Tübingen legt sich mit McDonald’s an

Die Tübinger Neckarfront 2016 aus einer (wenig) idyllischen Perspektive. © Boris Palmer auf Facebook

So ziemlich jedes Einweggeschirr wird in Tübingen ab nächstem Jahr besteuert. Dem Burger-Riesen McDonald’s schmeckt das gar nicht. Einweg wird in der süddeutschen Stadt künftig deutlich teurer. Ab 2022 werden für To-Go-Becher, Pommes-Frites-Schalen und anderes Einweggeschirr 50 Cent, für Einwegbesteck, Glace-Löffel oder Trinkhalme 20 Cent Steuern fällig, die der ausgebende Handel bezahlen muss. Die Universitätsstadt am Neckar will damit Littering (Vermüllung) verhindern und einen grossen Schritt in Richtung Mehrweg gehen.
«Die Wegwerfkultur in den Städten lebt davon, dass die Städte mit Millionenaufwand den Müll beseitigen. Damit ist in Tübingen jetzt Schluss: Wer Müll produziert, muss dafür bezahlen», zitiert der «Reutlinger Generalanzeiger»  den streitbaren Oberbürgermeister Boris Palmer, der schon öfter mit innovativen Ansätzen für Aufsehen gesorgt hat.

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Droht eine Koalition der Zerrissenen?

Intromusik: terrasound.de

Der Politikwissenschaftler Horst Kahrs im Gespräch mit Wolfgang Storz und Horand Knaup über eine selbst ernannte Freiheits-Partei, das Aussitzen von Konflikten und einen demütigen Olaf Scholz.

Der sanfte Herr Habeck als Machthaber

Foto: weldert auf pixabay

Es lohnt, das schon Anfang 2021 publizierte Buch Robert Habecks zu lesen, hat er doch nach der Wahl machtpolitisch vermutlich deutlich mehr zu sagen als seine bisherige Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock, der abzuheben nicht vergönnt war. Was verrät der Autor über sein künftiges Handeln als Regierender?

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„Meine Herren und Damen“

Am Nachmittag des 19. Februar 1919 herrschte plötzlich Stille im Saal des Weimarer Nationaltheaters. Als erste frei gewählte Frau stand die Sozialdemokratin Marie Juchacz, geborene Gohlke, vor der Nationalversammlung und hielt vier Minuten lang eine Rede: nicht über Haushaltsfragen, wie die Tagesordnung es vorsah, sondern über das Ende der Frauenfrage durch das im Revolutionsnovember vom Rat der Volksbeauftragten verfügte Wahlrecht für alle über 20-jährige Frauen und Männer. „Es ist das erste Mal, dass in Deutschland die Frau als freie und gleiche im Parlament zum Volke sprechen darf“, begann die 39-Jährige. Sie redete nicht über Geld und den Haushalt, sondern über die Frau in der Politik, über ihre Weiblichkeit. Sie appellierte an die Siegermächte, die „Hungerblockade“ aufzugeben und die Kriegsgefangenen nach Hause zu schicken. Marie Juchacz, im knöchellangen, dunklen Kleid, löste mit ihrer Anredeformel „meine Herren und Damen“ im Saal „Heiterkeit“ aus, wie das Protokoll vermerkt. Die angeheiterten Männer hielten nicht einmal vier Minuten Höflichkeit durch.

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Die Feigheit der Allmächtigen

Intromusik: terrasound.de


Die Klimakonferenz in Glasgow ist ihnen egal, das Weltklima auch?
„Diktatorenschweine“ auf der Flucht vor der Weltöffentlichkeit.

Geschrieben und gesprochen von Joe Kerr

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Jenseits des toxischen Dreiecks

llustration: PeadTidBRD-Helferlein, wikimedia commons

Während ich diesen Text zu schreiben beginne, bezahlt an einer Supermarktkasse irgendwo in Berlin eine alleinstehende Rentnerin ihre Einkäufe. Auf ihrem Nachhauseweg wird sie gelegentlich kleine Pausen einlegen. Asthma macht ihr zu schaffen. Es ist nicht die einzige Krankheit, an der die Achtzigjährige leidet. Diabetes hatte zur Verkalkung ihrer Herzgefäße geführt, weswegen eine zweite Herz-OP vor einigen Monaten unausweichlich geworden war. Den Eingriff hatte sie besser überstanden, als die Ärzte es vorhergesagt hatten. Sie fragen sich, was all das mit dem Anwerbeabkommen zwischen Deutschland und der Türkei, das sein 60-jähriges Bestehen feiert, zu tun hat? Sehr viel.

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(KW44) Zuckerbrot oder Peitsche?

Intromusik: terrasound.de

Die Zahlen steigen dramatisch, das Covid-Virus schlägt erneut zu – und Deutschland ringt um Antworten.
Wolfgang Storz und Horand Knaup über die Frage, ob eine andere Kommunikation, bessere Aufklärung oder stärkerer Druck zu einer höheren Impfquote führen.

Eine Parteienfamilie in Nöten: die Konservativen

Diese Karikatur kursiert in den sozialen Netzwerken. © reddit

Merkel geht, Kurz musste gehen, bei Johnson geht nichts mehr: Die Konservativen zwischen Niedergang und Autoritarismus. Boris Johnson und Sebastian Kurz sitzen gemeinsam an einem Tisch; der Brite fragt den Österreicher: «Can you drive a lorry?» (Kannst du LKW fahren?). Diese Karikatur geisterte jüngst durch die Social Media. Sie bringt die schwierige Lage der beiden konservativen Spitzenpolitiker auf den Punkt: Der britische Premierminister versucht schon fast verzweifelt, der Versorgungskrise in seinem Land Herr zu werden. Kurz ist am 9. Oktober 2021 wegen Korruptionsermittlungen von seinem Posten als österreichischer Bundeskanzler zurückgetreten. Als LKW-Fahrer in Grossbritannien steht er jedoch allein schon deshalb nicht zur Verfügung, weil er ja nicht arbeitslos ist, sondern bloss vom Bundeskanzleramt ins Parlament gewechselt und dort den Posten des Fraktionschefs ergriffen hat.

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Sie ist weg. Männerphantasien auf Entzug

Intromusik: terrasound.de

“Sorrowful dominatrix“, “Elite-Sozialistin”, „Hitlers Enkeltochter“ und andere Märchen über Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel

Geschrieben und gesprochen von Joe Kerr

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Befähigungsgerechtigkeit. Eine neue Balance von Eigenverantwortung und Solidarität

Screenshot aus dem 6. Armuts- und Reichtumsbericht, S. XIX

Verfolgt man die öffentliche Diskussion zur Sozialpolitik, hat man schnell den Eindruck, Deutschland sei ein sozial tief gespaltenes Land mit steigender Armut und massiven Gerechtigkeitsdefiziten. Auch vielen Sozialwissenschaftlern geht die Rede von sozialer Spaltung und Armut recht leicht von den Lippen. Sie wird als Prämisse bei der Beurteilung der Situation der Gesellschaft oft kaum mehr hinterfragt. Auf der anderen Seite zeigt ein Blick in die Statistik, dass das Sozialbudget der Gesellschaft, absolut und pro Kopf gerechnet, noch nie so hoch war wie heute, dass sich die Ausgaben des Staates für Sozialleistungen Jahr für Jahr deutlich erhöht haben und dass die Standards der sozialen Absicherung in kaum einem Land so hoch sind wie in Deutschland.

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(KW43)Soziale Frage — Schnee von gestern?

Intromusik: terrasound.de

Klima und Digitalisierung sind alles, für den Rest reichen Scholz- Respekt plus zwei Euro mehr Mindestlohn.
Horand Knaup und Wolfgang Storz fragen: Wer könnte das ändern? Sind doch Linkspartei und Gewerkschaften schwächer denn je. 

Wo Merkel stand, muss Scholz hin, „muss weg“ kann bleiben

Screenshot: ebay, 27. Oktober 2021

Am Dienstag, 26. Oktober 2021, überreichte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die Entlassungsurkunde an Bundeskanzlerin Angela Merkel. ZEIT-Kolumnistin Mely Kiyak schrieb im September 2018 in ihrer Serie „Deutschstunde“: „Keinen Facharzttermin bekommen. DHL-Bote hat nicht geklingelt. Merkel muss weg. Deutscher wird’s echt nicht mehr. Deutschland entwickelt zunehmend kollektive Fetische.“ Der deutsche Rechtspopulismus braucht ein neues Feindbild, ebay und amazon müssen ihr Sortiment aktualisieren, das Merchandising des Fetischismus ist momentan nicht auf der Höhe der Zeit.

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Organisierte Männer bedrohen Springer

Intromusik: terrasound.de | Einstreuer & Bild: Videobotschaft von Mathias Döpfner, 20. Oktober 2021 |

Wie Mathias Döpfner, Großaktionär und CEO des Axel Springer Konzerns, auch Präsident des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger, den Fall des BILD-Chefredakteurs Julian Reichelt erklärt.

Geschrieben und gesprochen von Joe Kerr

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Ökonomisch kurzbeinig, politisch abhängig – wie weiter mit der deutschen Industrie

Foto: Chuttersnap auf Unsplash

Klima schützen, Deutschland digitalisieren! Darüber reden alle. Gut so. Dagegen wird ein ähnlich existentielles Problem komplett ignoriert: Die deutsche Wirtschaft ist extrem exportabhängig, deshalb sehr wackelig aufgestellt. Zu dieser wirtschaftlichen Schräglage kommt eine politische hinzu: Die wichtigsten Branchen wie Chemie, Auto und Maschinenbau sind von e i n e m Markt besonders abhängig: dem chinesischen. Einen Großteil des hiesigen Wohlstandes, um den sich jetzt wg. Klima alle so sorgen, verdanken wir einem unheilvollen Pakt mit einer zunehmend imperialistisch sich gerierenden Diktatur. Wäre das nicht mal ein Gespräch wert, wie diese verhängnisvolle Abhängigkeit verringert werden könnte?

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Diesseits und jenseits der Oder – Bruchlinien in der Europäischen Union

Das polnische Verfassungsgericht hat beschlossen, dass der Vorrang des Rechts der Europäischen Union (EU) gegen die polnische Verfassung verstößt. Was im Einzelnen auch bedeutet: Kein polnisches Gericht hat mehr das Recht, dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) die Frage vorzulegen, ob eine polnische Rechtsentscheidung mit dem EU-Recht vereinbar ist. Gleichzeitig ist das polnische Verfassungsgericht kaum noch ein Gericht, das diesen Namen verdient. Es wurde staatsstreichartig bis 2020 von der Regierung neu zusammengesetzt, bereits gewählte Richter wurden rechtswidrig abgesetzt. Die Exekutive hat das Gericht de facto gekapert. Mit diesem Urteil hat sich Polen als Staat rechtlich aus der EU entfernt. Es will aber drinbleiben.

Screenshot: tagesschau.de
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