Erschreckend wenige BürgerInnen gehen zur Wahl; und das in Zeiten von Klimakatastrophe, Seuchen und (Informations-)Kriegen mit Diktaturen, in denen es also um mehr als Peanuts geht. Ob in Frankreich bei der zweiten Runde der Parlamentswahl oder in Nordrhein-Westfalen bei der jüngsten Landtagswahl — mal gingen etwas mehr und mal etwas weniger als 50 Prozent an die Urne. Kein Zufall: Das Ruhrgebiet nennt der Paritätische Gesamtverband in seinem jüngsten Armutsbericht die »armutspolitische Problemregion Nummer eins«. In der Mainstream-Öffentlichkeit und in der politischen Klasse wird die Wahlverweigerung in beiden Ländern kurz registriert, mit Bedauern abgenickt, niemand scheint sich zu sorgen. Es wird kein Thema. Obwohl damit das System der Repräsentation sogar in halbwegs funktionierenden Demokratien wie Frankreich und Deutschland in eine brisante Schräglage abrutscht: Denn zuverlässig gehen die oberen Schichten deutlich mehr wählen denn die unteren.
