Die deutsche Rechte am Wendepunkt

Gemeinsam gegen Rechts. Demonstration in München, 21.01. 2024
Foto: H-stt auf wikimedia commons

Kundgebungen so groß, dass die Plätze sie nicht fassen können; Demonstrationen in ostdeutschen Städten, die man von Pegida-Aufmärschen kennt; Redner, die kraftvoll reden und den Nagel auf den Kopf treffen können; Zuhörer, deren Plakate von Witz statt von sterilen Parolen zeugen: Man hat sowas nicht mehr für möglich gehalten. Vielleicht weil die für die AfD prognostizierten Umfragewerte wie die Frühjahrsflut immer noch zu steigen schienen.

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Für das eine öffentliche gemeinwohlorientierte Medienhaus

Bild: geralt auf Pixabay

Mein Beitrag fokussiert zwei Fragestellungen: Unter welchen Bedingungen findet die Weiterentwicklung für ein öffentlich finanziertes Medienangebot statt? Und: Warum könnte die Leitidee eines öffentlichen Medienhauses in diesem Prozess hilfreich sein? Ich werde zur zweiten Frage erste Überlegungen, kein geschlossenes Konzept präsentieren. Wichtiger erscheint mir die Reflexion der Bedingungen, unter denen es gelingen kann, ein öffentlich finanziertes und gemeinwohlorientiertes Medienangebot zukunftsfähig weiter zu entwickeln.

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Gläubige, Andersgläubige, Ungläubige müssen miteinander auskommen

Wird im Religionsunterricht mit dem Glauben auch das Glauben gelehrt? Das wäre kaum zu glauben. Denn die Schule wird vom Staat geleitet und aus Steuermitteln finanziert. Sie ist überkonfessionell und dient staatlichen Zielen. Aber es gibt immer noch die unheilige und nicht verfassungskonforme Allianz zwischen Kirche und Staat, die andere, nicht erklärbare Widersprüche unserer Gesellschaft nach sich zieht. Helmut Ortner plädiert gemeinsam mit Niko Alm für Ethik und Demokratie.

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Der Kampf um Israels Demokratie

Wer Israel verstehen will, der bekommt bei Saul Friedländer auf 237 Seiten einen Schnellkurs. Schon der Titel – „Blick in den Abgrund“ – lässt ahnen, dass dieser Kurs nicht erbaulich, sondern ernüchternd ist. Friedländer (91), der große Chronist der Judenverfolgung und Judenvernichtung in Nazi-Deutschland („Das Dritte Reich und die Juden“, „Die Vernichtung“), rechnet mit „Eretz Israel“, dem Land, in das er Ende der vierziger Jahre als Waisenkind kam und das für ihn, dessen Eltern von den Deutschen ermordet wurden, mit so viel Hoffnungen verbunden war, unerbittlich ab.

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Eine Sucht namens Soziale Medien

Screenshot: Website ARTE

Mit der Ausbreitung der digitalen Kommunikationssysteme dringen Mobiles, Tablets, Watches etc. in den Alltag der Bürgerinnen und Bürger ein. Das Smartphone wird zum ständigen Begleiter1, es ist für viele in unseren Breitengraden fast unverzichtbar. Es ist überall dabei, im Büro, zu Hause und unterwegs – nach globalen Schätzungen für drei Milliarden Menschen. Dieses Gerät, mit dem wir immer erreichbar sind, ist vollgestopft mit Apps: Zum Beispiel whatsapp zum Kommunizieren, tik tok zur Unterhaltung, Instagram, um das Ego zu boosten und Tinder für die Partnersuche im Internet.

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Däumeling und Däumelinchen klappen ihre Notebooks auf…

Das Ljubljana-Manifest hat die These zur Diskussion gestellt, dass intensives Lesen in einer Demokratie maßgeblich dazu beitragen kann, dass die Menschen zu kritischen Bürgerinnen und Bürgern werden.1 Es reduziere ihre Abhängigkeit von ihrer Umwelt auf ein Mindestmaß und erweitere die Unabhängigkeit bei der Beurteilung der Welt. Zugleich stärke es die Widerstandskraft der Individuen gegenüber der Gefahr der Manipulation. Es ist aus meiner Sicht eine interessante Frage, welchen Einfluss die „neuen Medien“, sie sogenannten Social Media, auf den Alltag und die Urteilsbildung der Bürgerinnen und Bürger haben. In zwei Teilen, „Däumeling und Däumelinchen klappen ihre Notebooks auf…“ sowie „Eine Sucht namens Soziale Medien“ gehe ich dieser Frage nach.

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Wider die Täter-Opfer-Umkehr

Darf man Religion verspotten? Ja, unbedingt, sagt Richard Malka. In Frankreich lebt er deshalb unter Polizeischutz. Als Anwalt hat er Charlie Hebdo erfolgreich gegen Rassismusvorwürfe verteidigt, nachdem das Magazin Mohammad-Karikaturen veröffentlichte. Jetzt ist sein Plädoyer vor Gericht als Buch erschienen – eine fulminante Verteidigung der Meinungsfreiheit. Ein bärtiger Mann mit Turban hält seinen Kopf zwischen den Händen. Er ist sehr verärgert. In der Sprechblase steht: »Schon hart, wenn einen Idioten lieben …!« Die Zeilen über der Zeichnung erläutern: »Mohammad beklagt sich. Er wird von Fundamentalisten überrollt!« Der Prophet beklagt sich also über die Haltung seiner fanatischen Anhänger. Eine Titelseite von Charlie Hebdo, dem französischen Satiremagazin: provokant, schrill, bunt. Nicht jeder muss über diese Karikatur schmunzeln, jeder darf sich beleidigt fühlen. In einer aufgeklärten, freien Gesellschaft nennt man so etwas politische Karikatur.

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Plädoyer für eine ganz große Problem-Lösungs-Koalition

Für meinen Alternativ-Vorschlag zu einer Ampelregierung erntete ich vor zwei Jahren nur Kopfschütteln auf : Nämlich eine Rot-Schwarz-Grüne Koalition! Die Reaktion darauf: Wie könne man dafür sein, die CDU/CSU, eine für 16 Jahre Stagnation verantwortliche Partei, weiter in der Regierung zu halten? Was mache es für einen Sinn, eine Koalition aus drei Parteien zu bilden, wenn eine (die Grünen) dann numerisch überflüssig wäre? Und warum nicht mal das spannende Abenteuer wagen, zusammen mit der FDP die Republik zu modernisieren ? Meine Kernthese gestern wie heute: Die sichtbaren und versteckten Gemeinsamkeiten von SPD, CDU/CSU und Grüne würden für ein substantielles gemeinsames Überlebensprogramm ausreichen.

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Unruhe und Unsicherheit in Frankreichs Lehrerschaft

Porträt Samuel Paty | © victorcouto wikimedia commons

Sie erschienen vor dem Pariser Jugendgericht eingehüllt in Kapuzenpullis und vermummt: fünf ehemalige Schüler der Mittelschule „Bois d’Aulne“ in Conflans-Sainte-Honorine und eine heute 16jährige Schülerin, die unter einem anderen Namen an einem anderen Ort in eine andere Schule geht. Sie sind angeklagt wegen Verleumdung, Denunziation und Vorbereitung einer terroristischen Gewalttat. Der Fall des am 16. Oktober 2020 von einem 18jährigen radikalislamischen Tschetschenen erstochenen und geköpften Lehrers Samuel Paty wird erstmals vor Gericht verhandelt: Unter Ausschluss der Öffentlichkeit, weil die Jugendlichen zur Zeit der Tat zwischen 13 und 15 Jahre alt waren.

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Ein liberaldemokratisch-bürgerlich-anständiges Manifest

Bild: Peggy_Marco auf Pixabay

Im Bonner General-Anzeiger war am vergangenen Samstag eine spannende Geschichte aus der Feder des Chefs der überregionalen Tagespolitik der Rheinischen Post, Martin Kessler zu lesen. Zur Mediengruppe Rheinische Post gehören neben den beiden erwähnten Tageszeitungen die Saarbrücker Zeitung, die Aachener Nachrichten, der Trierische Volksfreund, digitale Medien, Anzeigenblätter und lokale wie regionale Rundfunke. Alles in allem gewiss kein kümmerliches Bäumchen im deutschen Blätterwald. Kessler, ein promovierter Volkswirt, schrieb nun im journal, in einem “Magazin für Kultur und Wissen“ genannten Zeitungsteil, über eine ganze Seite verteilt „sieben gute Gründe“ auf, „links zu sein.“

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Am Anfang war Verschwörung

Screenshot: Website Nachdenkseiten

„Es ist ja kein Geheimnis, dass wir von den NachDenkSeiten das neue Parteiprojekt mit Hoffnung und Sympathie begleiten“, schreibt Albrecht Müller. Die Katze war schon länger, aber eher unauffällig aus dem Sack geschlüpft – siehe den folgenden Beitrag von Matthias Meisner aus dem Jahr 2022. Jetzt präsentiert sich die Katze wohlig schnurrend, Sarah Wagenknechts Parteigründung umschmeichelnd. “Es lohnt sich, diese Pressekonferenz [anlässlich der Parteigründung] anzuhören und anzuschauen. Sie zeugt vom programmatischen und personellen Reichtum der neu gegründeten Partei“, wirbt derselbe Müller, der keine Gelegenheit auslässt sich zu beklagen, „wir alle sind heute massiver Meinungsmache und Propaganda ausgesetzt“.
Die Notwendigkeit der neuen Partei begründet Müller damit, dass SPD, Grüne und Die Linke durch „das erfolgreiche Wirken von Einflussagenten“ von außen umgedreht wurden, „dass Parteien, mit denen viele Menschen Hoffnungen verbunden hatten, unterwandert, umgedreht und fremdbestimmt worden sind“. Ausdrücklich begrüßt er es, dass die Führung der neuen Partei diese Probleme erkannt hat. „Deshalb versucht man, sorgfältig zu prüfen, wen man als neue Mitglieder aufnehmen kann.“
[at]

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Sozialer Zusammenhalt braucht soziale Orte

Bild: Ausstellung Wonderland im Deutschen Bundestag, 2013 | Fraktion Die Linke

Die Bedeutung des Raumes für das Zusammenleben der Menschen und ihre Vergesellschaftung ist in den Sozialwissenschaften vielfach beschrieben worden. Als soziale Kategorie ist Raum mehr als ein Behältnis, in dem sich soziale Prozesse abspielen. Der soziale Raum selbst ist, wie Henri Lefebrve (1974), Martina Löw (2001) und viele andere gezeigt haben, sozial konstituiert, perspektivisch auf Relevanzmuster bezogen, strukturiert durch soziale Beziehungen, den alltäglichen Austausch, aber auch Herrschaft, Macht und Konflikte. Der Raum wird angeeignet, er ist Gegenstand von Kämpfen, er kann die Menschen verbinden oder sie einander entfremden.

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Oppenheimer in der Unterhaltungsindustrie: Legenden übernommen und verstärkt

Screenshot: Oppenheimer | neuer Trailer Universal Pictures Germany auf youtube

Christopher Nolans „Oppenheimer“ hätte ein herausragender Film werden können. Seine Warnung vor den Gefahren eines Atomkriegs kam gerade zur rechten Zeit. Seine Erinnerung daran, dass der Vater der Atombombe nach getaner Arbeit gefeuert wurde, weil er nicht nachließ, vor der neuen Waffe zu warnen, hat vielen Menschen neue Einsichten beschert. Je länger das Kinoerlebnis allerdings zurückliegt, desto mehr fallen einige Ungereimtheiten der Erzählung ins Gewicht, schludriger Umgang mit Fakten und Personen, oberflächliche Interpretation wichtiger Ereignisse. Das Unbehagen darüber geht auf die Wirkungsmacht der modernen Unterhaltungsindustrie zurück. Sie setzt Legenden in die Welt und beruft sich dabei auf die künstlerische Freiheit. Wer mag da den Pedanten geben, der mit dem Zeigefinger auf dieses deutet – falsch! – und jenes bemängelt: dubios! Im Folgenden soll genau das geschehen.

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Blick in das zukunftsfähige Dorf Anpackhausen des Jahres 2035

Illustration: Grit Koalick

Drei Dörfer in Niedersachsen – Flegessen, Hasperde und Klein Süntel – arbeiten seit Jahren an einem gemeinsamen Zukunftsweg. Dafür wurden sie mehrfach ausgezeichnet und sie gründeten sogar eine eigene Akademie des Wandels, um ihre Erfahrungen in der bisherigen Dorfgestaltung mit anderen zu teilen. Dennoch hatten sie bei all dem den Eindruck: Angesichts der Krisen und Herausforderungen, vor denen wir stehen, zu denen wir alle auch beitragen und die sich durch unsere wachstumsgetriebenen Gesellschaften für alle weiter verschärfen, müssten wir uns und unsere Dörfer noch viel tiefgreifender verändern. Aber was genau wäre denn notwendig, um Dörfer jenseits immer weiteren Wirtschaftswachstums zukunftsfähig aufzustellen? Das herauszufinden, wurde Aufgabe des Projekts „Zukunftsfähiges Dorf 2035“.

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Nachrichten meiden: Viele Ursachen, vielfältige Auswirkungen

Bild: NoName_13 auf Pixabay

Die offensichtlich rückläufige Nutzung von Nachrichten und Informationen ist zu einem Thema der Medienbranche geworden («Jahr der Nachricht»; «UseTheNews»). Das ist gut. Die Problematik muss aber ebenso zu einem Thema der Medienpolitik werden, denn es geht um mehr als das wechselhafte, volatile Nutzungsverhalten von Bürgerinnen und Bürgern. „News Avoidance“ steht für einen Umbruch in der gesellschaftlichen Vermittlungsstruktur mit Folgen für Journalismus und Medien. Ausgang offen.

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bruchstücke