Atomkraftwerke sind nicht zu verteidigen

Stele am Eingang der Stadt Enerhodar (Foto: 2019, Wladoff auf wikimedia commons)

In der Nacht vom 3. auf den 4. März ist es tatsächlich passiert. Erstmals ereignete sich eine militärische Auseinandersetzung auf dem Gelände einer Atomanlage. Schauplatz des Geschehens war das Atomkraftwerk Saporischschja, am Standort Enerhodar im Südosten der Ukraine gelegen. Mit sechs Reaktoren alter sowjetischer Bauart ist es nominell das größte AKW in Europa. Außerdem wird der im Werk angefallene hochradioaktive Atommüll an Ort und Stelle gelagert. Entsprechend massiv ist das strahlende Inventar, das sich dort befindet. Schon zwei bis drei Tage zuvor hatte die russische Armee die Einnahme von Enerhodar gemeldet. Ihre Truppen hatten in der Region aus militärischer Sicht die Kontrolle übernommen und alle wichtigen Knotenpunkte besetzt. Doch zunächst verzichteten sie darauf, das Rathaus des Atomdorfs zu stürmen oder das AKW zu besetzen.

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Lügen + Gewalt = Politik?

Bild: ©Banksy | Intromusik: terrasound.de

Machthaber mit einem Über-alles-Weltbild – ob Russland first oder Amerika first – machen aus Krisen Katastrophen. Sie denken in Extremen, reden in Lügen und handeln mit Gewalt. Fatal wäre, wenn diese dunkle Seite der Macht auch in demokratischen Ländern als einzige noch mögliche Realpolitik erscheinen würde.

Geschrieben und gesprochen von Joe Kerr

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Das Alphabet der Gewaltherrschaft

Für einen Repressionsapparat, der sich ein inländisches oder ein ausländisches Staatswesen unterwirft, ist das Vermögen, den Raum zu beherrschen von größter Bedeutung. Der den Raumgewinn garantierenden Waffengattung kommt das meiste Gewicht zu. Die Landstreitkräfte sind bei einem Waffengang gegen die eigene oder die fremde Bevölkerung bedeutender als die Marine oder die Luftwaffe. Putschisten und klassische Imperialisten sind Geopolitiker, das liegt in der Natur der Sache. Während Demokratien mit ihren Legislaturperioden zeitlich gegliedert sind, agieren Diktaturen raumbezogen. Das ganze Land mit Straßensperren überziehen und sich die Hauptstadt als Trophäe aneignen, ist ihre Logik. Ihr müssen sie bei Strafe des Untergangs gehorchen.

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Genug ist genug: Gewerkschaften am Scheideweg

„Die FNPR (Föderation Unabhängiger Gewerkschaften Russlands) ist so unabhängig wie ein Hund, der sein Herrchen verloren hat“, sagte mir ein russischer Bergarbeiter vor 30 Jahren, als ich als Sozialattaché an der deutschen Botschaft in Moskau arbeitete. Dreißig Jahre später besteht kein Zweifel mehr daran, dass der Hund sein Herrchen gefunden hat. Am Tag des russischen Einmarsches in der Ukraine veröffentlichte die FNPR eine empörende Orwellsche Erklärung.

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Die Schwächen des Putin-Regimes und das Prinzip Hoffnung

Intromusik: terrasound.de

Auch Putin kennt die aktuelle innenpolitische Lage Russlands nicht: Im Gespräch mit Hans-Jürgen Arlt und Horand Knaup stellt Frank Hoffer seine Beobachtungen über russische Zivilgesellschaft, Gewerkschaften und die Oligarchen dar.
Hoffer spricht russisch, war lange Jahre Sozialattaché an der deutschen Botschaft in Moskau und hat für die Internationale Arbeitsorganisation der UNO gearbeitet.

Russland hat eine Welt zu gewinnen, wenn es sich von Putin befreit  

Bild: MabelAmber auf Pixabay

„Wir sind allein, um unser Land zu verteidigen. Wer wird jetzt mit uns kämpfen? Um ehrlich zu sein, sehe ich niemanden“. So brachte Präsident Wolodymyr Selenskyi die verzweifelte Lage seines Landes am zweiten Tag des Krieges in einer Videobotschaft an seine Landesleute auf den Punkt. Ukrainer und Ukrainerinnen kämpfen mit dem Mut der Verzweiflung gegen die russische Aggression. Die Ukraine braucht internationale Solidarität und Hilfe. Dabei ist jede Rechthaberei nutzlos, ob nun „Putin-Versteher“ oder „Nato-Expansionisten“ die Verantwortung dafür haben, dass Putin das tut, was er jetzt tut.

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Die kleine Schweiz, das große Geld und der russische Krieg

Intromusik: terrasound.de

„Die Schweiz ist für wohlhabende Russen seit Jahren weltweit mit Abstand die wichtigste Destination für die Verwaltung ihrer Vermögen“, berichtete die Schweizer Botschaft in Moskau 2021. Die neutralen Eidgenossen ergreifen entschlossen Partei, sobald es um Geld geht. Deshalb ist ihnen auch das Bankgeheimnis wichtiger als die Pressefreiheit.

Geschrieben und gesprochen von Joe Kerr

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Atomkraft in der Schusslinie

Kopatschi – wegen der Nuklearkatastrophe von Tschernobyl 1986 verlassenes Dorf innerhalb der „Verbotenen Zone“ um das ehemalige Kernkraftwerk. Kopatschi hatte ca. 1100 Einwohner und lag etwa7 km von Tschernobyl entfernt – heute ist davon nur noch der Kindergarten übrig. (Foto: Sven Teschke auf wikimedia commons) 

Der nachfolgende Artikel wurde vor dem russischen Angriff auf die Ukraine geschrieben. Von der Sache her ist er leider sehr aktuell. Die Wiener Atombehörde hat bereits eine deutliche Warnung ausgesprochen. Über Nacht sind die 15 ukrainischen Reaktoren (in fünf Atomkraftwerken) zu den gefährdetsten und damit gefährlichsten Nuklearanlagen der Welt geworden. Tschernobyl haben die russischen Truppen bereits eingenommen.
Aktualisierung (04.03.2022): „Bei Kämpfen nahe Europas größtem Atomkraftwerk unweit der südukrainischen Großstadt Saporischschja ist nach Angaben der örtlichen Verwaltung ein Feuer ausgebrochen. Das Feuer sei am Freitagmorgen um 06.20 Uhr Ortszeit (05.20 Uhr MEZ) vollständig gelöscht worden, erklärte die ukrainische Katastrophenschutzbehörde auf Facebook. Bei dem Brand sei niemand verletzt worden.“ (Spiegel Online)

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„Heim ins russische Reich“

Bild: Dim Grits auf wikimedia commons

Es ist selten, dass gewaltbereite Machthaber ihre wirklichen Ziele so deutlich offenlegen, wie es Russlands Präsident Putin am 21. Februar getan hat, als er die von ostukrainischen Abtrünnigen ausgerufenen «Volksrepubliken» anerkannte. Dank dem Berliner «Tagesspiegel» liegt die Rede auch auf Deutsch vor. Putin richtet sich «natürlich auch an unsere Landsleute in der Ukraine» und macht sogleich klar, dass er damit die ganze Bevölkerung meint: die Ukraine sei «ein integraler Bestandteil unserer eigenen Geschichte, Kultur und unseres spirituellen Raums».

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Die große Gier in zwei großen Herzen  

Es sind zwei gute, nein: sehr gute Menschen, die von 55131 Mainz, An d. Goldgrube 12, aus zum Wohle der Menschheit mit ihren Corona-Impfstoffen werkeln. Sogar die höchste moralische Instanz dieser Republik, der neue und alte Bundespräsident, hat sie mit solchen und ähnlichen Worten plus Orden schon ausgezeichnet. Diese guten Menschen scheinen jedoch mit einer Gier, mindestens so groß wie das Herz, keinen Tatort auszulassen, um auch auf Kosten Dritter noch mehr Geld zu scheffeln: ob im hessischen Marburg oder in Südafrika.

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Thema Zwangsheirat — lieber doch verdrängen?  

Darf an deutschen Schulen nur dann über sexualisierte Gewalt an Kindern und Jugendlichen geredet werden, wenn sie in der katholischen Kirche geschieht? Aber auf gar keinen Fall, wenn es sich um Zwangsverheiratung unter Migranten handelt? Verstörende Fragen des Kulturrelativismus, die wieder einmal ein Fall an einem Siegburger Gymnasium aufwirft.

Screenshot: Polis aktuell Nr. 1-2016, Wien; https://www.politik-lernen.at/dl/usuoJMJKomLnLJqx4KJK/pa_2016_1_zwangsheirat_web.pdf
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Friedliche Sabotage? Fragwürdig und kontraproduktiv

Bewegungsforscher Dieter Rucht besteht auf dem Unterschied zwischen zivilem Ungehorsam und friedlicher Sabotage: „Der Hauptunterschied ist die Anonymität der Saboteure im Gegensatz zum offenen Visier der Akteure zivilen Ungehorsams. Zudem: Ziviler Ungehorsam ist angelegt auf Deeskalation, was in der Regel ein entsprechendes Training voraussetzt. Sabotage ist eine Art von verdeckter Kriegserklärung mit dem Ziel der Schadensmaximierung. Das Adjektiv ‚friedlich‘ ist in diesem Zusammenhang beschönigend und soll für Akzeptanz sorgen.“ Im Interview mit Wolfgang Storz geht es um grüne Regierungspolitik und ökologische Proteststrategie.

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„Baby don‘t hurt me, don‘t hurt me no more“: Die olympischen Spiele als organisierte Körperverletzung

Intromusik: terrasound.de

Was ist aus dem Sport geworden, der ein so attraktives, wunderbares Spiel sein kann? Die Athletinnen und Athleten sind die Knetmasse im großen Getriebe. Verheizt nach dem Motto, der Mohr hat seine Schuldigkeit getan, der Mohr kann kaum noch gehen. Gegängelt von Funktionären, die für jede Perversion eine Rechtfertigung finden, auch für den chinesischen Staatszirkus. Es lebe der Sport.

Geschrieben und gesprochen von Joe Kerr

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