeskanzlerin zum Befehl, spielt die Militärkapelle auch Lieder der anarchistisch angehauchten „Godmother of Punk“ Nina Hagen. Wird der Einstiegswunsch der neuen Regierung zum Befehl, das Impfchaos endlich in den Griff zu bekommen, tritt ein General an.

Weiterlesen →

Kulturkampf um Mohren und Möhren

Intromusik: terrasound.de

Was haben das Berliner Staatsballett, Aldi-Nord und Aldi-Süd gemeinsam? In der Kunst- wie in der Konsumwelt gibt es statt stiller Nacht, heiliger Nacht Shitstorms um den Nussknacker und eine Karottenfamilie.

Wer dennoch nicht auf den Nussknacker verzichten möchte, kommt hier in den Genuss der Fassung von 1892, aufgeführt 2012 im Mariinsky Theater, Sankt Petersburg.

Geschrieben und gesprochen von Joe Kerr

Weitere Folgen von ‚Auch das noch!‚ gibt es hier.

Flüchtlingspolitik geht nur gemeinsam

Das Drama an der belarussischen Grenze lehrt: Humanitäre Alleingänge helfen so wenig wie eine Abschottungspolitik. Diesmal hat es die EU recht gut gemeistert. Die Flüchtlingskrise von 2015 und 2016 lastet bis heute auf der Europäischen Union. Die anhaltenden dramatischen Bilder von frierenden, hungernden, verzweifelten Menschen im Feindesland zwischen Belarus und Polen erinnerten sofort daran.

Weiterlesen →

Nur wenige wollen wegen des Klimas ihr Verhalten ändern

Die meisten Menschen in den wohlhabenden Industrieländern halten die Klimakrise für höchst besorgniserregend und einen Wandel hin zu mehr Klimaschutz für sehr wichtig. Sie beurteilen dabei ihren eigenen Beitrag als überragend, ihre Regierung in Klimadingen als wenig kompetent und möchten an ihren Lebensgewohnheiten wenig bis nichts ändern.

Foto: Jörg Farys/BUND auf Flickr CC BY-NC 2.0
Weiterlesen →

Die Ampel und ihr Lustprinzip

Foto: Paul Lovis Wagner/ campact auf flickr CC BY-NC 2.0

Doch, das gibt es wirklich in dem Koalitionsvertrag von SPD, Bündnisgrünen und FDP: das Lustprinzip. Zweimal taucht es auf und jedes Mal klingt es wie eine tapfere Selbstermutigung: Auf Seite acht heißt es: „Wir haben Lust auf Neues und werden technologische, digitale, soziale und nachhaltige Innovationskraft befördern.“ Zehn Seiten weiter sind die Anforderungen an die drei „so unterschiedlichen Parteien“ (Präambel) noch weiter gestiegen: „Wir haben Lust auf Zukunft und den Mut zu Veränderungen, sind offen für Neues und werden neue technologische, digitale und nachhaltige Innovationskraft entfachen“. Befördern oder Entfachen? Letzteres setzt eigene Ideen oder gar „Missionen“ (das Wort taucht im Vertrag einmal auf) voraus. Lassen sie sich auf den 177 Seiten finden? Oder versuchen die drei Parteien, die keine Wunschpartner sind, nur uneingelöste Programmentwürfe oder gescheiterte Gesetzesvorschläge aus der Ära Angela Merkels doch zu realisieren?

Weiterlesen →

Demonstrationen gegen die Herrschaft des Rechts

Bild: geralt auf Pixabay

Das Engagement für die Freiheit ist vielgestaltig – wie die Freiheit selbst. Über eine dieser Gestalten aktiver Bürger:innen, die sich neuerdings zeigen, kann eine politische Demokratie nicht froh sein. So hatte sich vor gut einem Jahr eine Menschenmenge an der Siegessäule in Berlin versammelt, zu der neben den Trägern von Kaiserreichs-Flaggen auch ein Demonstrant mit dem Schild gehörte, das Corona und den Reichstagsbrand gleichstellte mit der Botschaft „Herrschende schaffen sich einen Vorwand für Unterdrückung und Verfolgung“.
„Grimm und Hohn in vielen Gesichtern“ und das „Sendungsbewusstsein, das nur darauf wartete, einem Maskenträger zu begegnen“, notierte ein Journalist. 1 Die sich Empörenden sahen sich im Besitz der „Wahrheit“, die neben der „Freiheit“ den prominentesten Schlachtruf bildete. Ältere Herrschaften, die man in einer baden-württembergischen Kleinstadt im Bioladen treffen könnte, weigerten sich mit Journalisten seriöser Zeitungen auch nur zu reden. Solche Demonstrierenden haben sich aus der Bürgergesellschaft verabschiedet und nehmen eine Sonderstellung ein, die ihnen die Aufmerksamkeit der Medien sichert. Nun ist aber die Bereitschaft, sich über die Wirklichkeit zu verständigen und die eigenen Vorstellungen nicht absolut zu setzen, eine wichtige praktische Tugend von Demokrat:innen.

Weiterlesen →

AfD: Die Henne oder das faule Ei?

Intromusik: terrasound.de

Der AfD-Wähler, der einen SUV fährt, auf die Jagd geht und einen Hund hat, ist hierzulande die am meisten gemiedene Person – schon vor der Pandemie und in der Pandemie erst recht. Über „Politische Polarisierung in Deutschland“ informiert eine Studie der Konrad Adenauer Stiftung.
Den dazu passenden Song von extra 3 gibt es hier.

Geschrieben und gesprochen von Joe Kerr

Weitere Folgen von ‚Auch das noch!‚ gibt es hier.

bruchstücke